Bundestagswahl 2025

Brauchen wir mehr Sicherheit und weniger Zuwanderung? So antworten die Kandidaten:

Migration und Sicherheit sind zu den großen Themen der Bundestagswahl 2025 geworden. Wie positionieren sich die Kandidaten des Wahlkreises Aalen-Heidenheim? Die HZ-Redaktion hat ihnen drei Fragen zu diesem Themenkomplex gestellt.

Frage 1: Steht Ihrer Ansicht nach die innere Sicherheit in Deutschland in direktem Zusammenhang mit der Migration? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

Roderich Kiesewetter kandidiert für die CDU. Tobias Koch

Roderich Kiesewetter (CDU):

Nein. Es fehlen Kapazitäten und Befugnisse, um Migration sinnvoll zu steuern und ggf. abzuschieben. Andererseits fehlt es an der nötigen Infrastruktur, um Integration effizient zu gestalten und einzufordern. Daraus kann ein indirekter Zusammenhang entstehen, der vorrangig an mangelnden Reformen seit 2015 liegt.

Bundestagwahl 2025 AfD-Kandidat Dr. Jürgen Müller, Gerstetten AFD

Dr. Jürgen Müller (AfD):

Dass dies der Fall ist, belegen die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik. Nichtdeutsche
sind in der Tat überproportional an Straftaten beteiligt: Je 100.000 Einwohnern der jeweiligen Bevölkerungsgruppe sind 3074 nichtdeutsche Frauen gegenüber 1005 deutschen Frauen straftatverdächtig. Bei den Männern sind es 9865 Männer nichtdeutscher vs. 2722 Männer deutscher Staatsangehörigkeit (Zahlen 2023). Dunkelziffern unberücksichtigt. (Anmerkung der Redaktion: Zahlenherleitung laut Dr. Müller: Magazin "Krautzone")

Grünen-Kandidatin Dr. Jeannette Behringer kommt aus Kösingen. Blumenzwerg

Dr. Jeannette Behringer (Bündnis 90/Die Grünen):

Innere Sicherheit bedeutet den Schutz der Gesellschaft vor Kriminalität. In Deutschland leben rund 25 % der Bevölkerung mit einer Migrationsgeschichte, die meisten aus den europäischen Nachbarländern. Einen direkten Zusammenhang zwischen Migration und der inneren Sicherheitslage zu behaupten, entspricht nicht der Datenbasis (Kriminalstatistik, politisch motivierte Kriminalität und Terrorismus). Die furchtbaren Anschläge der letzten Jahre (u. a. Hanau, Solingen, Magdeburg) sind fundamentalistisch motiviert, zum Teil unterstützt durch extremistische Netzwerke. Jede einzelne Straftat ist eine Tragödie und muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bestraft werden.

Linke-Kandidat Thomas Jensen wohnt in Aalen. Die Linke

Thomas Jensen (Die Linke):

Nein, tut sie nicht. Die innere Sicherheit und Asyl, Flucht und Migration sind verschiedene Aspekte. Natürlich haben verschiedene Nationen verschiedene Straftaten. Das gilt natürlich auch für Deutsche, z. B. ist die Benutzung von Schusswaffen kein Delikt von „Ausländern“, sondern eher ein Delikt von Deutschen. Die Gründe sind vielfältig, liegen auf der Hand oder bedürfen der Untersuchung, je nachdem. Jedenfalls hat die Beeinträchtigung der inneren Sicherheit (falls diese überhaupt beeinträchtigt und nicht nur so wahrgenommen wird) mit Migration nichts zu tun.

SPD-Kandidatin Cornelia True, Heidenheim SPD

Cornelia True (SPD):

Innere Sicherheit und Migration stehen in keinem zwingenden Zusammenhang. In den Medien erscheint Kriminalität von Ausländern etwa elfmal häufiger als sie in Wirklichkeit ist. Und die schlimmen Ereignisse in jüngster Zeit erzeugen eine massive Verunsicherung. Diese wird von rechtsextremen Gruppen weiter geschürt und alle, die zu uns kommen – auch zu uns flüchten – werden in einen Topf geworfen.

FDP-Bundestagskandidat Chris-Robert Berendt Rudi Penk

Chris-Robert Berendt (FDP):

Innere Sicherheit steht nicht pauschal im Zusammenhang mit Migration, wohl aber mit fehlender Steuerung und Kontrolle. Wenn Rechtsstaatlichkeit konsequent durchgesetzt wird, gibt es keine Sicherheitsprobleme durch Migration. Wo das nicht geschieht, entstehen Risiken. Wir brauchen klare Regeln: Wer Schutz sucht und sich an unsere Gesetze hält, ist willkommen. Wer unsere Sicherheit gefährdet, muss konsequent abgeschoben werden.

Frage 2: Was müsste Ihrer Meinung nach getan werden, um die innere Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu erhöhen?

Roderich Kiesewetter (CDU):

Das Hauptproblem ist, dass geltendes Recht häufig nicht adäquat umgesetzt werden kann, weil Vorschriften das verunmöglichen und Kapazitäten insbesondere auf kommunaler Ebene fehlen. Deshalb braucht es eine Umschichtung auf Bund und Land, bessere Ausstattung, mehr Durchsetzungsbefugnisse und Personal bei Polizei und Diensten sowie mehr digitale Kompetenzen. Eine Null-Toleranz-Strategie gegenüber Islamismus und Antisemitismus sowie besserer Schutz für Einsatz- und Rettungskräfte sind mir wichtig.

Dr. Jürgen Müller (AfD):

Ursachenbekämpfung statt Symptombehandlung: Sicherung unserer Grenzen (z. B. AfD-Anträge
19/17780, 20/86, 20/6485, 20/14028), Verschärfung des Asylrechts (19/27843, 19/30963, 20/11962), Abschiebung von Personen ohne Bleiberecht, sofortige Ausweisung von Gefährdern, Extremisten und Straftätern, Senkung der ökonomischen Anreize für Asylbewerber (20/12960), Stopp der Pendelmigration (20/11745). Und: Verbesserung von Bewaffnung und Ausrüstung für Polizei und Rettungskräfte (20/11757), Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei (20/8156).

Dr. Jeannette Behringer (Bündnis 90/Die Grünen):

Politik muss mit den Bürgerinnen und Bürgern über Migration diskutieren. Die Ausstattung der Justiz verbessern, denn jede Straftat muss mit den Mitteln des Rechtsstaates bestraft werden, alles andere verletzt das Gerechtigkeitsempfinden. Für die Verhinderung von Anschlägen muss die Zusammenarbeit der Behörden für die Umsetzung von Ausweisungen verbessert werden. Die Vereinheitlichung der digitalen Infrastruktur muss endlich erfolgen.

Thomas Jensen (Die Linke):

Genau genommen sind das zwei Fragen. Die erste zielt auf die Erhöhung der inneren Sicherheit ab. Da stellen sich die Fragen: muss man, will man, kann man die innere Sicherheit erhöhen? Die Antwort ist schlicht „nein“. Waffenverbotszonen und Videoüberwachungen helfen da nicht weiter, denn davon lassen sich potenzielle Täter nicht abschrecken. Die zweite Frage ist die nach dem Sicherheitsempfinden. Ich halte das Sicherheitsempfinden für von den Medien gemacht, die gern nationalistische Narrative aufnehmen. Die Bevölkerung, die das dann konsumiert, glaubt das. Tatsächlich ist es aber so, dass die Sicherheit nicht gefährdeter ist.

Cornelia True (SPD):

Innere Sicherheit kann man durch bessere Bildung, Prävention und Arbeitsmöglichkeiten entscheidend verbessern. Und wir müssen überlegen, wie wir die Anbieter sozialer Medien in die Verantwortung nehmen, damit Fake News und Hassrede nicht überhandnehmen.

Chris-Robert Berendt (FDP):

Für mehr innere Sicherheit brauchen wir eine starke, moderne Polizei mit ausreichendem Personal und besserer Ausstattung. Die Behörden müssen digital vernetzt arbeiten und Straftaten konsequent verfolgen, insbesondere bei Gewaltkriminalität und organisierter Kriminalität. Eine sichtbare Polizeipräsenz stärkt das Sicherheitsempfinden der Bürger. Zudem müssen wir die Justiz entlasten und Verfahren beschleunigen, damit Straftäter schneller zur Verantwortung gezogen werden.

Frage 3: Sind Sie für eine Begrenzung des Zuzugs nach Deutschland und wenn ja, mit welchen Mitteln?

Roderich Kiesewetter (CDU):

Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften und müssen mehr auf Integration setzen. Der Zuzug von illegalen Migranten muss gleichzeitig spürbar reduziert werden, damit Integration sinnvoll möglich ist und Kommunen entlastet werden. Basis für eine Wende in der Migrations- und Asylpolitik müssen Grundgesetz, EU-Recht und die Lehren aus unserer Geschichte sein, die uns ein Mindestmaß an Humanität lehrt. Wichtig ist, gegen die Hauptursache von irregulärer Migration und Flucht anzugehen: Russland einzudämmen.

Dr. Jürgen Müller (AfD):

Deutschland trägt aufgrund seiner „Wir schaffen das“-Regierungspolitik der seit 2015 offenen
Grenzen die Hauptlast der illegalen Zuwanderung in Europa. Im Wahlprogramm der AfD
schlüsseln wir Maßnahmen auf, wie diese Zuwanderung gestoppt werden kann, siehe auch
Antwort oben. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend stimmen hierbei über zwei Drittel der
Bevölkerung der AfD zu.

Dr. Jeannette Behringer (Bündnis 90/Die Grünen):

Wir müssen das Dublin-Abkommen konsequent anwenden und die beschlossene europäische Asylpolitik zügig umsetzen. Im Bereich Arbeitsmigration benötigen wir gut qualifizierte Fachkräfte, hier müssen wir Anerkennungsverfahren beschleunigen.

Thomas Jensen (Die Linke):

Nein, bin ich nicht. Es stellt sich auch die Frage, ob das angesichts der vielfältigen internationalen Verflechtungen, angesichts des in Deutschland herrschenden Rechtsstaatsprinzips überhaupt machbar wäre. Ich will diese Frage nach der Machbarkeit verneinen. Eine Begrenzung würde sowohl deutschem als auch internationalem, hauptsächlich europäischem, Recht widersprechen.

Cornelia True (SPD):

Es stört mich, dass über Migration gesprochen wird, als wären alle gleich. Etwa ein Viertel der Menschen in Deutschland gilt als Migranten – manche leben in der zweiten Generation hier, manche kommen, um hier zu arbeiten, manche, weil sie vor Krieg oder Folter fliehen. Fast jeder von uns hat mindestens einen Vorfahren, der eingewandert ist. Erfolgreiche Integration bedeutet, kulturelle Vielfalt als Bereicherung zu verstehen und gleichzeitig klare Regeln für ein respektvolles Miteinander zu setzen. Wir brauchen Fachkräfte. Daher hat die SPD geführte Bundesregierung Ausbildungsabkommen mit vielen Ländern geschlossen, um eine gesteuerte Migration zu ermöglichen, die auch der Wirtschaft hilft.

Chris-Robert Berendt (FDP):

Wir brauchen eine bessere Steuerung und Begrenzung des Zuzugs. Entscheidend ist, zwischen schutzbedürftigen Menschen, Fachkräften und illegaler Migration zu unterscheiden. Eine effektive Kontrolle der EU-Außengrenzen, klare Einwanderungsregeln für Fachkräfte und schnellere Asylverfahren sind dafür unerlässlich. Geordnete Zuwanderung muss die Kapazitäten unseres Landes berücksichtigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern.

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