Auf seiner Reise, die er vor wenigen Tagen angetreten hat, wird der Giengener Felix Kluge wohl viele Eindrücke sammeln, die er sein Leben nicht vergessen wird: Der 21-Jährige ist nach Australien aufgebrochen, um dort den Kontinent zu erkunden und zu arbeiten. Work and travel nennt sich das.
Sicher in Erinnerung bleiben wird ihm auch ein Festival auf dem Hockenheimring, welches er mit Freunden im vergangenen September besucht hatte: Dort hat er nicht nur die Musiker Sido und Cro auf der Bühne gesehen, sondern auch einen Schritt vollzogen, der positive Folgen haben sollte. Er wurde dort von einer Mitarbeiterin der DKMS angesprochen. Mit der Bitte, sich für eine mögliche Stammzellenspende registrieren zu lassen.
Abstrich mit Wattestäbchen ging schnell
„Ich kannte das nicht, aber Kumpels haben gesagt, sie haben das auch schon gemacht. Und ich dachte, es ist für etwas Gutes“, sagt der Giengener rückblickend. Der Abstrich mit den drei Wattestäbchen dauerte nur ein paar Minuten, dann konnten die Freunde weiter feiern und das Festival genießen. So richtig daran geglaubt, dass er tatsächlich wieder von der DKMS hören würde, habe er aber nicht gedacht. „Es muss da ja alles passen, die Chance, dass das eintritt, ist gering", so der Mechatroniker.
Doch schon drei Monate später bekam er einen Anruf der Organisation. „Auch da habe ich nicht wirklich daran geglaubt, dass ich ausgewählt werde. Man sagte mir, dass ich möglicherweise als Spender infrage kommen würde“, sagt Kluge. Doch da lag er daneben: Er könnte spenden. Und er will. „Ich habe mich sehr gefreut, das war schon cool und ist außergewöhnlich“, so die Erinnerung des Giengeners.
Fünf Tage musste sich der Giengener spritzen
Um sich auf die Spende vorzubereiten, muss Felix sich fünf Tage lang Spritzen verabreichen, um die Produktion von Stammzellen in seinen Knochen anzuregen. Nach der Überwindung der ersten Spritze fällt es ihm in den Tagen danach schon leichter. Auch die Nebenwirkungen – Glieder- und Rückenschmerzen – nimmt er gerne in Kauf, denn er kann jemandem letztlich damit helfen.
Für die eigentliche Spende musste Kluge nach Tübingen in die Klinik. Die periphere Spende über die Blutbahn sei problemlos verlaufen, so der Fußballer bei der TSG Giengen. Er fühlte sich gut aufgehoben, hatte keine Schmerzen und konnte am nächsten Tag wieder nach Hause. „Erst eine Woche später hatte ich etwas Knochenschmerzen, die gingen nach vier bis fünf Tagen wieder weg“, sagt der 21-Jährige.
Empfängerin ist eine Frau aus Italien
Nach der Spende freut er sich davon zu hören, dass seine Spende sicher angekommen ist. Wem er Stammzellen gespendet hat, weiß er nicht genau. Es handelt sich dabei um eine Frau aus Italien, der der Giengener helfen konnte. Einen persönlichen Kontakt erlauben die Anonymitätsregelungen in Italien nicht. Wohl aber einen anonymen Austausch. Er möchte zunächst keinen Kontakt zu seiner Empfängerin aufnehmen. Wenn sie sie sich einmal bei ihm melden sollte, dann werde er natürlich gerne antworten.
„Ich kann nur allen empfehlen, sich registrieren zu lassen“, so der Rat von Kluge. Das sei einfach und könne Leben retten.
Die Suche nach dem genetischen Zwilling
Die Diagnose Blutkrebs markiert oft den Beginn eines Wettlaufs gegen die Zeit. Für viele Patientinnen und Patienten besteht die einzige Überlebenschance darin, so schnell wie möglich eine passende Spenderin oder einen passenden Spender für eine Stammzelltransplantation zu finden.
Nur etwa 30 Prozent aller Patienten, die eine Stammzellspende einer anderen Person benötigen, finden einen geeigneten Spender im eigenen Verwandtenkreis. Die übrigen sind auf einen Fremdspender angewiesen. Für die Vermittlung solcher Spender haben sich weltweit zahlreiche Organisationen gegründet, die eine Knochenmarkspenderdatei betreiben.
Interessierte Spender können sich bei einer dieser Organisationen oder teilweise in Apotheken typisieren lassen, am einfachsten bei einer vor Ort durchgeführten Typisierungsaktion. Dabei wird eine kleine Blutprobe entnommen oder ein Abstrich von der Wangeninnenwand gewonnen, mit deren Hilfe im Labor die wichtigsten Gewebemerkmale bestimmt werden können. Mit der Aufnahme in ein Spenderregister verpflichtet sich noch niemand, später tatsächlich zu spenden. Bisher sind in Deutschland rund zehn Millionen Spendenwillige registriert. Mithilfe internationaler Spenderregister ist es heute möglich, für etwa 70 Prozent der Bedürftigen, die keinen geeigneten Spender bereits in der Familie haben, einen genetischen Zwilling zu finden.