35-jähriger Heidenheimer wurde wegen Mordes verurteilt
Das Urteil im Prozess um den Mord in der Degenhardstraße fiel deutlich aus: Die Schwurgerichtskammer verhängte für den 35-jährigen Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren wegen Mordes und Körperverletzung. Die drei Berufs- und zwei Laienrichter sahen es als erwiesen an, dass der Mann einen 50-Jährigen in dessen Wohnung in der Degenhardstraße mit einem Kantholz sowie mit Schlägen und heftigen Tritten in der Nacht auf den 14. März so stark verletzt hat, dass dieser an den Folgen der Verletzungen innerhalb kürzester Zeit verstarb. Eigentlich wird Mord mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe geahndet. Allerdings ging das Gericht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus, da der Mann mit zwischen zwei und drei Promille Blutalkoholgehalt erheblich betrunken war.
Der rote Faden: kein Respekt
Wie ein roter Faden ziehe es sich durchs Leben des Angeklagten, dass er keinen Respekt vor Eigentum, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit anderer Menschen habe, sagte der Vorsitzende Richter Bernhard Fritsch in seiner Urteilsbegründung. Er nehme sich, was er wolle, quäle Schwächere und zeige eine deutlich dissoziale Persönlichkeit. Mit dem Alkoholentzug, der vom Gericht ebenfalls im Rahmen der Strafe angeordnet wurde, sei es nicht getan: „Sie müssen sich mit dieser furchtbaren Tat auseinandersetzen, die Sie begangen haben.“
Um den Angeklagten wegen Mordes zu verurteilen, war die Frage entscheidend, ob er das Opfer heimtückisch getötet hatte. „Eigentlich ist ein schlafendes Opfer, das arglos und deshalb auch wehrlos ist, der klassische Fall für Heimtücke“, erläuterte Richter Fritsch. Aber selbst wenn man in diesem Fall zugunsten des Angeklagten davon ausgehen würde, dass das Opfer im Lauf der Attacke wach wurde und der Angreifer den Tötungsvorsatz nicht schon zuvor gefasst hätte, wäre trotzdem Heimtücke gegeben, dazu gebe es mehrere Urteile des Bundesgerichtshofs, so Fritsch.
Wuchtige Tritte gegen den Brustkorb
Der Richter unterstellte dem 35-Jährigen nicht, dass er schon in dem Moment, als er mit einem Kantholz bewaffnet das Apartment des 50-Jährigen betreten hat, einen Tötungsvorsatz hatte, wohl aber die Absicht, den schlafenden Mann zu verletzen. „Aber spätestens, als das Opfer auf dem Boden lag, und der Täter sich entschlossen hat, ihm mehrere wuchtige Tritte in den Bereich des Brustkorbs zu versetzen, nahm er den tödlichen Ausgang billigend in Kauf“, sagte Fritsch. Mit den Tritten hat der Angeklagte dem Opfer alle Rippen gebrochen. Zwei davon, das zeigte der Rechtsmediziner Prof. Dr. Sebastian Kunz während der Beweisaufnahme mit Bildern aus der Obduktion, haben die Lunge des Opfers durchbohrt, einen sogenannten Pneumothorax verursacht und es dem Mann im Verlauf von höchstens einer Viertelstunde unmöglich gemacht zu atmen. Hätte diese Verletzung nicht zu seinem Tod geführt, wäre ein Riss in einer Niere zum Tragen gekommen, der schwere innere Blutungen verursacht hat, und binnen Stunden hätte operiert werden müssen.
"Es tut mir sehr sehr leid"
Die Bilder des schwer verletzten Opfers machten dann auch auf den Täter Eindruck, der während des Vortrags von Prof. Kunz mehrfach das Gesicht in den Händen verbarg. Er sei erschüttert gewesen, welche Schmerzen das Opfer habe erleiden müssen, sagte der 35-Jährige in seinem Schlusswort. „Es tut mir sehr, sehr leid“, so der Heidenheimer. Er habe nie die Absicht gehabt, den Mann umzubringen.
Sein Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt Alexander Schneider, versuchte das Tatgeschehen zu relativieren. Dass der Angeklagte mit Stampftritten auf das Opfer eingewirkt habe, sah er nicht als erwiesen an. Auch führte er an, dass der 35-Jährige ja vom Opfer abgelassen und ihn mit Wasser überschüttet habe. „Wäre es ihm egal gewesen, ob er stirbt, hätte er ihm dann einen Eimer Wasser ins Gesicht geschüttet?“, fragte Schneider. Danach habe sein Mandant das Opfer zurück aufs Bett gelegt, möglicherweise sei auch dadurch die tödliche Verletzung zustande gekommen, weil er dabei eine gebrochene Rippe in die Lunge gedrückt habe. Der Verteidiger war sich sicher, dass sein Mandant nicht so weit habe gehen wollen und seine Schläge zu einem unglücklichen Ausgang geführt hätten, den dieser nicht vorhergesehen habe. Er plädierte deshalb auf Körperverletzung mit Todesfolge und eine Freiheitsstrafe dafür von nicht mehr als acht Jahren.
Staatsanwältin fordert lebenslange Haft
Ganz anders sah es die Staatsanwaltschaft, für die Staatsanwältin Franziska Thanel den Schlussvortrag hielt. Sie war sich sicher, dass ein direkter Tötungsvorsatz vorlag. „Die Gewalteinwirkung auf den ganzen Körper des Opfers war massiv, der Angeklagte muss gewusst haben, dass sein Handeln tödlich sein könnte“, so Thanel. Außerdem habe er sich auch nach der Tat nicht um das Opfer gekümmert. Die Staatsanwältin plädierte auf Mord, wollte aber den Strafrahmen trotz der erheblichen Trunkenheit des Täters nicht verschieben, da dieser „die Alkoholisierung schuldhaft selbst herbeigeführt hat.“ Deshalb forderte sie eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die Argumentation ließ Richter Fritsch am Ende aber nicht gelten, da dem Mann vom psychiatrischen Gutachter eine Alkoholerkrankung diagnostiziert worden sei und dieser somit eben nicht frei darüber entscheiden habe könne, ob er trinke oder nicht.
"Er war ein guter Mensch"
Rechtsanwalt Markus Kiesel, der die Mutter des Opfers als Nebenklägerin vertrat, schloss sich in der Strafforderung der Staatsanwaltschaft an. Er ging noch einmal auf das Opfer ein: „Er hatte es nicht leicht im Leben“, so Kiesel. „Er war ein guter Mensch“, sagte er, er habe nie jemandem etwas zu Leide getan. „Er ist in eine Gruppe von Menschen geraten, in der er immer das Opfer war“, so Kiesel. Laut dem Rechtsanwalt habe der Angeklagte auch zuvor schon viele heftige Taten begangen, die zeigen würden, wie wenig ihm ein Menschenleben wert sei.
Was jetzt mit dem Angeklagten passiert
Der 35-jährige Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Darin enthalten sind zwölf Jahre für den Mord, zehn Monate für eine Körperverletzung, die am Nachmittag der Tat stattfand, und zusammengezogen Einzelstrafen, zu denen er bereits zuvor verurteilt worden war. Außerdem wurde die Unterbringung im Entzug angeordnet. Konkret bedeutet dies: Der Mann muss zunächst sechs Jahre und acht Monate der Strafe in Haft verbüßen, danach kann er für rund zwei Jahre in eine forensische Entzugsanstalt. Wenn der Alkoholentzug erfolgreich ist und er sich im Gefängnis gut geführt hat, kann er danach auf die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung hoffen. Innerhalb einer Woche kann er noch Einspruch gegen das Urteil erheben. Dann würde der Bundesgerichtshof über eine mögliche Revision entscheiden.