Ein Abschied ist selten leicht, auch nicht, wenn es sich nur um ein Gebäude aus Stein, Holz und Glas handelt. Umso schwerer wird es, wenn Menschen mit dem Gebäude Erinnerungen und Emotionen verbinden. Im Falle der Hohenmemminger Kirche „Zur Heiligen Familie“ wird der Tag des Abschieds ziemlich sicher kommen – und so arbeitet die katholische Kirchengemeinde bereits daran, die Trauerarbeit möglichst optimistisch zu gestalten.
Im Juni wurde bei einer Gemeindeversammlung bekannt, dass die ab 1956 erbaute Kirche wohl keine allzu große Zukunft hat. Die Bausubstanz hat Mängel, Rissen ziehen sich durch die Fassaden, der Glockenstuhl ist renovierungsbedürftig, die Bodenplatte hat sich stellenweise gesenkt. Eine Sanierung würde nach aktueller Schätzung eine halbe Million Euro kosten, die angesichts immer weiter schrumpfenden Mitgliederzahlen in den Gemeinden kaum zu stemmen wären. Auch in Giengen weiß man, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen in den nächsten Jahren nicht wachsen werden.
Sanierung der Familienkirche wäre zu teuer
Die Gefühle, die in den Tagen und Wochen danach an ihn herangetragen wurde, beschreibt Pfarrer Mathias Michaelis als breite Palette, vornehmlich aus Trauer und auch Wut. Die mögliche Kirchenschließung sei für viele Menschen auch eine Frage von Emotionen.
„Wir können das Gebäude nicht halten“, sagt Dr. Gregor Polifke dieser Tage anlässlich eines Pressegesprächs im Giengener Heilig-Geist-Zentrum. Man werde das Gotteshaus in einigen Jahren „profanieren“ müssen. So heißt es, wenn einem Kirchengebäude sein Status als Sakralbau genommen wird, damit es profan, also rein weltlich, genutzt werden kann. Zwar seien die Schäden nicht so gravierend, dass akuter Handlungsbedarf bestehe, betont Polifke als gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats. „Wir nehmen aber an, dass das Gebäude eines Tages abgerissen wird“, sagt er.
Bis dahin ist es ein langer Weg: Drei bis sieben Jahre werde es dauern, bis die Profanierung beantragt und genehmigt ist. Was dann geschieht, ist noch weitestgehend offen. Dass jemand das Kirchengebäude erhalten könnte, nimmt in der Gemeinde niemand so recht an. Die Liegenschaft dürfte viel eher verkauft und das Grundstück neu bebaut werden. „Man hat dort 50 Jahre lang gute Dienste geleistet“, bekräftigt Polifke und fügt hinzu: „Wenn wir das Steingebäude aufgeben, heißt das nicht, dass der Einsatz nichts wert war.“
Zwei Arbeitsgruppen sollen Ideen entwickeln
Robert Werner, Fachreferent für Ehrenamtsentwicklung und beratendes Mitglied des Kirchengemeinderats, ergänzt: „Wir überlegen, wie es weitergehen kann, und was in Hohenmemmingen als pastoraler Ort bleibt.“ Es gelte, jetzt die Fakten auszusprechen, sagen die Kirchengemeinderäte, auch damit man ins Gespräch komme. Am vergangenen Samstag fand ein erstes Treffen statt, bei dem Gemeindemitglieder sich einerseits austauschen, aber auch erste Ideen für die Zukunft sammeln konnten.
19 Gemeinde nahem an dem Workshop teil. Als Ergebnis der Diskussion wurden zwei Arbeitsgruppen gebildet. Eine davon wird sich der Gemeindeentwicklung widmen und erörtern, welche Schwerpunkte in den kommenden Jahren in der Gemeinde gesetzt werden können und wie sich die Menschen untereinander begeistern können. Die zweite Arbeitsgruppe nimmt die Fragen des Wandels in den Blick für die Zeit nach der Profanierung. Dabei wird es gleichermaßen um die Ehrung des ehrenamtlichen Engagements in den vergangenen Jahrzehnten gehen wie um neue Formen persönlicher Glaubenserfahrungen. Die Arbeitsgruppen treffen sich bereits im Oktober zum ersten Mal.
Kindergarten wird im Winter abgerissen
Ursprünglich war geplant gewesen, den an die Familienkirche angebauten früheren Kindergarten noch im Herbst abzureißen. Dieser Zeitplan sei überholt, so Kirchengemeinderatsvorsitzender Gregor Polifke. Derzeit warte man noch auf Verwendungsnachweise für die Baustoffe. Geplant sei nun, den Abbruch im Winter abzuwickeln. Nötig wird der Abbruch, weil das Gebäude im Vergleich zur Familienkirche in einem deutlich schlechteren Zustand ist.