Verhandlung am Amtsgericht

Ausschank-Aktion in der Heidenheimer Fußgängerzone: Hirsch-Bräu wehrt sich gegen Bußgeld

Der samstägliche Bierausschank der Söhnstetter Hirsch-Bräu in der Heidenheimer Fußgängerzone hat ein gerichtliches Nachspiel. Weil diverse Genehmigungen fehlten, hatte die Stadt ein Bußgeld gegen den Geschäftsführer verhängt. Dieser wehrt sich.

Ausschank-Aktion in der Heidenheimer Fußgängerzone: Hirsch-Bräu wehrt sich gegen Bußgeld

Einfach mal ab und zu zur Wochenmarktzeit in der Öffentlichkeit Bier und Limo ausschenken und dazu ein paar Würstchen grillen, das geht weder spontan noch einfach. Selbst dann nicht, wenn das Angebot von Passanten gut angenommen wird. Es gilt: Erst die Formalitäten, dann der Spaß. Wenn der Ausschank dennoch stattfindet, gilt das als Ordnungswidrigkeit und wird mit einem Bußgeld geahndet. Da hilft es auch nichts, wenn der Betreiber diverse Anträge gestellt hat und die Mühlen der Verwaltung lange mahlen, bevor es Antworten gibt.

Im Falle der Söhnstetter Hirsch-Bräu sahen die Mitarbeitenden der Stadt einige Wochen lang dem Treiben zu, dokumentierten das Geschehen und verhängten schließlich gegen den Geschäftsführer der Hirsch-Bräu Eventservice & Zeltverleih GmbH, Georg Engels, Ende August ein Bußgeld wegen Verstoß gegen die Gaststättenerlaubnis in niedriger vierstelliger Höhe. Dieser legte Widerspruch ein, weshalb nun ein Richter den Fall aufrollt.

Heidenheimer Unternehmer Wolfgang Reich steht Beschuldigtem bei

Mit vergleichsweise großem Aufgebot erschien die beschuldigte Seite diese Woche vor Richter Jens Pfrommer am Heidenheimer Amtsgericht. Neben dem Beschuldigten selbst waren da die beiden Verteidiger Bernd Hess und Wolfgang Erhard Reich sowie dessen Sohn, der Heidenheimer Unternehmer Wolfgang Wilhelm Reich. Er ist zwar kein Rechtsanwalt, beantragte aber, als Beistand zugelassen zu werden. Reichs Begründung: „Wir kennen uns schon sehr lange, es besteht ein gewisses Vertrauensverhältnis.“ Zudem kenne er sich mit der Thematik der Gaststättenerlaubnis aus. „Ich bin in die Sache involviert, weil ich zahlreiche Anträge gestellt habe.“

Zu viert argumentierten sie gegenüber dem Richter und befragten die sieben geladenen Zeugen, darunter Mitarbeitende der Stadt sowie zwei Polizeibeamte, die während des Ausschanks an der Christianstraße kontrolliert hatten. Bei einer der Kontrollen war auch Wolfgang Erhard Reich vor Ort, hatte sich eingemischt. Am Ende gipfelte die Auseinandersetzung darin, dass er festgenommen wurde.

Bierausschank ab Juni in der Heidenheimer Fußgängerzone

Mit dem Bierausschank in Heidenheim startete die Söhnstetter Hirschbrauerei nach dem Besitzerwechsel zum 1. Juni. Wolfgang Wilhelm Reich und Georg Engels hatten die Brauerei vom vormaligen Brauereichef Klaus-Dieter Schmitt übernommen. Damals sagte Engels, mit diesem wolle man die Brauerei in Heidenheim bekannter machen. Als Ausschankort hatte man die Fläche vor dem Gebäude an der Christianstraße gewählt, in dem sich vormals eine Reinigung befand und das der Klosterbrauerei Königsbronn AG gehört, deren Vorstand Wolfgang Reich ist.

Wie lautet der Vorwurf gegen Georg Engels? Richter Jens Pfrommer zitierte aus dem Bußgeldbescheid: Engels habe als Geschäftsführer eine „genehmigungspflichtige Anlage benutzt, obwohl es einer Genehmigung bedurft hätte.“ Dabei hätte eine Genehmigung allein nicht gereicht. Eine leitende Mitarbeiterin der Stadt erklärte das im Zeugenstand so: Weil das Gebäude an der Christianstraße vormals eine Reinigung gewesen sei, müsse zuerst ein Bauantrag gestellt werden, um es zur Gaststätte umzufunktionieren. Danach erst könne eine Gaststättenerlaubnis beantragt werden. Dritter Schritt sei dann die Ausschankgenehmigung für Alkohol sowie der Antrag auf Sondernutzung der öffentlichen Fläche vor dem Gebäude zur Außenbewirtung. Das habe man sowohl Engels als auch Reich mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass der Ausschank eingestellt werden müsse, bis die Anträge genehmigt seien.

Warum der Gaststätten-Bauantrag noch immer nicht erteilt ist

Woran die Genehmigungen gescheitert seien, wollte Richter Pfrommer wissen. Die Baunutzungsgenehmigung laufe noch und werde in einem anderen Geschäftsbereich als ihrem bearbeitet, so die Rathaus-Mitarbeiterin. In der Regel brauche es drei bis vier Monate, bevor ein solcher Antrag genehmigt werden könnte, sagte die Zeugin und verwies auf Vorgänge wie das Anhören der Nachbarn.

Anträge flatterten bei der Stadt vielfach ein, wie es vor Gericht hieß. Gestellt habe sie die Söhnstetter Hirsch-Bräu, Wolfgang Reich privat sowie auch der Klosterbrauerei Königsbronn und die Karwendelbahn AG, die sich beide darauf berufen, dass sie bereits eine Ausschankerlaubnis besäßen, die Karwendelbahn in Mittenwald.

Vom Morgen bis in den späten Nachmittag zog sich die Verhandlung. Immer wieder bohrte die Beschuldigtenseite nach: Wie die Stadt überhaupt darauf komme, dass die Hirsch-Bräu die Veranstalterin gewesen sei. „Wenn nun über dem Laden Paulaner-Werbung gestanden hätte, hätten sie dann bei Paulaner so ein Fass aufgemacht?“, fragte Wolfgang Wilhelm Reich. „Wie komme die Stadt überhaupt darauf, dass Bier ausgeschenkt worden sei? „Sie müssen uns erst nachweisen, dass alkoholhaltiges Bier ausgeschenkt worden ist“, sagte Vater Wolfgang Reich und brachte zudem die Variante der „unentgeltlichen Kostproben“ ins Spiel. Ein Polizeibeamter sagte, gesehen zu haben, wie Geld gereicht worden sei. Vielleicht waren das Spenden, vielleicht habe jemand Geld gewechselt, so der Einwand vonseiten der Beschuldigten.

So schätzt Richter Jens Pfrommer die Sache bislang ein

Dass er das Verfahren keinesfalls einstellen werde, machte Richter Jens Pfrommer deutlich, nachdem Verteidiger Hess dies mehrfach vorgeschlagen hatte. Es gehe um die Frage der Verantwortlichkeit von Georg Engels. „Entweder man kann es nachweisen oder nicht. Entweder hopp oder top.“

Pfrommer machte deutlich, wie der die Sache bislang einschätze. Dass Alkohol ausgeschenkt worden sei, das schreibe die Hirsch-Bräu selbst in den sozialen Medien. „Ich glaube auch nicht, dass keine Verkaufstätigkeiten durchgeführt wurden.“ Engels sei Geschäftsführer der Hirsch-Bräu, sei mehrfach vor Ort gewesen, habe Anträge bei der Stadt gestellt und Werbung auf sozialen Medien gemacht. „Es spricht einiges dafür, dass er mitverantwortlich ist.“ Schwer tue er sich lediglich in der Frage der Sondernutzung angesichts der Besitzverhältnisse. „Das kann man auch unter den Tisch fallen lassen“, so der Richter. Ob die baurechtliche Nutzungsänderung eine Rolle spiele, da war sich Pfrommer ebenso nicht sicher: „Es fand alles draußen statt, es gab keinen Gaststättenbetrieb innen.“

So geht die Verhandlung am Amtsgericht Heidenheim weiter

Die Verteidiger wollen bis zum nächsten Verhandlungstag in der kommenden Woche einige Beweisanträge stellen. Unter anderem geht es darum, dass ihrer Ansicht nach Teile der Korrespondenz fehlten und die Stadt Heidenheim das gesamte Verfahren nicht vollständig dokumentiert habe. Eventuell fordern sie auch die Anhörung weiterer Zeugen.

Weil nicht klar ist, ob ein weiterer Verhandlungstag ausreicht, hat Richter Pfrommer vorsorglich einen dritten Verhandlungstag zwei Tage vor Heiligabend angesetzt. Da träfen sie sich nachmittags zur Weihnachtsfeier, sagte Wolfgang Reich. „Entweder wir stoßen an, weil wir was zu feiern haben, oder wir betrinken uns aus Ärger.“

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