Jazz Heidenheim

Berührender Jazz mit dennoch harter Kante in der Heidenheimer DHBW

Der Auftritt des Gee-Hye-Lee-Trios in der Heidenheimer alten DHBW wurde zu einem vorweihnachtlichen Jazzvergnügen.

Das Trio ist eine enge Form des musikalischen Zusammenspiels, die jedem Mitwirkenden stete Aufmerksamkeit gleich nach zwei Seiten abverlangt. Bei ihrem Auftritt bei Jazz Heidenheim ließ die Pianistin Gee Hye Lee in ihrem Trio dem Bassisten Joel Locher auf der Bühne den Vortritt. Er durfte mit einem sanften Solo den musikalisch reichen und begeisternden Abend eröffnen. Gee Hye Lee, in Seoul aufgewachsen und lange schon in Stuttgart heimisch, schätzt die Balladen, die ruhigen an Herz und Seele gehenden Stücke. Sie fügt sie gern aus kleinen Melodien zusammen, die kreisend um sich drehend neue Töne an sich binden, um sie dann, angeschoben von kräftigen Akkorden, hoch aufschwingen zu lassen. Freude wird da spürbar, aber auch Melancholie. Viel von ihrer Musik schöpft die spieltechnisch perfekte Pianistin aus dem eigenen Erleben. So verwandelte Gee Hye Lee für das Heidenheimer Publikum die Lektüre der Briefe ihrer Mutter in Musik, welche diese der Tochter, nachdem sie Südkorea verlassen hatte, fast täglich geschrieben hatte. Aber auch einen zwangsweisen Aufenthalt in einem nächtlichen leeren Flughafen („der schlimmste Tag in meinem Leben“) kann Gee Hye Lee in Musik transponieren. Zärtlich erinnerte sie am Flügel an den großen Filmmusikkomponisten Ennio Morricone.

Dynamische Soli am Bass

Ihre zweite Stimme im Trio ist Joel Locher, der am Bass mit dynamischen Soli und einem profunden Rhythmus die fast durchgehend von Gee Hye Lee komponierten Stücke bestens fundierte und bereicherte. Das alles hätte an diesem Abend in gefälliger Schönheit aufgehen können. Aber da gab es noch eine dritte Person auf der Bühne, die Schlagzeugerin Mareike Wiening. Zu Beginn des Konzerts machte sie sich noch klein, federte leicht über die Becken und flocht filigrane Muster. Ihre große Basstrommel im Drumset ließ aber zu Recht auch anderes vermuten.  Wienings Hocker konnte denn auch ein Kommandostand sein, von dem aus sie sich laut, hart und klar zu Wort meldete und so den Melodien eine durchaus wünschenswerte scharfe Kante gab. Doch Wiening ist keine Rockerin im Ring. Sie verstand sich ebenso auf feinstes Nuancieren. Wie sie ihr klares Solo langsam in einen Latin-Rhythmus drehte, den Gee Hye Lee im Eiltempo am Flügel fortschrieb, das war klasse und verdiente das Prädikat, das Gee Hye Lee Wiening an diesem Abend an anderer Stelle einmal zugeflüstert hatte: schön.

Das Trio kann gut miteinander. Dass just Joel Locher einmal sein Solo für seine Mitspielerinnen zu früh und einmal zu spät abschloss, wurde vom Publikum mit großer Sympathie aufgenommen. Schimmernde Patina berührt ja auch mehr als Hochglanz.

Nicht zum ersten Mal in Heidenheim

Gee Hye Lee war nicht das erste Mal geschätzter Gast auf der Bühne von Jazz Heidenheim. Programmmacher Peter Klotzbücher hatte in Annalen nachgeblättert und dabei war ihn aufgefallen, dass die heute 47-Jährige gern dann kommt, wenn der Verein „Geburtstag“ hat. 2012 hatte sie es fast auf den Tag genau geschafft, heuer war sie sechs Tage zu früh, bevor Jazz Heidenheim auf eine 35-jährige Geschichte zurückblicken kann. Weil das Plattenlabel schneller als angekündigt produziert hatte, konnte Gee Hye Lee nicht nur ihre neuen Stücke nach Heidenheim mitbringen, sondern auch gleich ihr neue, drei Tage alte CD. Das Heidenheimer Publikum, das dem Verein Jazz Heidenheim wieder einmal ein volles Haus bescherte, hatte sozusagen ein Erstkaufrecht und zudem die Ehre, Ohrenzeuge des letzten Konzerts zu werden, das das Trio dieses Jahr gegeben hat.  Dass Ton und Licht in der Cafeteria perfekt gestimmt hatten, wurde vom Trio eigens gelobt. Und natürlich auch das viel Beifall spendende Heidenheimer Publikum.

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