Zugegeben: Es kommt recht selten vor, dass der Staat einem zum 18. Geburtstag ein Geschenk vor die Nase setzt. In dieser glücklichen Situation waren jedoch all diejenigen, die im vergangenen Jahr 18 Jahre alt wurden und sich somit für den Kulturpass des Bundes qualifiziert hatten. Ein Budget von 200 Euro erwartete jene jungen Menschen, dieses kann auch in diesem Jahr noch für Kulturangebote ausgegeben werden (siehe Infotext unten). Mit dem Projekt sollen junge Menschen für Kultur vor Ort begeistert und gleichzeitig die lokale Kulturbranche unterstützt werden. Wie wurde der Kulturpass bislang angenommen? Händler, Veranstalter und Betreiber aus dem Landkreis Heidenheim berichten.
Kulturpass wird vor allem für Bücher genutzt
An unangefochten erster Stelle steht im bundesweiten Vergleich der Buchhandel. Knapp die Hälfte der durch den Kulturpass erwirtschafteten 13 Millionen Euro Umsatz entfallen laut einer Auswertung der Regierung auf den Kauf von Büchern.
In der Heidenheimer Thalia-Filiale wird der Kulturpass dementsprechend „rege“ genutzt, wie eine Thalia-Mitarbeiterin berichtet. „Wir bekommen viele Anfragen und Reservierungen, sowohl für konkrete Titel als auch für Wertcodes. Manche Kunden erzählen uns sogar, dass sie die 200 Euro ausschließlich bei uns ausgeben wollen.“ Die Idee hinter dem Kulturpass findet die Mitarbeiterin „großartig“ – so biete das Projekt unter anderem für sozial Benachteiligte eine Möglichkeit, am kulturellen Leben teilzunehmen.
Anders sieht es hingegen bei den Buchhandlungen aus, die keiner großen Kette angehören. Sowohl bei der Buchhandlung Konold in Heidenheim als auch bei der Bücherwelt in Gerstetten wird der Kauf von Büchern über den Kulturpass nicht angeboten. Beide Geschäfte geben erheblichen Bürokratieaufwand als Grund dafür an.
Das bestätigt auch Heiko Schabert von der Bücherhandlung Bücherzauber in Heidenheim: „Für den Kulturpass gab es bislang einfach keine Nachfrage bei uns.“ Die Zielgruppe dafür sei praktisch rein digital unterwegs und „verirre“ sich nicht unbedingt in den stationären Handel, wie etwa in die Hintere Gasse, wo „Bücherzauber" seine Räumlichkeiten hat. Auch Schabert berichtet von bürokratischen Hürden.
Kinobesuche stehen bei Kulturpass-Nutzern hoch im Kurs
Das Kino steht bei jungen Menschen ebenfalls hoch im Kurs. Den Kulturpass nutzen sie am zweithäufigsten für Kinobesuche – ein Umstand, der auch im Capitol sowie im Kino-Center Heidenheim beobachtet wird. Vier- bis fünfmal pro Woche wird der Kulturpass laut Jochen Wetzel für Kinokarten in Heidenheim verwendet. Die Buchung erfolgt ausschließlich digital, zudem kann über den Kulturpass kein Ticket für einen spezifischen Film gekauft werden, sondern lediglich für einen Wertgutschein. Aus diesem Grund lässt sich laut Wetzel auch nicht nachverfolgen, welche Filme oder welche Genres bei Kulturpass-Nutzern besonders beliebt sind.
„Wir haben bemerkt, dass einige junge Menschen ihr Budget noch zum Ende des Jahres eingelöst haben“, berichtet Wetzel. „In Gesprächen hat man erfahren, dass viele ihr Budget ausschließlich fürs Kino einlösen.“ Grund genug für Wetzel, zu hoffen, dass der Kulturpass auch 2024 wieder für junge Erwachsene angeboten wird. „Ich halte das für sinnvoll. Es wäre schön für die Jugendlichen.“
Konzerte und Veranstaltungen der Stadt Heidenheim
In Sachen städtisch organisierter Konzerte und Veranstaltungen wird der Kulturpass laut Oliver von Fürich, Geschäftsbereichsleiter Festspiele und Kulturbüro bei der Stadt Heidenheim, ebenfalls genutzt. „Leider können wir nicht auswerten, wie oft und bei welchen Veranstaltungen das der Fall ist. Das ist für uns sehr unerfreulich“, berichtet von Fürich. Grund ist, dass Veranstaltungsbuchungen hier über den Veranstaltungsdienstleister Eventim laufen – einen genauen Einblick in die Zahlen hat die Stadt Heidenheim bislang nicht erhalten können. „Es gibt diese Buchungen jedoch. Wir haben noch mal nachgefragt.“
Prinzipiell begrüßt von Fürich den Kulturpass, insbesondere seine „geringe Hemmschwelle“. „Wir sind selbst immer bemüht, Plattformen zu finden, über die man junge Menschen leicht für Kulturangebote erreichen kann.“
Kein Kulturpass im Kunstmuseum oder in Musikgeschäften
Obwohl der Kulturpass auch für Museumsbesuche eingelöst werden kann, ist davon in den Heidenheimer Museen nichts zu merken. Laut Kunstmuseums-Leiter Marco Hompes hat das einen ganz simplen Grund: „Für Menschen bis einschließlich18 Jahren ist der Einlass in unseren Museen sowieso kostenlos.“ Der Kulturpass würde in diesem Fall also keinen Mehrwert bieten.
Ebenfalls nicht genutzt wird der Kulturpass im Musikhaus Klein in Heidenheim. Das 200-Euro-Budget lässt sich theoretisch auch für Tonträger, Noten oder Musikinstrumente einlösen. In dem Musikgeschäft habe es von Kundenseite jedoch keine Nachfrage danach gegeben.
Wie lange ist der Kulturpass noch gültig?
Das Budget des Kulturpasses ist noch bis Ende des Jahres, also bis 31. Dezember 2024, einlösbar. Voraussetzung ist jedoch, dass jenes Budget bis 31. Dezember 2023 über ein Online-Ausweis-Verfahren freigeschaltet wurde. Teilnahmeberechtigt sind alle, die 2023 18 Jahre alt geworden sind (Geburtsjahr 2005).
Ob das Pilotprojekt Kulturpass fortgeführt und somit etwa auch für junge Menschen gelten wird, die 2024 18 Jahre alt werden, ist derzeit noch unklar. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat signalisiert, das bisher 100 Millionen Euro teure Projekt fortführen zu wollen. Möglicherweise sollen dann auch weitere Altersgruppen, insbesondere Jugendliche, miteinbezogen werden.