Technologischer Fortschritt im Februar 1964

Vor 60 Jahren: Als die Funkstille im Heidenheimer Rettungsdienst endete

Moderne Geräte im Krankenwagen, Marlene Dietrichs neue Platte und vieles mehr. Das Archiv der Heidenheimer Zeitung verrät, was die Menschen im Februar 1964 bewegte.

60 Jahre alt wird 1964 der Schwimmverein Heidenheim. Passend dazu trägt ihn eine sportliche Erfolgswelle, wie die erzielten Zeiten bei den internen Meisterschaften belegen. Gleichzeitig gräbt im Februar die bloße Erwähnung des Wortes Wasser vielen Menschen Sorgenfalten ins Gesicht. So überrascht als Folge des Tauwetters, deutlicher Plusgrade und starker Regenfälle der plötzlich steigende Pegel der Elsach vier Studenten vom Geologischen Institut der Universität Tübingen, die sich auf Erkundungstour in der Falkensteiner Höhle bei Bad Urach aufhalten.

Was zunächst äußerst dramatisch klingt, entwickelt sich zu einer reinen Zeitfrage und Geduldsprobe: Nachdem ein Taucher die jungen Forscher wohlbehalten entdeckt hat, warten Eingeschlossene und Retter auf das Abfließen des Hochwassers und auf ein gutes Ende der privaten Exkursion. 67 Stunden dauert es, bis das Quartett wieder das Tageslicht erblickt. Empfangen von Hunderten Rettungskräften, Medienvertretern und Schaulustigen – und von Kommilitonen, die zur Begrüßung ein Lied anstimmen: „Nun sind sie alle wieder da …“ Einer der Umstehenden macht klar, was er von diesem Auftritt hält: „Idioten!“

In Söhnstetten verursacht der Winter 1963/1964 starke Fahrbahnschäden. Archiv

Die Schneeschmelze macht die Bundesstraße 466 bei Söhnstetten vorübergehend unpassierbar. Wer in den Ort gelangen will, muss einen Umweg über Gussenstadt in Kauf nehmen. Während sich auf vielen Wiesen und Feldern kleine Seen bilden, zeigt der Wedel sein ungezähmtes Gesicht: Schmutzig gelb, so formuliert es der Berichterstatter der Heidenheimer Zeitung, wälzt er sich Richtung Heidenheim.

Ein ähnliches Schauspiel ist auch einige Kilometer südlich geboten: Erstmals seit 1945 führt die Lone wieder Wasser. Bei der Brücke der Verbindungsstraße zwischen Bissingen und Stetten bringt es das Flüsschen auf eine Breite von 20 Metern, der Wasserspiegel liegt nur wenige Zentimeter unter Fahrbahnniveau. Nasse Füße holen sich derweil die Besucher des Lichtmessmarkts in Herbrechtingen. Trotz des Dauerregens lassen sie sich aber nicht davon abhalten, entlang der Brückenstraße die Verkaufsstände unter die Lupe zu nehmen, während zahlreiche Händler angesichts des Wetters erst gar nicht anreisen.

Winter 1963/1964: Vor dem Tauwetter kommt erst einmal der Schnee. Archiv

Besonders tückisch: Wenn vormittags die Temperaturen etwas ansteigen und Regen auf den noch gefrorenen Boden fällt, wird es spiegelglatt. Für viele Fußballer heißt das: Partie fällt aus. Die Söhnstetter Nachwuchskicker lassen sich davon jedoch nicht die Laune verderben. Sie machen aus der Not eine Tugend, tauschen die Fußball- gegen Schlittschuhe und spielen auf dem Sportplatz Eishockey.

Weniger Spaßiges erlebt ein Lkw-Fahrer, der bei Unterelchingen von der Straße rutscht, die Böschung hinabstürzt und auf den Bahngleisen liegenbleibt. Reisende, die von Ulm nach Heidenheim unterwegs sind, werden in Bussen nach Langenau gebracht, wo ein Zug auf sie wartet. Der Chauffeur am Steuer des Lasters wird glücklicherweise nur leicht verletzt.

Auf schnee- und eisglatten Straßen ereignen sich Anfang 1964 zahlreiche Unfälle. Archiv

Aber nicht jeder Unfall geht so glimpflich aus, weshalb eine technologische Neuerung aufhorchen lässt. Als einer der letzten Kreisvereine wird nämlich das Heidenheimer Rote Kreuz ans Funknetz angeschlossen. Zwei Krankenwagen verfügen nun über Sender und Empfänger, zwei weitere sollen im Laufe des Jahres folgen. Der erste Schritt schlägt mit 22.000 Mark zu Buche. Zwei Drittel der Summe hat das örtliche DRK aufzubringen, den Rest übernimmt der Landesverband.

Die teuer erkauften Vorteile liegen auf der Hand: Die Krankenwagen sind künftig schneller und kostengünstiger unterwegs, weil sie ohne Umweg von einem zum nächsten Fahrziel dirigiert werden können. Außerdem ist die Erreichbarkeit gewährleistet, sollten im Katastrophenfall die Telefonleitungen unterbrochen sein.

Heidenheimer Sänger-Club sucht neuen Vorsitzenden

Das jedoch ist Zukunftsmusik. Gleiches gilt für den Vorsitz des Heidenheimer Sänger-Clubs. Weil Otto Wörz sein Amt nach 14 Jahren niedergelegt hat, steht der Verein zumindest bis zu einer außerordentlichen Hauptversammlung im März ohne Chef da, übernimmt der stellvertretende Vorsitzende Otto Pommerenke kommissarisch die Geschäfte. Es bleiben also zunächst offene Fragen.

„Die Antwort weiß ganz allein der Wind“, könnte man in Anlehnung an den Titel von Marlene Dietrichs neuer Scheibe sagen. Für diese wirbt „Radio Stiefelmaier“ mit dem Hinweis, immer das Neueste an Schlagern, Tanz und Unterhaltung im Angebot zu haben. Die Polizei ihrerseits verfügt plötzlich über eine größere Anzahl Schallplatten mit klassischer Musik. Von einem Passanten gefunden und auf dem Revier an der Schnaitheimer Straße abgegeben, können sie dort vom Eigentümer abgeholt werden.

Warum ausgerechnet 60 Jahre zurück?

Im Dezember 2008 war der Lokschuppen Schauplatz eines Festabends, bei dem eine seit 60 Jahren bestehende freie und unabhängige Presse in Heidenheim im Mittelpunkt stand. Damals mischten sich Aus- und Rückblicke. Unter anderem wurde die Idee geboren, regelmäßig in Erinnerung zu rufen, worüber die HZ jeweils 60 Jahre zuvor berichtet hatte. Die Serie startete mit der Rückschau auf 1949. Mittlerweile gilt das Augenmerk dem Jahr 1964.

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