Alles abreißen oder das vorhandene Gebäude nutzen und im Bestand umbauen sowie energetisch den Anforderungen der Zeit anpassen? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Architektur im globalen Sinn, sondern auch direkt vor der Haustür.
Man muss nicht unbedingt nach München fahren, wo es derzeit eine Diskussion darüber gibt, was mit nicht mehr genutzten Kaufhäusern wie Karstadt geschehen soll. Die Stadt will abreißen, doch es gibt Fachleute, die das als schlechtere Lösung sehen.
In Heidenheim beispielsweise gilt die Gemeinschaftsschule im Brenzpark als Beispiel, wie eine Sanierung im Bestand gelingen kann. Und in Giengen wird aktuell diskutiert, ob ganze Häuserzeilen in der Fußgängerzone weichen sollen oder Teile im Bestand neue Funktionen erfüllen können. Auch in Heidenheim gibt es unterschiedliche Plätze – man denke nur an das Stowe-Woodward-Areal – bei dem sich über abreißen oder nicht – mit Blick auf eine neue Nutzung, diskutieren lässt.
Die Veranstaltung steht allen offen und kostet keinen Eintritt
Bei der 14. Auflage der Heidenheimer Energiegespräche, die am Dienstag, 12. November, ab 18.30 Uhr im Lokschuppen stattfinden, geht es um die Zukunft des Bestandes. Veranstalter ist die Kammergruppe Heidenheim der Architektenkammer Baden-Württemberg, die Brenzgruppe des Württembergischen Ingenieurvereins. Die Veranstaltung steht allen Interessierten offen und kostet keinen Eintritt.
„Viele Städte, so auch Heidenheim, haben in den 1960er- und 1970er-Jahren größere Veränderungen durch Neubauten erfahren. Nun, mehr als ein halbes Jahrzehnt später, sind viele Gebäude sanierungsbedürftig“, sagt Stefan Bubeck, Vorsitzender der Architektenkammergruppe Heidenheim. Im Gegensatz zur Zeit der Entstehung der Gebäude haben sich aber Regeln und vor allem Materialien geändert.
Auch deshalb soll es beim Thema „Zukunft Bestand“ um die Notwendigkeit gehen, die Bauwirtschaft grundlegend zu transformieren. „Nur noch zehn Prozent der Aufträge für Architekten und Handwerker sind in Bezug auf Neubauten zu erwarten. Der Rest wird sich im Bestand abspielen“, sagt Dipl.-Ing. und Architekt Wolfgang Sanwald.
Im Fokus sollen auch Fragen stehen wie: Welche zukunftsfähigen Strategien müssen entwickelt werden, um die Klimaziele zu erreichen? Wie kann der Abriss von Bestandsgebäuden kritisch hinterfragt werden? Zudem soll erörtert werden, wie Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure sowie die Bauwirtschaft gemeinsam den hohen Anteil an Treibhausgasemissionen, Abfall und Ressourcenverbrauch reduzieren können. Architekt und Dipl.-Ing. Clemens Schmid erklärt: 50 Prozent des Rohstoffverbrauchs gehen global auf die Bauwirtschaft zurück, 30 Prozent der Energie werde in Immobilien verbraucht. Obendrein gingen 53 Prozent des Abfallaufkommens auf den Bereich Bauen.
Gegenüber Neubauten sei das Sanieren im Bestand, so Sanwald, deutlich herausfordernder. Nicht nur für den Architekten, sondern auch für die Handwerker. Bubeck fordert, dass sich die vielfach vorhandenen Reglementierungen für das Arbeiten in Bestandsgebäuden auflockern sollen.
Die Veranstaltung soll eine Plattform für Vorträge und eine anschließende Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten bieten. Referieren werden Dr. Verena Konrad, Direktorin des Vorarlberger Architektur-Instituts, und die renommierten Architekten Prof. Stephan Birk sowie Peter Haimerl. Die Moderation übernimmt Nicole Köster.
Energiegespräche mit drei namhaften Experten
Das Podium bei den Heidenheimer Energiegesprächen ist mit einer Frau und zwei Männern besetzt, die in der Architektur-Szene, aber auch darüber hinaus bekannt sind. Dr. Verena Konrad wird einen Einblick in die Herausforderungen und Chancen einer ökologiebasierten Transformation der Architektur geben. Sie beleuchtet, wie wichtig die Bestandsnutzung und Materialwende für eine erfolgreiche Bauwende sein können. Konrad engagiert sich aktiv in der europäischen Initiative House Europe, die darauf abzielt, die Sanierung von Gebäuden einfacher und sozial gerechter zu gestalten.
Prof. Stephan Birk, Professor für Architektur und Holzbau an der Technischen Universität München, wird die Bedeutung von kreislaufeffektiven Entwurfs- und Konstruktionsmethoden, insbesondere mit Holz, hervorheben. Seine Expertise soll wertvolle Perspektiven für eine ressourcenschonende Bauweise, die den Lebenszyklus von Materialien in den Mittelpunkt stellt, bieten.
Peter Haimerl, der sich intensiv mit dem Thema Bauen im Bestand beschäftigt, wird erläutern, wie die Erhaltung und Transformation bestehender Gebäude nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch kulturell bereichernd sein kann. Er ist bekannt für seine innovative Herangehensweise und hat zahlreiche Projekte zur Optimierung städtischer Umgebungen initiiert.