Polizistin enttarnte Sexualstraftäter

53-Jähriger aus Heidenheim missbrauchte junge Mädchen über eine Internet-Plattform

Enttarnt wurde ein Sexualstraftäter aus Heidenheim durch eine Polizistin, die sich im Internet als Zwölfjährige ausgab. Warum es für ihn keine Bewährung mehr gab und er lange Zeit ins Gefängnis muss.  

Immer wieder suchte ein 53-Jähriger aus Heidenheim im Internet Kontakt zu sehr jungen Mädchen, belästigte sie mit sexualisierter Sprache, verschickte anzügliche Aufnahmen von sich und drängte sie, ihm Nacktbilder zu schicken. Im November 2022 geriet er dabei an eine verdeckte Ermittlerin der Polizei Nordrhein-Westfalen und flog auf. Jetzt musste sich der Mann vor dem Heidenheimer Schöffengericht verantworten und wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.

Bewährung kam in seinem Fall nicht mehr infrage, denn der Angeklagte hat ein langes Vorstrafenregister. Darunter finden sich auch gravierende einschlägige Verurteilungen: 2004 hatte er in Heidenheim eine Zwölfjährige verfolgt, in Richtung Brenz abgedrängt, sie festgehalten und zum Oralverkehr aufgefordert.  Ab 2012 stalkte er vier Jahre lang ein zu Anfang 14-jähriges Mädchen. Er schickte ihm Liebesbekundungen und Drohungen, nahm trotz gerichtlichem Verbot immer wieder Kontakt auf und verursachte durch die permanente Nachstellung bei der Jugendlichen Angstzustände.

Schon vor fast 30 Jahren erstmals wegen Sexualdelikt verurteilt

Schon mit 24 Jahren wurde der Angeklagte, der offenbar selbst in der Familie Gewalt und sexuelle Übergriffe erfahren hat, erstmals wegen sexueller Nötigung und exhibitionistischen Handlungen zu einer Haftstrafe verurteilt. 

Bei der jetzigen Verhandlung ging es um eine ganze Liste von Straftaten, bei denen sich der 53-Jährige des sexuellen Missbrauchs ohne Körperkontakt schuldig gemacht hatte. Die Kontaktaufnahme lief über ein Online-Portal mit dem harmlos klingenden Namen „Knuddels“, das offenbar sehr junge Nutzerinnen und Nutzer anspricht.  Der Angeklagte meldete sich dort zunächst mit seinem richtigen Namen und Alter an, wechselte dann aber mehrfach die Identitäten, gab sich Namen wie „Schüchterner Max“ und „Sehr sexy Boy“ und verschleierte sein wahres Alter. Wohl auch, weil er mehrfach den Betreibern der Plattform gemeldet und gesperrt wurde, wie eine Heidenheimer Polizeibeamtin vor Gericht aussagte. Sie hatte in aufwendiger Kleinarbeit die Chats auf dem Handy des Mannes ausgewertet.

Die wahre Identität des Angeklagten konnte der Lockvogel der Polizei in NRW dennoch herausfinden. Die Beamtin gab sich als Zwölfjährige aus, er behauptete, 16 Jahre alt zu sein.  Nachdem die Polizistin einen Wechsel des weiteren Gesprächs auf Whatsapp vorgeschlagen hatte, konnte über die Handy-Nummer die Adresse des Angeklagten ermittelt werden. Im Februar 2023 erfolgten schließlich eine Wohnungsdurchsuchung und die Beschlagnahme des Mobil-Telefons. Was den Mann aber offenbar nicht davon abhielt, mit neuem Handy und neuer Nummer weiter zu agieren.  

Die Mädchen, mit denen der Angeklagte Kontakt suchte, denen er Penis-Fotos und Masturbations-Videos schickte und seine sexuellen Fantasien mitteilte, waren zwischen zehn und 14 Jahre alt. Mit Liebesschwüren und Komplimenten versuchte er sie dazu zu überreden, Nacktbilder von sich zu schicken, drängte sie zu Videotelefonaten und belästigte sie mit pornografischer Sprache.

Die Identität der Mädchen konnte nicht ermittelt werden. Nur in einem Fall erstatteten Angehörige einer Zehnjährigen aus Gera Anzeige. Mit ihr hatte der Angeklagte über Tiktok Kontakt aufgenommen. Eine Aussage vor Gericht blieb dem Kind aber erspart.

Angeklagter legte ein umfassendes Geständnis ab

Der Angeklagte räumte alle ihm vorgeworfenen Taten vor Gericht ein: Er wolle reinen Tisch machen. Der 53-Jährige gab zu, sich zu Kindern sexuell hingezogen zu fühlen, deshalb habe er bereits im Zuge einer Verurteilung vor vielen Jahren eine Therapie gemacht. Um eine weitere Therapie habe er sich bemüht, es sei aber sehr schwierig, eine solche zu bekommen.

Sein Verteidiger warb dafür, dem Angeklagten diese Chance zu geben. Damit wäre nicht nur seinem Mandanten, sondern auch der Gesellschaft viel mehr geholfen als mit einer Haftstrafe. „Da steckt ein Krankheitsbild dahinter“, betonte der Anwalt und plädierte auf eine Strafe von maximal zwei Jahren zur Bewährung, damit eine Therapie möglichst rasch beginnen könne.  

Der Oberstaatsanwalt sah den Vorwurf des vorsätzlichen sexuellen Missbrauchs sowie die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornografie als erfüllt an. Von 17 Vorverurteilungen seien drei einschlägig. Er forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Dieser Forderung folgte das Schöffengericht in seinem Urteil, das Amtsgerichtsdirektor Rainer Feil begründete. Es habe sich bei den Taten nicht um Ausrutscher gehandelt, sondern um „ein planvolles Vorgehen über lange Zeit“. Mit seinem Handeln habe der Angeklagte sehr jungen Menschen Schlimmes zugefügt, das diese schwer belasten könne. Das Gericht glaube ihm, dass er Hilfe annehmen wolle, und die ersten Schritte dazu könne er im Strafvollzug mit den dortigen Sozialarbeitern anbahnen.

Eine Bewährungsstrafe sei für das Schöffengericht nicht infrage gekommen. Von vielen Verurteilungen der vergangenen Jahre seien bereits neun Freiheitsstrafen gewesen. „Bewährung gibt es aber nicht das ganze Leben“, so Richter Feil.

Theoretisch eine Freiheitsstrafe von neun Jahren

Alle jetzt vor dem Schöffengericht Heidenheim verhandelten Fälle des sexuellen Missbrauchs hätten als Einzelstrafen addiert für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von neun Jahren ergeben.

Zum ersten Termin des Prozesses war der 53-Jährige nicht erschienen, woraufhin das Gericht einen Haftbefehl erließ. Fünf Wochen verbrachte der Mann deshalb im Gefängnis und wurde nun von dort direkt in den Gerichtssaal gebracht.

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