Der Heidenheimer Gemeinderat hat am Dienstag den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan Haintal/Hardtwald gefasst. Das bedeutet, dass das 8,2 Hektar große Gebiet zu beiden Seiten der Giengener Straße bebaut werden kann, sobald der Plan in Kraft tritt. Bis aus der Brache, die im Fall des früheren Wohngebiets „Klein-Zürich“ schon seit fast 20 Jahren besteht, tatsächlich ein neues Wohnviertel wird, kann es aber noch dauern: Ein Bebauungsplanverfahren mit seinen vorgeschriebenen Fristen und möglichen Einwänden von verschiedenen Seiten zieht sich meistens mindestens über ein Jahr hin, oft aber auch länger – zumal im Fall Haintal/Hardtwald auch eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig ist.
Den städtebaulichen Entwurf, der dem Bebauungsplan zugrunde liegt, stellte im Gemeinderat die Architektin Jana Heinsohn vor. Sie arbeitet für das Büro Hähning/Gemmeke aus Tübingen. Dieses wurde von der Stadt Heidenheim beauftragt, weil das Architekturbüro 2017 einen städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatte, durch den damals ein innovatives Stadtviertel am Ortsausgang in Richtung Giengen entstehen sollte. Allein: Es fanden sich keine Bauherren und Investoren, die gemäß diesem Konzept bauen wollten.
Planung jetzt „auf konventionellem Weg“
Für die neue städtebauliche Planung, diesmal „auf konventionellem Weg“, haben die Architekten laut Jana Heinsohn von der Stadtverwaltung verschiedene Ziele vorgegeben bekommen: Die Trennung der beiden Gebiete durch die Landesstraße soll überwunden und das denkmalgeschützte ehemalige Voith-Ausbildungszentrum mit einbezogen werden, es soll „bezahlbarer Wohnraum“ entstehen, eine breite Bewohnerstruktur, Verdichtung ist gewünscht, aber es soll auch ein „innovativer Stadtbaustein“ werden, der eine eigene Identität hat. Um diese Quadratur des Kreises zu schaffen, schlägt das Architekturbüro eine Bebauung mit Innenhöfen vor, hat einen Platz rund um das ehemalige Ausbildungszentrum herum entworfen und sieht neben Flach- auch Mansarddächer für die Bebauung vor.
Wunsch nach „urbanem Viertel“
Im neuen Wohngebiet sollen zwischen 430 und 450 Wohneinheiten entstehen, wofür ausschließlich Wohnungen in Mehrfamilienhäusern vorgesehen sind. Auf den Einwand von Stadtrat Thomas Potzner (Freie Wähler) hin, ob es denn in Heidenheim keinen Bedarf an Einfamilien- und Reihenhäusern gebe, erklärte Architektin Heinsohn, dass es der Wunsch der Stadtverwaltung gewesen sei, „ein urbanes Wohnviertel zu kreieren“. Es sei aber möglich, in die geplanten Innenhof-Strukturen auch Reihenhäuser zu integrieren, wenn dies gewünscht sei.
Eine Über- oder Unterführung der Landesstraße zwischen den beiden Wohngebieten ist nicht vorgesehen, dies wurde im Gemeinderat insbesondere hinsichtlich der Situation am Platz vor dem Ausbildungszentrum diskutiert. Stadtrat Dr. Andreas Brosinger (CDU) sprach hier von „gefährdeten Menschenleben“, wenn Kinder die Giengener Straße überqueren würden. Stadtplaner Johannes Panzer hielt dem entgegen, dass Unterführungen Angsträume seien und Überführungen viel Platz bräuchten und hohe Kosten verursachen würden.
Ein weiterer Diskussionspunkt waren die Parkplätze im neuen Wohnviertel, für die Michael Rieck (CDU) nicht genug Platz sah, Anamari Filipovic (Fraktionsvorsitzende der Grünen) hingegen wünschte sich ein innovatives Parkkonzept, „Tiefgaragen brauchen wir nicht mehr“. Genau diese sind aber vorgesehen, um die Fahrzeuge der künftigen Bewohnerinnen und Bewohner unterzubringen, „durch die verdichteten Strukturen können die Stellplätze nicht oberirdisch angeboten werden“, so Planerin Jana Heinsohn.
Fraktionsvorsitzender Ralf Willuth bekundete, dass seine Freie-Wähler-Fraktion außerordentlich unzufrieden sei mit der schleppenden Entwicklung, die Pläne aber interessant fände. „Wir hoffen inständig, dass sie den Nerv der Investoren treffen und auch lokale Bauträger zum Zug kommen“, so Willuth.
Laut Dr. Waldtraud Bretzger, Fraktionsvorsitzende der CDU/FDP, wurde ein neues Kapitel in der unendlichen Geschichte des Gebiets aufgeschlagen. Genossenschaftliche Bebauung laufe in Heidenheim anscheinend nicht, ihre Fraktion wünsche sich trotzdem einen urbanen Mix, „aber kein neues Ghetto“.
Ein Kindergarten im Ausbildungszentrum?
Gesprochen wurde auch über den Vorschlag des Architektenbüros, im ehemaligen Ausbildungszentrum einen Kindergarten unterzubringen. Dies sei in einem denkmalgeschützen Gebäude sicher zu teuer, merkte Fabian Rieck (Freie Wähler) an, außerdem würde er sich einen Waldkindergarten wünschen. Bürgermeisterin Simone Maiwald, die die Sitzung leitete, stellte klar, dass die Diskussion an dieser Stelle zu früh sei, „ein Kindergarten wird nicht im Bebauungsplan eingetragen“.
Was bisher geschah
Bereits 1953 errichtete die Gemeinnützige Baugesellschaft (GBH) Wohnblocks im Gebiet „Klein-Zürich“. Diese sollten nach dem Vorbild der Werkbundsiedlung in Wollishofen bei Zürich wie eine Art „Dorf in der Stadt“ funktionieren, die Mehrfamilienhäuser hatten in Heidenheim aber keine hohe Bauqualität. Mit der Überarbeitung des Bebauungsplans für das Wohnviertel wurde 1971 begonnen, ab 1973 wurden weitere Mehrfamilienhäuser ebenfalls in Regie der GBH gebaut. Für die Ewigkeit standen die Häuser nicht, 2006 wurde das letzte der Gebäude abgerissen, seither ist das Gelände auf der Südseite der Giengener Straße geräumt.
Zehn Jahre später ging der Gemeinderat wieder auf Reisen, um sich modellhaftes Bauen diesmal in Kirchheim und Tübingen anzuschauen. Wieder hatte man die Idee, innovative Wohnformen und das Konzept für ein in sich schlüssiges Quartier zu finden. 2017 gab es einen städtebaulichen Wettbewerb „Neues Wohnen im Haintal“, aus dem ein Konzept des Büros Hähnig/Gemmeke hervorging. Was man anschließend nicht fand, waren Interessenten, die die Ideen auch umsetzen wollten. Mit dem jetzt erfolgten erneuten Anlauf soll in dem Gebiet, das rund 2,5 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt, wieder neuer Wohnraum entstehen.