Hinter verschlossenen Türen

Bunker und Bauarbeiten: Was es auf dem Post-Areal in Heidenheim zu entdecken gibt

Die Gebäude auf dem Post-Areal in Heidenheim werden derzeit umgebaut. Was hier nach dem Auszug des Sortierzentrums entstehen wird und wie es derzeit im Innern aussieht:

Beengt und beklemmend ist es hier unten. Im Lichtkegel der Taschenlampe sind nur die kahlen Betonwände zu sehen, vielleicht 20 Quadratmeter misst der Raum. Außen, an der Stahltür, ist er als Schutzraum gekennzeichnet. Ein Schutzraum, der für 50 Personen ausgelegt ist. Im Falle eines Luftangriffs sollen diese paar Quadratmeter 50 Menschen Schutz gewähren? Kaum vorstellbar.

Der Strom ist längst abgeklemmt in den Kellerräumen unter dem früheren Sortier- und Verteilzentrum der Post in der Friedrichstraße, doch die Messinstrumente, die Sauerstoff und Überdruck anzeigen, sind noch vorhanden in den insgesamt vier Schutzräumen, die zu Zeiten des Kalten Krieges gebaut worden waren. 200 Menschen sollten hier insgesamt unterkommen können – zum Glück wurden sie nie gebraucht. „Was wir mit diesen Räumen machen werden, ist noch völlig offen“, sagt Florian Andreschewski. Er ist Geschäftsführer der Augsburger Estatis-Gruppe, die das gesamte Post-Areal beim Bahnhof im Juni 2021 gekauft hat.

Halle gibt es vier Bunker aus der Zeit des Kalten Kriegs. Foto: Rudi Penk

Einem Labyrinth gleicht der Keller unter den insgesamt drei Gebäuden, die unterirdisch miteinander verbunden sind. Hier sind auch die unterschiedlichen Baujahre sehr gut zu erkennen. Während das Sortierzentrum in den 1980er Jahren entstanden ist, ist der Kopfbau, in dem heute noch die Postbank-Filiale heimisch ist, deutlich älter: Die Pläne für das „Posthaus“ sind auf das Jahr 1895 datiert, die für den Erweiterungsbau an der Bahnhofstraße auf das Jahr 1921.

Während im neueren Teil des Ensembles, in dem auch die Schutzräume untergebracht sind, lange Gänge liegen, in denen die Haustechnik verlegt ist, dominieren im älteren Teil des Kellers kleine Verschläge und niedrige Decken. Unter dem Kopfbau finden sich noch die Sanitärräume der Postangestellten, in älteren Teilen des Untergeschosses ist an manchen Stellen noch erkennbar, dass sie einst Kohlenkeller waren. Auch die großen Steinquader, aus denen das „Posthaus“ gebaut wurde, blinzeln mancherorts unter dem Putz hervor.

Die Kellerräume unter dem Post-Gebäude sind teils sehr verwinkelt. Foto: Rudi Penk

Einen Stock höher, im Erdgeschoss des ehemaligen Sortierzentrums, ist es deutlich kühler. Hier wird eifrig gearbeitet, sind Handwerker damit beschäftigt, die 600 Quadratmeter große Halle einer neuen Nutzung zuzuführen. „Hier entsteht die neue Jugendberufsagentur, die als Anlaufstelle für junge Menschen in allen Belangen der Berufsfindung gedacht ist“, erklärt Andreschewski. Auf Hochtouren laufen hier die Arbeiten, um Trockenbauwände einzuziehen, die die künftigen zwölf Büros bilden werden. Schon jetzt ist erkennbar, dass es einen großen breiten Flur geben wird, in dem auch Beratungsinseln angesiedelt sein werden. Außerdem ist ein großer Freibereich vorgesehen, der auch für kleinere Veranstaltungen genutzt werden kann.

Die Installationsarbeiten sind hier voll am Laufen. Um die KfW-Standards einzuhalten, erhält die bisherige Halle eine Fußbodenheizung, und auch die Fenster werden allesamt erneuert. Um die Fassade zu dämmen, wird der Hohlraum zwischen Außenmauer und Klinkerfassade mit einer speziellen Methode mit kleinen Styropor-Kügelchen ausgespritzt. Beheizt wird dieser Teil des Baus mit einer Pellets-Heizung. „Im Innern der Halle mussten wir nicht entkernen, da es keine Trennwände, sondern nur die großen Betonsäulen gab“, sagt Andreschewski. Dadurch wirkt der gesamte Raum besonders weitläufig und offen. „Unser Ziel ist es, hier eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Jugendliche auch wohlfühlen.“ Die Arbeiten liegen im Zeitplan, die neue Jugendberufsagentur, die Landratsamt und Agentur für Arbeit gemeinsam betreiben, wird im Sommer einziehen.

Im Obergeschoss sollen Apartments entstehen. Foto: Rudi Penk

Ein weiteres Stockwerk höher ist zu erkennen, wie es auch im Erdgeschoss ausgesehen haben muss, bevor die Bauarbeiten begannen: eine riesige Halle, in der lediglich fünf kräftige Betonsäulen stehen. Auch wenn hier derzeit noch nicht gearbeitet wird, sind die Planungen für das Obergeschoss weit gediehen: „Wir haben vor, hier zwölf Apartments mit jeweils rund 30 Quadratmetern zu bauen“, erläutert Andreschewski. Doch damit nicht genug. Auf dieses Stockwerk plant das Unternehmen noch zwei weitere Stockwerke in Holz-Modulbauweise aufzusetzen, in denen jeweils weitere zwölf Apartments untergebracht sind. „Derzeit laufen die Anträge für die Baugenehmigung, wenn wir die haben, können wir loslegen“, so der Estatis-Geschäftsführer. Aus statischer Sicht spreche nichts gegen diesen Aufbau. Er geht davon aus, dass die Aufstockung im kommenden Jahr umgesetzt werden kann. Im Zuge der Umbauten wird auch die gesamte Heizungs- und Lüftungstechnik erneuert und an die neue Nutzung angepasst, die oberen Teile des Gebäudes sollen mittels einer Wärmepumpe beheizt werden.

Im Kopfbau des Gebäudekomplexes, in dem seit vielen Jahren die Postbank-Filiale und die Post heimisch sind, wird sich nach außen hin nichts ändern. „Wir haben mit der Postbank einen neuen Mietvertrag unterzeichnet, das bedeutet, dass die Filiale hier bliebt“, sagt Andreschewski. Ungeachtet dessen sind in den Räumlichkeiten Renovierungsarbeiten geplant. Doch nutzt das Unternehmen nur einen Teil des Gebäudes: das Erdgeschoss. Im Stockwerk darüber ist in den vergangenen Monaten nach umfangreichen Renovierungen eine moderne Senioren-WG entstanden. „Hier können zwölf ältere Menschen gemeinsam leben, es gibt auch eine Kooperation mit einem Pflegedienst, sodass die Bewohner betreut sind“, so der Estatis-Geschäftsführer. Im Stockwerk darüber ist nach wie vor ein Ingenieurbüro beheimatet, das hier auch bleiben wird.

Die Senioren-Wohngemeinschaft ist bezugsfertig. Foto: Rudi Penk

Ein in der Bahnhofstraße direkt südlich angrenzendes Gebäude ist bereits vollständig renoviert. Es wird Andreschewski zufolge vom Landratsamt angemietet, um hier auf beiden Etagen Flüchtlinge unterzubringen.

Insgesamt verfügen die Gebäude auf dem ehemaligen Post-Areal, die die Estatis-Gruppe gekauft hat, über eine Nutzfläche von 4000 Quadratmetern. Durch die Aufstockung um zwei Stockwerke auf dem früheren Verteilzentrum kommen noch einmal 1300 Quadratmeter hinzu. Für die Umbauten, die für die Umnutzung notwendig sind, werden Andreschewski zufolge rund zehn Millionen Euro investiert.

Die einzelnen Gebäude sind getrennt, auch wenn es Durchgänge gibt. Doch während man im Keller übergangslos vom einen ins nächste Gebäude gelangen kann, ist das oberirdisch nicht so einfach. „Hier soll eine Trennung bestehen, auch wenn der Innenhof von allen Bereichen zugänglich sein wird“, so Andreschewski. Sind die Bauarbeiten erst abgeschlossen, soll auch der Innenhof, in dem früher die Post-Lkw ihre Ware ablieferten, neu gestaltet werden. „Wir wollen ihn auf jeden Fall attraktiver machen und eine Aufenthaltsqualität schaffen“.

Hier gibt's weitere Bilder aus dem Inneren:

Das Rommel-Haus wird kernsaniert

Das Post-Verteilzentrum, das über Jahrzehnte hinweg an der Friedrichstraße ansässig war, ist im Sommer vergangenen Jahres in einen Neubau im Gewerbegebiet in Oggenhausen umgezogen. 2021 hatte die Augsburger Estatis-Gruppe das gesamte Post-Areal mit mehreren Gebäuden gekauft.

Mit zum Areal gehört auch das Rommel-Haus in der Bahnhofstraße 5. Das Geburtshaus von Erwin Rommel ist derzeit noch vermietet. Wenn der Mietvertrag ausgelaufen ist, soll es kernsaniert werden. Nach der grundlegenden baulichen Erneuerung ist aus Sicht der Eigentümer sowohl eine Wohn- als auch eine Büronutzung möglich.

Jetzt neu: Die HZ auf WhatsApp – hier klicken und aktuelle News aufs Handy bekommen.

undefinedundefined
Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar