25-Jähriger überfällt Heidenheimer "Subway"-Filiale für seine Verlobte
Es war am späten Abend, kurz vor Schließung des Schnellrestaurants „Subway“ an der Steinheimer Straße, als der jungen Angestellten plötzlich ein maskierter Räuber gegenüberstand. „Geld in Beutel – Handy weg“ stand auf einem Zettel, den er ihr über den Tresen schob. Der 25-jährige Täter musste sich jetzt vor dem Heidenheimer Schöffengericht wegen räuberischer Erpressung verantworten.
Gleich zum Auftakt der Verhandlung gab der Angeklagte den Überfall zu, betonte aber, dass er keine Waffe dabeigehabt habe. Sowohl die Angestellte als auch ein Kunde berichteten, dass der Mann eine Hand in die Innenseite der Jacke gesteckt hatte, so dass es vielleicht so aussehen sollte, als ob er dort eine Waffe versteckt halte.
Der Angeklagte hatte dafür aber eine ganz andere Erklärung: das sei eine Angewohnheit von ihm, um die Tattoos auf seiner linken Hand zu verstecken, für die er sich schäme. Laut Aussagen der Zeugen hatte der Mann allerdings Handschuhe getragen.
Erst ein Telefonat, dann persönlicher Auftritt
Warum der 25-Jährige an diesem Abend zum Täter wurde, hat eine Vorgeschichte. Darin spielt seine Verlobte eine bedeutende Rolle. Die Frau hatte wenige Monate lang in dem Schnellrestaurant gejobbt und war der Meinung, dass ihr rund 300 Euro zu wenig Lohn ausgezahlt wurde. Das wollte der Angeklagte angeblich für sie regeln und rief an diesem Abend im Restaurant an.
Als „Arbeitnehmeranwalt“ habe er sich gemeldet, berichtete die Angestellte als Zeugin. Sie habe das Telefonat rasch beendet, weil der Chef gar nicht da gewesen sei. Gegen 20 Uhr tauchte der Angeklagte dann persönlich auf, um beim Inhaber das Geld für seine Verlobte einzufordern. Während sich der Angeklagte beschwerte, „sehr unhöflich“ abgefertigt worden zu sein, berichtet der Inhaber vor Gericht, dass der Mann, der Schal und Mütze ins Gesicht gezogen hatte, sofort auf ihn eingebrüllt habe. Am Ende stürmte der Angeklagte offenbar wütend davon und kündigte Konsequenzen an. Er sei frustriert und wütend gewesen, berichtete der 25-Jährige: „Ich wollte mit einem guten Ergebnis nach Hause kommen.“
Er fasste also einen neuen Plan und erschien gegen 22.45 Uhr an diesem Abend zum zweiten Mal im Restaurant, diesmal mit einer Sturmhaube maskiert. Zuvor war der Angestellten ein Auto aufgefallen, das mit ausgeschaltetem Scheinwerfer vorbeifuhr. Sie habe ein komisches Gefühl gehabt und vorsorglich den Schlüssel der Kasse abgezogen, berichtete sie vor Gericht. Als sie Müll wegbrachte und wieder ins Lokal gekommen sei, habe ihr der maskierte Mann den Weg versperrt. Der Angeklagte schilderte aus seiner Sicht, dass er „höflich“ mehrmals gebeten habe, dass die Mitarbeiterin nach vorne kommen solle. Doch trotz dieser etwas kuriosen Situation hatten sowohl die Angestellte als auch der Kunde zunächst gar nicht an einen Überfall gedacht. Er habe auf sein Handy geschaut, dem Mann noch freundlich zugenickt und es gar nicht „geschnallt“ gab der 56-jährige Zeuge an. Dann habe er „die Klappe gehalten und geschaut, was da passiert“.
Verlobte würdigt den Angeklagten keines Blickes
Der Mann schob den Zettel über den Tresen mit der Aufforderung, das Geld in eine Tüte zu packen und habe dazu noch gesagt, dass der Chef Bescheid wisse, erinnerte sich die Angestellte. Die blieb während des Überfalls überlegt und gefasst und beschrieb auch den Täter als „erstaunlich ruhig“. Er habe auch Geld aus dem Tresor gefordert, die Erklärung, dass dieser zu sei, aber akzeptiert. Am Ende zog der Täter mit rund 285 Euro Beute ab. Für die junge Frau hatte die Tatnacht jedoch weitreichende Folgen. Sie hatte Ängste, allein zu sein und kündigte auch den Job im Restaurant. Bis heute habe sie immer wieder Alpträume.
Die Verlobte sollte als Zeugin ebenfalls gehört werden. Sie machte jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, würdigte den Angeklagten aber keines Blickes.
Wie der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen angab, sei er derzeit krankheitsbedingt arbeitslos, erhoffe sich aber durch eine Trauma-Therapie eine Verbesserung seiner Situation. Eine Zusage des Klinikums Heidenheim habe er bereits. Bei ihm sei eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert worden. Auslöser seien Gräueltaten der Wagner-Gruppen, die er im Jahr 2015 bei einem sechswöchigen Aufenthalt in der Ukraine erlebt habe. Mit einem ukrainischen Freund sei er dort hingereist, um „humanitäre Hilfe“ zu leisten. Nach sechs Wochen sei er geflüchtet, sein Freund sei geblieben und ums Leben gekommen. Er lebe bei seinen Eltern, die beide aufgrund starker Hörbehinderungen auf seine Hilfe angewiesen seien.
Am Ende sah Staatsanwältin Luisa Maul die Merkmale der räuberischen Erpressung als erfüllt an. Der Täter habe eine „Drohkulisse“ aufgebaut, den Anschein erweckt, dass er eine Waffe trage und damit Unbeteiligte geschädigt. Dennoch war sie bereit, für den psychisch kranken Ersttäter einen minderschweren Fall anzunehmen und forderte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, für drei Jahre ausgesetzt auf Bewährung und 80 Stunden gemeinnützige Arbeit.
Verteidiger Klaus Schuller vertrat die Ansicht, dass sein Mandant nicht mit einer angeblichen Waffe drohen wollte. Er sprach von einer fehlverstandenen Schutzfunktion gegenüber der Verlobten. Es habe jedoch einen bitteren Nachgeschmack, dass die junge Angestellte als Opfer an diesem Vorfall schwer zu knabbern habe. Er bat um eine Verurteilung nahe am Mindestmaß.
Das Schöffengericht war dagegen nicht bereit, den minderschweren Fall anzunehmen und verurteilte den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Außerdem muss er 80 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.
Ob eine Waffe vorgetäuscht worden sei oder nicht, spiele überhaupt keine Rolle, erläuterte Amtsgerichtsdirektor Rainer Feil das Urteil. Die „martialische Maskierung“ und die Übergabe des Zettels entspreche dem typischen Auftreten, wie sich Täter das holen, was sie wollen. Dass das Ganze im öffentlichen Raum stattgefunden habe, mit der Gefahr von weiteren Auswirkungen, sei erschwerend hinzugekommen. Feil rügte den Angeklagten, dass er, der aufgrund seiner traumatischen Erlebnisse selbst zum Opfer geworden sei, nun der jungen Angestellten, die ihm schutz- und wehrlos gegenübergestanden habe, seelischen Schaden zugefügt habe. Zudem habe es sich nicht, wie behauptet, um eine Kurzschlussreaktion gehandelt, sondern um eine „bewusste Entscheidung für das Unrecht“.
Weniger Lohn wegen Krankheit
Im Laufe des Verfahrens kam zur Sprache, dass der Verlobten weniger Geld als erwartet ausbezahlt worden war, weil sie krankheitsbedingt weniger Stunden gearbeitet hatte.