Nachhaltig handeln

Aus alt mach neu: Wie das Konzept des Repair-Cafés in Heidenheim funktioniert

Viel zu oft werden Haushaltsgeräte, Handys oder Computer durch ein neues Modell ersetzt, obwohl das alte eigentlich noch funktionieren würde. Mit dem Repair-Café in Aufhausen will Initiator Ammar Bouchareb der Müllentstehung entgegenwirken und für eine bessere Umwelt sorgen. Doch was ist das Repair-Café überhaupt?

Die Kaffeemaschine zickt, beim Handy geht der Akku mittlerweile viel zu schnell leer oder der Staubsauger saugt nicht mehr so, wie er das noch vor einem Jahr getan hat: Zeit für ein neues Gerät. Aber muss es wirklich gleich ein neues sein? Wenn es nach Ammar Bouchareb geht, könnte in den meisten Fällen mit ein bisschen Aufwand viel Geld gespart werden. Seit 2016 leitet er das Repair-Café in Heidenheim-Aufhausen, welches sich die Räumlichkeiten mit der Awo teilt.

Auf die Idee aufmerksam geworden sei er damals durch einen Artikel in einer überregionalen Zeitung. Ihm hat der Gedanke gefallen, dass sich Leute treffen und in Gesellschaft etwas für die Umwelt tun können, denn: „Unsere Umwelt ist das Leitmotiv, nachdem ich mein Café leite“, sagte Bouchareb. „Uns Menschen ist teilweise gar nicht bewusst, wie viel wir täglich wegschmeißen und wie viel Müll wir produzieren. Zumindest dem Elektromüll möchte ich damit etwas entgegenwirken“, erzählte er. Vor seiner Rente hat Bouchareb als Diplomingenieur im Maschinenbau bei der Firma Voith gearbeitet.

Repariert wird eigenständig

Seinen Ursprung hat das Konzept in Holland, genauer gesagt in Amsterdam. Dort hat die niederländische Umweltjournalistin Martine Postma zum ersten Mal das Konzept für Repair-Cafés niedergeschrieben. Seitdem steht Interessierten im Internet unter einer Franchize-Lizenz eine Anleitung zur Gründung eines eigenen Cafés zur Verfügung. Laut Bouchareb koste diese nur 45 Euro und die Lizenz für Heidenheim bestehe bereits seit dem Jahr 2014.

Unsere Umwelt ist das Leitmotiv, nachdem ich mein Café leite.

Ammar Bouchareb, Besitzer des Repair-Cafés in Heidenheim-Aufhausen

Am schwierigsten stellte sich die Suche nach einer Lokalität für das Café heraus. Schlussendlich eröffnen konnte er es bei der Awo in Aufhausen. Bis heute teilen sich Café und Awo die Räumlichkeiten. Neben Bouchareb als Besitzer sind es noch sieben weitere Mitarbeiter, die alle ehrenamtlich im Repair-Café arbeiten. Doch wie funktioniert das denn jetzt eigentlich?

Die Kunden kommen und bringen ihre eigenen Geräte, die sie repariert haben wollen, mit. Benötigt es für die Reparatur Ersatzteile, müssen die Kunden die dafür vorgesehenen Kosten selbst tragen. Zum Arbeiten, Schrauben und Reparieren stehen im Café allerlei Werkzeuge zur Verfügung. „Wir wollen nicht, dass die Kunden kommen, ihr Zeug abgeben und denken, dass wir das reparieren und sie es dann wieder abholen können. Wir sind keine Werkstatt“, betonte Bouchareb.

Falls es Schwierigkeiten gibt, steht immer einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter zur Seite. Markus Brandhuber

Ehrenamtliche Arbeiter und keine Monteure

Es sei auch schon vorgekommen, dass er Leute, die mit dieser Einstellung zu ihm kamen, wieder weggeschickt hatte. „Unser Ziel ist es, dass die Menschen merken, was mit wenig Aufwand und ein bisschen Mühe selbst gemacht werden kann“. Auf sich alleine gestellt ist natürlich keiner. Von den sieben Mitarbeitern hat jeder einen eigenen Schreibtisch mit zwei Stühlen. Zwei Stühle deshalb, damit jeder Kunde einem Mitarbeiter zugewiesen werden kann. So können sich die Spezialisten bewusst ihren Gästen widmen und die nötige Unterstützung leisten. Stellt sich die Reparatur als ein umfangreicheres Projekt dar, sollten die Kunden ihre Geräte denn noch mit nach Hause nehmen und beim nächsten Mal wieder mitbringen.

Repariert werden kann eigentlich alles, außer große Geräte, wie zum Beispiel Waschmaschinen. Dafür gebe es Monteure und es sei nicht das Ziel, diesen die Arbeit wegzunehmen, erzählte der Café-Besitzer. Teilweise wird auf Ebay geschaut, ob es das zu reparierende Produkt online gibt – ebenfalls defekt. Dabei strebt Bouchareb das Prinzip „aus zwei mach eins“ an. „Wenn wir in dem ebenfalls kaputten Gerät genau das Stück finden, das wir für unsere Reparatur benötigen, ist es eine Win-win-Situation. Dadurch können wir eine Entsorgung komplett vermeiden“, erzählte der 70-Jährige.

Falls es während dem Reparieren zu technischen Fragen oder Problemen kommen sollte, stehen den Kunden Mitarbeiter zur Seite und können jederzeit Hilde leisten. Markus Brandhuber

Der Sinn hinter den Reparaturen sei in erster Linie, dass die Kunden ihre Gerätschaften wieder mitnehmen und weiterhin in ihrem Alltag benutzen. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, nicht mehr benötigte Geräte der Awo zu schenken, die sie dann weiterverkauft. Stellt sich im Vorfeld schon heraus, dass die Reparatur keinen Nutzen bringt, wird auch keine Mühe und Zeit mehr hineingesteckt.

Unterschiedliche Generationen

„Unser Publikum besteht hauptsächlich aus über 50-Jährigen und meine ganzen Mitarbeiter sind auch alle schon 65 plus. Das finde ich etwas schade“. Er würde sich wünschen, dass auch die jüngeren Menschen mehr Interesse an der Aufwertung alter Geräte finden und nicht so stark dazu neigen, alles direkt ersetzten zu wollen. Einmal im Jahr gebe es in Form des Ferienprogramms für Kinder die Möglichkeit, einen Schnuppertag im Repair-Café zu erleben. Hierbei wird den Kindern anhand eines Laptops gezeigt, wie die darin verborgene Technik funktioniert und wie ein Laptop auseinander und wieder zusammengebaut wird. Auch mit dem Kreisabfallwirtschaftsbetrieb steht das Café in enger Zusammenarbeit.

Um den jungen Menschen die Nachhaltigkeit von elektronischen Geräten mehr ans Herz zu legen, verweist der ehemalige Ingenieur auf die Plattform YouTube. „Das Rad muss ja nicht jedes Mal neu erfunden werden. Es gibt immer irgendwo jemanden, der schonmal dasselbe Problem hatte und die Videos sind so detailliert erklärt, man muss sich nur die Mühe machen und es einfach mal selbst angehen.“

Werden die defekten Sachen eingeschickt, fallen meist schon Gebühren nur für den Versand an. Hinzu komme in den meisten Fällen ein Kostenvoranschlag. Bevor die eigentliche Reparatur überhaupt getätigt wurde, fallen schon die ersten Kosten an. Um diese Kosten zu sparen und nicht noch mehr Geld gleich für ein neues Gerät auszugeben, erhofft sich der Besitzer mehr Reichweite für das Repair-Café und ein umweltfreundlicheres Denken der Gesellschaft.

Standort und Öffnungszeiten

Das Repair-Café befindet sich in den Leimgrubenäckern 1 in Heidenheim-Aufhausen. Der Eingang ist derselbe wie zur AWO und es kann direkt davor geparkt werden. Geöffnet hat die Einrichtung jeden zweiten und vierten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr. Nach Absprache gibt es auch die Möglichkeit, Termine außerhalb der Öffnungszeiten zu vereinbaren.

Beim Bürgerempfang im Congress-Centrum am Sonntag, 10. März, wurde dem Repair-Café Dank und Anerkennung von Seiten der Stadt Heidenheim ausgesprochen.

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