Vielerorts sind sie kaum zu übersehen: Kandidaten der verschiedenen Parteien, die um Stimmen bei der Kommunal- und Europawahl werben. In Dresden hatte ein Angriff auf den SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl Anfang Mai bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Laut eigener Aussage war er abends damit beschäftigt, Wahlplakate aufzuhängen, als ihn aus einer Viergruppe heraus ein Faustschlag getroffen hatte. Auch wenn Gewalt gegen Politiker im Landkreis Heidenheim bislang kein Thema ist, haben wir nachgefragt, wie es die Parteien im Landkreis Heidenheim mit Plakaten handhaben.
Bündnis 90/Die Grünen: Verschwundene und beschädigte Plakate
Beschädigungen oder gar Verluste hat Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam, Sprecherin des Stadtverbandes Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Anfang Mai habe sie drei Plakate in Schnaitheim aufgehängt. An den Georg-Elser-Anlagen gegenüber der Turnhalle – dieses sei verschwunden. Ebenso erging es dem Plakat vor dem Maibaum. „Dies wurde nach Augenzeugenberichten zunächst nach unten geschoben und verschwand dann ganz. Jetzt hängen dort ein Plakat der Freien Wähler und eines der CDU“, heißt es vonseiten der Sprecherin. Von einem anderen blieben nur noch die Kabelbinder übrig. Der Schaden belaufe sich nach Angaben von Kapp-Kleineidam auf rund 200 Euro, da die Plakate aus recyceltem Kunststoff hergestellt seien.
Mittlerweile konnte die Polizei laut Kapp-Kleineidam einen Ermittlungserfolg verbuchen. Eine Zeugin konnte am Bahnhof in Schnaitheim die Täter beobachten, sie wurden ermittelt. Kapp-Kleineidam konnte das Plakat abholen und hat festgestellt, dass „das Abreißen dieses und vermutlich auch der inzwischen sieben weiteren Plakate nicht nur ein Lausbubenstreich war, sondern durchaus einen politischen Hintergrund haben könnte“: also ihrer Meinung nach eine gezielte Aktion gegen die Partei Bündnis 90/Die Grünen war. Das gezielte Beschädigen betreffe neben der Partei auch die Bürgerinnen und Bürger Heidenheims und Baden-Württembergs. „Das demokratische Klima ist offenbar nicht nur in Sachsen gefährdet“, fasste sie zusammen.
Heidi Neff vom SPD-Ortsverband in Heidenheim berichtet, dass immer zwei Personen die Plakate der Kandidaten tagsüber anbringen. Von Beschädigungen oder Vandalismus habe sie bis jetzt nichts gehört, „aber es kommt immer wieder mal vor. Da werden sie heruntergerissen oder bemalt. Unsere Plakatierer schauen ab und zu nach den Plakaten“, ergänzt Neff. Die Ehrenamtlichen versuchten so früh wie möglich, die Plakate anzubringen und nach den Wahlen wieder einzusammeln. Das würde jeweils zwei Tage dauern.
Michael Kolb (CDU): „Noch keine Beschädigungen registriert“
„Unsere Kandidaten plakatieren überwiegend in Kleingruppen“, sagt Michael Kolb vom Kreisverband der CDU in Heidenheim. Diese schwärmten in den Abendstunden aus, um die Plakate anzubringen, weil sie während des Tages arbeiten und es laut des CDU-Kreisvorsitzenden am Abend weniger Verkehr gibt. Es komme immer wieder vor, dass Wahlplakate beschädigt werden – diese würden aber direkt gemeldet. Bis jetzt sind aber alle Plakate Kolb zufolge noch intakt.
Die Kosten der Wahlwerbung seien überschaubar: „Wir haben von der Stadt Heidenheim eine gewisse Anzahl an Plakaten genehmigt bekommen und diese haben wir von einer regionalen Druckerei in Dischingen drucken lassen“, sagte Michael Kolb. Sind die Wahlen gelaufen, werden die Plakate eingesammelt und teilweise eingelagert. Sie würden poliert und für kleinere Veranstaltungen bedruckt.
2.100 Euro für Wahlplakate der ÖDP im Landkreis Heidenheim
Drei Personen haben in diesem Jahr die Wahlplakate der ÖDP aufgehängt. Aus Sicherheitsgründen tagsüber. Wie bei den anderen Parteien sind auch sie mit Kabelbindern gesichert – und bis jetzt unbeschädigt geblieben. Ausgegeben wurde für die Plakate rund 2.100 Euro: in Gerstetten ca. 1.500 Euro, in Heidenheim ca. 400 Euro und in Dischingen ca. 200 Euro. Für das Anbringen und Entfernen der Plakate würden bei der ÖDP jeweils zwei Tage benötigt.
Auch Die Linke beklagt Beschädigungen und Diebstahl
Auch Norbert Fandrich vom Kreisverband der Linken klagt über Beschädigungen an mehreren Plakaten, obwohl diese regelmäßig kontrolliert würden. Rund 40 dauert laut des Kreisvorsitzenden der Aufbau und die Kontrollfahrten. „In Großkuchen fehlte ein Plakat und eins lag auf dem Gehweg vor dem Lichtmast“, den dann gleich die Grünen belegt hätten, „ohne das Plakat wegzuräumen.“ In Kleinkuchen wurde ebenso ein Wahlplakat beschädigt – von einem anderen in der Nähe des Schnaitheimer Bahnhofes fehle jede Spur. In Mergelstetten wurde laut Fandrich ein Plakat zerstört und heruntergerissen. Acht Personen hängen im Vorfeld der Wahlen die Plakate auf und achten darauf, diese nur dort anzubringen, wo keines war. „Nachträglich haben dann andere Parteien unser Plakat weiter nach oben geschoben und ihres darunter gehängt“, sagt Fandrich. „Die müssen dann damit rechnen, dass wir beim Abbau das fremde Plakat beschädigen.“
Was den Abbau anbelangt, betont Fandrich, dass noch am Wahltag die Plakate eingesammelt werden. Mit rund 25 Stunden rechnet er.
Bei den Freien Wählern gibt man rund 800 Euro für Wahlplakate aus
Fabian Rieck von den Freien Wählern sagt auf HZ-Anfrage, dass weder an den diesjährigen Plakaten noch an denen der vergangenen Wahlen Beschädigungen festgestellt worden waren. „Es helfen verschiedene Personen unserer Liste alle fünf Jahre bei den Wahlen mit“ und würden die Plakate aufhängen. Plakatiert werde so, wie die Personen Zeit dafür fänden, aber das meiste „am späten Nachmittag bis frühen Abend“. Bei den Freien Wählern würde man gut sichtbare Stellen wählen, beispielsweise an Bundesstraßen oder in Wohngebieten. Auch Supermärkte seien beliebt. Doch was kosten die Plakate und deren Anbringung? „800 Euro“, sagt Florian Rieck, wobei auch Plakate aus den vergangenen Jahre aufgehängt würden. Man lege Wert darauf, nicht für jede Wahl alles neu zu drucken.
Roland Maier: „Die Seewiesenbrücke dürfen wir nicht plakatieren“
Roland Maier vom Kreisverband der Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die bei der Europawahl antritt, berichtet von insgesamt 75 angebrachten Plakaten in Heidenheim. „Dabei konzentrieren wir uns auf den Kernbereich Heidenheim und Schnaitheim.“ Besonders auf den Hauptstraßen wie der St. Pöltener Straße und der B19 beispielsweise begegneten viele Autofahrer der Wahlwerbung. Diese werde zum Teil wiederverwendet: „Die Parolen passen weiterhin“, sagt Maier und ergänzt, dass auch bei der MLPD Plakate nie allein aufgehängt werden. Immer würden mindestens zwei Personen dafür eingesetzt. Pro Plakat würden laut grober Schätzung Maiers zwei bis drei Euro plus Kabelbinder ausgegeben.
„Früher durften wir auch auf der Seewiesenbrücke plakatieren“, erinnert sich Maier. Das wurde dem Kreisverband heuer untersagt. Aus einer Verordnung der Stadt Heidenheim gehe hervor, dass auf Brücken keine Plakate angebracht werden dürften.
Klaus Bass: Beschädigungen der Plakate gebe es immer wieder
Die 15 aufgestellten Kandidaten des FDP-Kreisverbandes Heidenheim plakatieren selbst – zunächst einmal laut Klaus Bass vom Kreisverband im Umfeld der Kandidatinnen und Kandidaten. Abhängig ist der Ort der Wahlwerbung auch davon, wie viele Menschen vorbeikommen. „Mit einer App konnten aufgrund der Ergebnisse der letzten Wahlen gewisse Hochburgen festgestellt werden, wo auch von uns plakatiert wird“, sagt er auf Nachfrage. Wahlwerbung hänge auch dort, wo bei den vergangenen Wahlen wenig Stimmen für die FDP abgegeben wurden. Beschädigungen habe es „immer wieder“ gegeben – entweder habe man sie selbst festgestellt oder sie seien von Anwohnern gemeldet worden. Zwischen 1.500 und 2.000 Euro gebe man laut Klaus Bass für die Wahlwerbung in Form von Plakaten aus.
Jochen Afheldt sieht die Wahlwerbung der AFD besonders gefährdet. Komme es beim Plakatieren zu Gewalt, würde man sie „wirkungsvoll abwehren.“ Diebstahl und Sachbeschädigungen von Plakaten zeige man bei der Polizei an. „Da die Anzahl geeigneter Stellen begrenzt ist, hängen wir die Plakate auch an Masten auf, an denen bereits andere Parteien plakatiert haben“, ergänzt Afheldt. Dies sei erlaubt. Zu den Kosten oder etwaigen Beschädigung macht er keine Angaben.
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