DIHK-Präsident Peter Adrian

Beim IHK-Jahresempfang in Heidenheim: Wirtschaft fordert mehr Leistung und weniger Einmischung

Schlechte Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Deutschland und wenig Bereitschaft für Leistung und Veränderung: Das wurde beim IHK-Jahresempfang am Donnerstagabend in Heidenheim beklagt. Hauptredner war DIHK-Präsident Peter Adrian.

Es wäre übertrieben zu behaupten, dass es auf dem IHK-Jahresempfang am Donnerstagabend heiß wie in der Hölle war. Dass dieser Gedanke überhaupt aufkam, lag nur an den Musikern Siggi Schwarz, Tom Cróel und Max Hunt, die aus ihrem Repertoire der Rockklassiker auch „Highway to hell“ vortrugen. Vielleicht waren es keine höllischen Temperaturen, aber ein schweißtreibender Abend war es mit Sicherheit, zumal noch eine Sperrung der Autobahnabfahrt Heidenheim dafür sorgte, dass der Hauptredner des Abends Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) nicht ganz pünktlich ankam und sich der Beginn der Veranstaltung verzögerte.

Gastredner beim IHK-Jahresempfang war DIHK-Präsident Peter Adrian. Rudi Penk

Einmal im Jahr kommen „Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft, Politik und Verwaltung“ bei der IHK in Schnaitheim zusammen. So formulierte es Markus Maier, hiesiger IHK-Präsident und Unternehmer aus Königsbronn. Die IHK nutzt diese Plattform, um das Augenmerk auf die Belange und Bedürfnisse der Wirtschaft zu lenken. Das Bild, dass dabei vom Wirtschaftsstandort Deutschland gezeichnet wurde, war düsterer denn je.

Nur mit einer funktionierenden Wirtschaft

Maier betonte die Bedeutung von florierenden Unternehmen: „Es ist wohl Konsens, dass nur eine funktionierende Wirtschaft hilft, all die großen und sehr großen Aufgaben in unserem Land zu bewältigen.“ Als Herausforderungen in Deutschland nannte er „die alternde Bevölkerung, das sich verschärfende Arbeitskräftedefizit, die eklatanten Infrastrukturmängel und die ambitionierte Umwelt- und höchst ambitionierte Energiepolitik.“

Der IHK-Präsident lenkte auch den Blick auf die Jahresarbeitszeit, die in Deutschland im Durchschnitt bei 1350 Stunden, in den USA hingegen bei knapp 1800 Stunden und in Japan bei 1600 Stunden liege. Diese Tatsache stellte er in Zusammenhang mit der Produktivität, die in Deutschland – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – gerade mal um 0.3 Prozent pro Jahr steige. „Wie gut könnten wir sein, wenn wir nur wollten?“, fragte Maier.

Adrian beklagt Lähmende Bürokratie und hohe Energiekosten

Auch Peter Adrian beklagte, man tendiere in Deutschland dazu, Leistung und Wettbewerb nicht mehr zu fördern. „Wir brauchen wieder eine leistungsorientierte Gesellschaft“, so der Unternehmer, der das Amt an der Spitze der 79 Industrie- und Handelskammern im Ehrenamt ausübt. Er beklagte die ungünstigen Standort- und Rahmenbedingungen in Deutschland, die dazu führen würden, dass nur ein Viertel der Unternehmen Investitionen im Inland plane und man das Schlusslicht beim wirtschaftlichen Wachstum sei.

Die Hauptprobleme Deutschlands könne man an einer Hand abzählen, so Adrian: es seien eine lähmende Bürokratie, hohe Energiekosten, eine schlechte Infrastruktur, hohe Steuern und der Fachkräftemangel. Bei den Unternehmern sei die Bereitschaft da, etwas positiv zu verändern, so Adrian. Vom Staat verlangte er weniger Einmischung: Man müsse sich fragen, wo die Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand seien.

Bildung, Gesundheit sowie innere und äußere Sicherheit nannte er als Kernaufgaben des Staates. Zudem wünschte er sich zwei wichtige Impulse von staatlicher Seite: Es müsse Vertrauen in stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden und es brauche einen „Doppelwumms“ in Sachen Bürokratie.

Wenig Bereitschaft zu Veränderung

Eine Studie des Schweizer IMD World Competitiveness Center zur Wettbewerbsfähigkeit internationaler Standorte habe gezeigt, dass die Bereitschaft, auf Veränderungen zu reagieren bei der deutschen Wirtschaft schwach ausgeprägt sei, führte Adrian an. Man liege in dieser Hinsicht gleichauf mit Venezuela. Betrachte man beispielsweise den Automobilsektor, könne man sehen, dass hier andere Länder in Deutschland kräftig mitmischen. „Die Welt wartet nicht auf uns“, so Peter Adrian. Insofern würde es auch nicht mehr funktionieren, wenn Deutschland versuche, Standards vorzugeben.

IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler lenkte schließlich den Blick auf die Zukunftsoffensive der Region Ostwürttemberg, mit deren Hilfe „die Themen, die unsere Region wirtschaftlich voranbringen“ aktiv beackert würden. Im Oktober fahre man gemeinsam mit den Partnern vor Ort nach Berlin, um dort Lösungen und Best-practice-Beispiele zu präsentieren, aber auch „politisch vernünftige Forderungen“ zu stellen. Als Erfolgsfaktor vor Ort benannte Rentschler die Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik – die im anschließenden Beisammensein bei Essen, Wein und Gesprächen gepflegt werden durfte.

Was macht eigentlich die IHK?

Die Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg ist das regionale Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft. Sie vertritt die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungsbereich im Landkreis Heidenheim und dem Ostalbkreis. Neben der Lobbyarbeit bietet die IHK auch Weiterbildungs- und Zertifikatslehrgänge, Seminare und Beratungsdienstleistungen für ortsansässige Unternehmen an. Die Kammer organisiert außerdem die Abnahme der Zwischen- und Abschlussprüfungen der anerkannten Ausbildungsberufe.

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