Aus Kroatien nach Heidenheim: Einwanderer Robert Stancovic will mit seiner Geschichte Mut machen
Robert Stankovic ist 24 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Zadar, einer Stadt an der Küste von Kroatien. Im Jahr 2015 kam er mit seinen Eltern wegen der Wirtschaftskrise in Kroatien nach Heidenheim. Seine Eltern besaßen in Zadar drei Restaurants und hatten mehrere Angestellte, konnten jedoch wegen der Finanzkrise im Land ihre Kredite nicht mehr bedienen und sahen in Kroatien keine Zukunftsperspektiven für sich und wollten das Land verlassen. Nachdem sein Vater für die Familie eine Wohnung in Deutschland gefunden hatte, kamen die Stankovics nach Heidenheim, wo auch die Großeltern von Robert väterlicherseits leben. Sein älterer Bruder kam nicht mit und blieb in Zadar.
Mit dem wenig ersparten Geld, was die Familie noch hatte, richteten sie die Wohnung ein und versuchten, in der Stadt Fuß zu fassen. Roberts Vater sprach damals gebrochen Deutsch, seine Mutter hatte, wie auch der 16-jährige Robert selbst so gut wie keine Deutschkenntnisse. Diese Zeit war für die Familie Stankovic nicht einfach. Zum Glück fanden die Eltern durch ihr stetes Bemühen bald Arbeit im Schlosshotel in Heidenheim. Roberts Vater, gelernter Hotelfachmann, wurde als Kellner und seine Mutter (Maschinenbautechnikerin) als Zimmermädchen eingestellt.
Für die Eltern gab es ab diesem Zeitpunkt „Licht am Horizont“. Für Robert, den damals 16-Jährigen, erst mal nicht. Er haderte mit den Lebensumständen, wollte lieber heute als morgen zurück nach Kroatien zurück. „Ich vermisste meine Verwandtschaft, meine Freunde, das Meer und die Sonne sehr.“ Er rebellierte, sah alles negativ und der Frust war groß.
Vom kroatischen Meer ins Schwimmbecken der Heidenheimer Aquarena
Um dem Alltag zu entfliehen und die negativen Gedanken zu verdrängen, schloss der junge Kroate sich für ca. 2 Jahre dem SV Heidenheim an, um dort seine Schwimmkariere fortzuführen. Robert war in Kroatien bester Schwimmer seiner Schule auf der Schmetterlings- Distanz. Vier bis fünf Mal pro Woche ging er nun auch in Heidenheim ins Training und wurde im Jahr 2016 mit dem siebten Platz bei den Baden-Württembergischen Meisterschaften belohnt.
Schulisch besuchte er anfangs mit viel Argwohn und unmotiviert die Integrationsklasse an der Westschule (Hauptschule) in Heidenheim. „Das Einzige, was ich damals sagen konnte, war: Ich bin Robert“, so der 24-Jährige.
Das Einzige, was ich damals sagen konnte, war: Ich bin Robert.
Robert Stankovic
In dieser Schule hat er angefangen die deutsche Sprache zu erlernen, was ihm nicht leichtfiel, aber mit viel Motivation und Ehrgeiz konnte er das Gelernte immer besser umsetzen und anwenden. Nach drei Monaten erkannten einige Lehrer sein Potenzial, da Robert sehr schnell große Fortschritte sowohl in Mathe als auch in Englisch machte. Der Schulleiter der Hauptschule, der auch Schulleiter der Adalbert-Stifter-Realschule war, wurde auf ihn aufmerksam und empfahl ihm und seinen Eltern einen direkten Schulwechsel auf die weiterführende Schule. Hinzu kam, dass ihm mittags eine Deutschlehrerin zusätzlich zum Unterricht half, seine Deutschkenntnisse weiter auszubauen. „Die Frau war ein Segen für mich und hat mir in dieser für mich sehr schwierigen Zeit sehr geholfen“.
Wie Träume dank Fleiß und Ehrgeiz doch noch wahr wurden
Trotzdem hatte Robert immer noch das Gefühl ein Außenseiter zu sein. „Viele Leuten glaubten nicht an mich. Frühere Freunde aus Kroatien belächelten mein Vorhaben und prophezeiten mir, dass eh nix aus mir wird und ich irgendwann nur auf dem Bau landen würde und auch manche Lehrer gaben mir das Gefühl, dass meine Zukunft nicht so rosig wird, wie ich sie mir vorstellte,“ erzählt der junge Mann nachdenklich.
„Ich hatte nämlich schon damals eine Vision, wie meine Zukunft aussehen sollte. Studieren war schon immer mein Traum“, erzählt Robert lächelnd. Er spürte, alles war möglich. Mit viel Fleiß, Ehrgeiz und Selbstmotivation wollte er dieses Vorhaben in die Tat umsetzen. Da er damals so gut wie keine Freunde in der Stadt hatte, verbrachte er viel Zeit damit, zuhause zu lernen und sich mit seinen Eltern auszutauschen. Sie waren ihm zu der Zeit eine große Stütze und seine Mutter war auch seine Verbündete. Gemeinsam saßen sie stundenlang zusammen und versuchten ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, was auch gelang.
Wie aus dem Hauptschüler ein Student der DHBW wurde
Nach der Realschule wechselte Robert zur KSH (kaufmännische Schule Heidenheim) und entdeckte seine Leidenschaft für BWL. „Auf der Schule habe ich meine ersten richtigen Freunde gefunden und dort haben sich dann auch meine Deutschkenntnisse deutlich verbessert, so dass ich mich ganz normal auf Deutsch unterhalten konnte.“ Vieles wurde dann auch einfacher für den jungen Mann.
An der KSH hat Robert dann seine Fachhochschulreife gemacht und sich danach für ein duales Studium (BWL-Industrie) bei der CMC (Tochtergesellschaft von der Hartmann AG in Sontheim) beworben, wo er angenommen wurde. Sein Studium hat der junge kroatische Student an der Dualen Hochschule in Heidenheim absolviert und im September 2023 erfolgreich abgeschlossen. Die CMC hat ihn daraufhin nun seit Oktober als Junior Supply Chain Manager eingestellt.
„Ich bin stolz auf mich. Der Weg war steinig und nicht immer einfach, aber ich würde ihn genauso wiedergehen.“ Diese Jahre haben Robert auch von der Persönlichkeit geprägt. „Früher war ich schüchtern und introvertiert, heute gehe ich selbstbewusster durchs Leben.“ Arrogant ist er dennoch nicht. „Ich bin in Gesprächen eher der stille Zuhörer und dränge mich nicht in den Vordergrund.“
Robert Stancovic hat weitere Ziele vor Augen
Seine jetzige Arbeit macht ihm großen Spaß und er möchte erst mal Erfahrung sammeln und Geld verdienen, während er sich darauf vorbereitet, seinen größten Traum zu verwirklichen, nämlich eines Tages seine eigene Firma zu gründen. „Ob ich irgendwann an den Bachelor noch den Master anhänge, das überlege ich mir zu gegebener Zeit. Im Moment bin ich froh, dass ich nicht mehr für irgendwelche Klausuren lernen muss“, so Robert lächelnd. Auch seine Eltern haben mittlerweile einiges erreicht und sind zufrieden mit ihrer beruflichen Situation. Roberts Vater ist nun Restaurantleiter im Schlosshotel in Heidenheim und seine Mutter ist in der Qualitätskontrolle bei einem ortsansässigen Unternehmen.
Der junge Mann und seine Familie sind im wahrsten Sinne des Wortes angekommen. „All die Mühen, das viele Lernen und die Eigenmotivation haben sich gelohnt und ausgezahlt“. Aber ohne die persönliche Unterstützung seiner Eltern, vieler Lehrer und Menschen die es sonst noch gut gemeint haben mit ihm, hätte er diesen Weg wohl nicht so gehen können. „Dafür bin ich sehr dankbar. Ich will jungen Menschen Mut machen, die in ähnlichen Lebenssituationen sind. Es ist alles möglich, wenn man nur will,“ so Robert abschließend.
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