Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Ist es ein Scharnier? Ist es ein Briefumschlag? So ganz klar ist das bei Elisa Manig nicht. Soll es auch nicht sein. „Man könnte meine Objekte kennen“, sagt die Künstlerin selbst. Und doch wollen und sollen sie nicht so recht greifbar werden. Wer es trotzdem versuchen möchte, hat dazu ab Freitag, 15. November, im Heidenheimer Türmle die Möglichkeit, wo der Kunstverein Elisa Manigs Ausstellung „Tue, tut“ präsentiert.
Alltägliche Konstruktionen prägen Manigs Arbeiten. Auf den ersten Blick erinnern sie an Haltestangen, wie man sie aus Bus und Bahn kennt. Sie ähneln Ticketrollen und Sprungfedern, Platinen und Haarklammern. Bei näherer Betrachtung wollen Schein und tatsächliches Sein dann aber nicht so recht übereinstimmen.
Das Spiel mit der Wahrnehmung gehört zu Manigs künstlerischem Grundprinzip. Allein ein Schritt zur Seite, ein Wechsel der Perspektive eröffnet oftmals direkt ein neues Bild. Daher auch der Ausstellungsname „Tue, tut“: „Der Titel soll zur Aktivität aufrufen – vor allem gedanklich. Man sollte aktiv schauen, intensiv schauen und Kunst nicht nur einfach konsumieren“, findet Elisa Manig. Das Ziel der bildenden Kunst sei ja, sich im Raum zu bewegen.
Das führt mitunter zu einem ganz bestimmten Problem. Die Leute, erzählt Manig, würden ihre Arbeiten oft anfassen. Sie beobachte bei Ausstellungen oftmals ein großes Interesse, ihre Werke nicht nur mit den Augen, sondern eben auch mit den Händen zu berühren – zum Leidwesen der Künstlerin selbst. Denn obwohl viele ihrer Arbeiten aus pulverbeschichtetem Stahl bestehen, sind diese doch erstaunlich fragil. Bitte nicht anfassen. Bitte nicht damit spielen. Bitte nicht lieb haben. Aufforderungen, die Elisa Manig recht häufig äußern muss.
„Scheinarchitekturen“ im Heidenheimer Türmle
Ganz verübeln möchte man es diesen Menschen nicht. Eine gewisse Neugierde erweckt Manigs Kunst durchaus in einem. Man möchte drehen, schieben, biegen, anfassen und eben herausfinden, was da genau vor einem steht. Denn irgendwie glaubt man instinktiv zu wissen, wie man diese Objekte bewegen könnte. Wenn man denn dürfte.
Manigs Arbeiten würden das Spannungsfeld zwischen Stabilität und Fragilität untersuchen, heißt es von Seiten des Kunstvereins mit Blick auf die Ausstellung. Der Begriff „Scheinarchitekturen“ fällt da im selben Atemzug. „In jeder Arbeit steckt stets eine kleine Überraschung“, sagt Manig.
Das Stück mit dem Titel „Kantenschoner“ ist so ein Kandidat. Dabei handelt es sich um ein langes, verzinktes Stück Stahlblech, an dem übergroße Sprungfedern befestigt sind. Es gebe dieses Objekt nicht so wirklich, erklärt Elisa Manig. Und doch denke sie selbst dabei automatisch an das Schutzblech einer scharfen Klinge.
„Elisa Manigs Werke wecken die Erinnerung an eine Funktion, die nicht ausgelöst wird“, fasst Manuel Meiswinkel vom Kunstverein zusammen. Eine Antwort auf die Frage, was es damit denn nun auf sich hat, bleibt Elisa Manig schuldig: „Kunst soll ja auch keine Antworten geben, sondern Fragen stellen.“
Ausstellung „Tue, tut“ läuft einen Monat lang
Elisa Manig wurde 1987 in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, geboren. Das Studium der Freien Kunst in Kiel und Dresden absolvierte sie mit Diplom 2018 und 2021 als Meisterschülerin an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Ebenfalls 2018 erhielt Manig das Sächsische Landesstipendium. 2020 folgte der Berlin Hyp Award, 2022 erhielt sie das Kick-Start-Stipendium der Stiftung Kunstfonds. Manig lebt und arbeitet in Hamburg.
Die Vernissage der Ausstellung „Tue, tut“ von Elisa Manig findet am Freitag, 15. November, ab 19 Uhr im Türmle statt. Einen Monat lang kann die Schau besichtigt werden, ehe sie am Sonntag, 15. Dezember, ab 11 Uhr mit einer Finissage endet. Der Besuch der Ausstellung ist nur im Rahmen einer Führung möglich. Diese finden immer samstags ab 11.30 Uhr und mittwochs ab 16 Uhr statt.