50 Millionen Euro für eine sauberere Brenz
Es gibt Investitionen, die sind weithin erkennbar. Solche hat die Stadt Heidenheim in den vergangenen Jahren etliche getätigt: den Neubau der Stadtbibliothek etwa, oder die zahlreichen neuen Einrichtungen zur Kinderbetreuung, die Sanierungen von Schulen oder die laufende Generalsanierung des Rathauses. In all diese Projekte wurden und werden Millionen Euro investiert, und am Ende ist zu sehen, wofür das Geld ausgegeben wurde. Bestenfalls profitieren viele Menschen davon. Das ist sicherlich auch bei der größten Investition der Fall, die die Stadt in den kommenden Jahren tätigen wird, doch die meisten Heidenheimer werden nichts davon mitbekommen.
Rund 50 Millionen Euro wird die Stadt bis Ende des Jahrzehnts ausgegeben haben – für die Kläranlage Mergelstetten. Diese Mega-Investition ist notwendig um die veraltete Technik zu erneuern und sie auf den aktuellen Stand zu bringen. Geld, das den Menschen in Heidenheim eher indirekt zugute kommt, jedoch dringend ausgegeben werden muss, um die Umwelt zu schützen.
Millionen für den Umweltschutz
„Was wir hier vorhaben, mag unscheinbar wirken, ist aber unverzichtbar für das Zusammenleben von Menschen auf engem Raum“, sagte Oberbürgermeister Michael Salomo beim Spatenstich für das Großprojekt. „Die Kommunen Heidenheim, Herbrechtingen, Gerstetten, Steinheim und Nattheim, die die Kläranlage nutzen, leisten hier aktiven Klima- und Umweltschutz.“ Wasser sei ein Grundnahrungsmittel und enthalte noch immer viel zu viele Rückstände. Um diese zu minimieren, sei es notwendig, Stickstoff so weit wie möglich aus dem Wasser, das aus der Kläranlage in die Brenz fließt, zu entfernen. „Der Fluss muss uns am Herzen liegen, nicht nur, weil er in Verbindung mit dem Grundwasser steht, sondern auch, weil er uns hier in der Gegend Identität stiftet, und auf den wir stolz sind“, so Salomo. Daraus leitet der OB auch eine besondere Verantwortung ab, der man mit dem Bau der großen Anlage zur Stickstoffelimination gerecht werden wolle.
Auch schon jetzt wird mittels der großen und weithin sichtbaren Tropfkörper in der Kläranlage Mergelstetten Stickstoff abgebaut. Doch lässt sich dieser Abbau, der vereinfacht gesagt durch Bakterien geschieht, kaum steuern, und er ist von vielen Faktoren, auch der Witterung und der Jahreszeit abhängig. Ist die neue Anlage, die aus mehreren Gebäuden besteht und mit sehr viel moderner Technik versehen ist, erst fertig, dann können die Verantwortlichen den Stickstoffabbau, etwa durch die gezielte Zugabe von Sauerstoff oder Zusätzen, genau steuern. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass deutlich weniger Stickstoff in die Brenz gelangt, als dies bislang der Fall ist. „Wenn alles fertig ist, sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und können Mensch und Natur besser schützen“, so Salomo.
Baustart mit Verzögerungen
Für Mario Bitsch, Diplom-Ingenieur beim zuständigen Planungsbüro der Weber-Ingenieure GmbH, ist der Bau der Stickstoffelimination in Mergelstetten „eine Herzensangelegenheit“. Vor fünf Jahren habe er sich das erste Mal auf der Kläranalage in Bild verschafft, seitdem sei sehr viel geplant, verworfen und umgeplant worden. Doch, und davon ist er überzeugt, habe man letzten Endes die richtigen, für die Anlage spezifischen Lösungen gefunden. „Es gab fachtechnische Hürden, die auch zu Verzögerungen geführt haben, aber wir konnten sie meistern."
Im ersten Bauabschnitt, der jetzt beginnt, wird ein Rechengebäude entstehen, zudem Vorklärbecken und das Herzstück der Anlage, ein Bewegungsbecken mit 20.000 Kubikmetern Inhalt, das in mehrere Bereiche geteilt ist, wodurch bei Schwierigkeiten oder Wartungsarbeiten problemlos weitergearbeitet werden könne. Zudem würden noch drei Nachklärbecken gebaut. Allein in diesem ersten Bauabschnitt, der voraussichtlich bis Ende 2027 fertiggestellt sein wird, werden 35 Millionen Euro verbaut. Im zweiten Abschnitt sollen dann die bisherigen Tropfkörper abgebaut werden, mit dem Ende wird Bitsch zufolge für Ende 2029 gerechnet.
Mehrere Kommunen teilen sich die Finanzierung
Stickstoff ist in großen Mengen beispielsweise im Harn von Menschen und Tieren enthalten. Außerdem
ist er wesentlicher Bestandteil von Düngern, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Beim Abbau von Stickstoff wird sehr viel Sauerstoff verbraucht. In Klärwerken führen ihn Pumpen zu. Gelangt Abwasser
mit einem hohen Stickstoffgehalt in die Umwelt, droht in den betroffenen Gewässern ein Sauerstoffmangel, an dem möglicherweise viele Lebewesen sterben.
Mit der neuen Technik werden künftig – vereinfacht gesagt – die im Abwasser enthaltenen anorganischen Stickstoffverbindungen Ammonium, Nitrit und Nitrat optimal in elementaren Stickstoff umgewandelt. Der so entstandene Stickstoff entweicht dem geklärten Abwasser als Gas in die Atmosphäre. Ammonium, Nitrat und Nitrit können somit das Grundwasser nicht gefährden.
Weil Ausbau und Modernisierung interkommunal erfolgen, werden die Kosten anteilig auf die beteiligten Kommunen umgelegt. Außer der Stadt Heidenheim sind das die Stadt Herbrechtingen sowie die Gemeinden Steinheim am Albuch, Gerstetten und über die Schlammentsorgung in der Anlage in Schnaitheim auch Nattheim. In Summe wird bereits jetzt in der Kläranlage in Mergelstetten rund 60 Prozent des Abwassers im Landkreis Heidenheim geklärt und in die Brenz geleitet.