Handwerkskammer Ulm

Beliebter als gedacht: So stehen junge Menschen zum Handwerk

Jugendliche stehen einem Handwerksberuf deutlich offener gegenüber als oftmals angenommen – das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln hervor. Dabei ist das Potenzial der Branche noch nicht ausgeschöpft. Was sich tun muss und wie viele junge Menschen im Landkreis Heidenheim eine Ausbildung im Handwerk begonnen haben:

Beliebter als gedacht: So stehen junge Menschen zum Handwerk

Alle wollen studieren und niemand will mehr eine Ausbildung im Handwerk machen. Das ist immer wieder zu hören, wenn es um die Pläne von jungen Menschen nach dem Schulabschluss geht. Eine neue Studie zeichnet ein positives Bild der Branche bei Jugendlichen - doch es hapert noch an mehreren Stellen.

Im Landkreis Heidenheim haben zum Ausbildungsstart laut Handwerkskammer 216 junge Menschen eine handwerkliche Ausbildung begonnen, im Ostalbkreis 571. Im Gebiet der Handwerkskammer Ulm zwischen Ostalb und Bodensee sind es insgesamt 2600 - das sind 30 Prozent aller Azubis. Das Handwerk sei damit einer der größten Ausbilder in der Region, so die Kammer. „Wir wachsen, könnten aber noch mehr wachsen. Dieses Potenzial wollen wir heben“, sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.

Handwerkskammer sieht Politik in der Pflicht

Für die Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft in Köln wurden rund 250 Handwerksbetriebe des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes sowie mehr als 200 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahre befragt. Ergebnis: Knapp 30 Prozent der befragten Jugendlichen können sich eine Karriere im Handwerk vorstellen. Dennoch arbeitet bisher nur jeder Zehnte der Befragten tatsächlich im Handwerk. Mehlich sagt: „Die Studie beschreibt das Potenzial für unsere Handwerksbetriebe. Wir müssen die handwerklichen Berufe für die Jugendlichen noch attraktiver machen und die Berufsorientierung an den Schulen forcieren." Und weiter: "Wir sehen auch die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu verbessern und Anreize zu schaffen, um mehr Menschen für unser Handwerk zu gewinnen. Es bedarf einer echten Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung.“ Gerade in Zeiten des steigenden Fachkräftebedarfs seien etwa die bessere Förderung der beruflichen Bildung, Vergünstigungen für Auszubildende und generell ein Abbau der Bürokratiebelastungen für Handwerksbetriebe nötig.

Die Attraktivität der Branche wurde in der Studie anhand von sechs Kategorien gemessen, darunter etwa „Gehalt und Anerkennung“ und „Sinn und Bedeutung“. Sowohl die teilnehmenden Jugendlichen als auch die Betriebe selbst bewerteten insbesondere die Sinnhaftigkeit der Handwerksberufe als sehr positiv. Zudem stufen die jungen Studienteilnehmer eine duale Ausbildung im Handwerk als genauso attraktiv ein wie ein Unistudium. Auch die krisensicheren Arbeitsplätze im Handwerk werden unter jungen Menschen geschätzt.

Befragte fordern mehr Gehalt in Handwerksberufen

Verbesserungsbedarf sehen die Jugendlichen laut der Studie hingegen vor allem bei der Vergütung. Und das, obwohl in mehreren Studien mittlerweile klargestellt wurde: Die Verdienstchancen im Handwerk entsprechen denen eines Studienabschlusses. Aus Sicht der jungen Menschen gäbe es im Handwerk zudem geringere Karrieremöglichkeiten als etwa in der Industrie. „Das Wissen über die Möglichkeiten und Chancen im Handwerk ist ein entscheidender Faktor, damit junge Menschen einen Handwerksberuf wählen", so Mehlig. Er räumt aber auch ein: "Und daran hapert es. Wir müssen Fehlvorstellungen beseitigen, insbesondere an und mit den Schulen noch mehr leisten und den Jugendlichen die Vorzüge einer handwerklichen Karriere vermitteln.“

Trotz des Potenzials, das die Kammer noch sieht, hat sich die Zahl der Auszubildenden in der Region laut der Handwerkskammer gegenüber dem Vorjahr leicht um 2,2 Prozent erhöht. Auch die Zahl der Abiturienten, die sich für eine handwerkliche Ausbildung entscheiden, ist in den vergangenen Jahren gestiegen und liegt derzeit bei über 17 Prozent.