Heidenhanf ebenfalls betroffen

Cannabis-Anbauvereinigung: Lange Verzögerungen der Genehmigung sorgen für Ärger bei Vereinen

Die Genehmigung für Cannabis-Anbauvereinigungen gestalten sich schwierig. Vereine wie Heidenhanf warten bereits seit mehr als einem halben Jahr auf ihre Betriebserlaubnis und bleiben auf den bisherigen Kosten sitzen:

Lange Wartezeit, ständige Ärgernisse und sehr viel verlorenes Geld: Das ist die aktuelle Bilanz vieler Cannabis-Anbauvereinigungen in Baden-Württemberg. Seit dem 1. Juli 2024 dürfen solche bei den Behörden beantragt werden. Aktuell gab es nur für zwölf Gemeinschaften landesweit eine Betriebserlaubnis. 72 weitere warten noch auf diese und müssen sich mit den Folgen der immensen Wartezeit herumschlagen, darunter auch ein Heidenheimer Verein.

Lange Wartezeit für Anbauvereinigungen

„Kein Verfassungsgericht würde das durchgehen lassen, so wie es aktuell läuft“, sagt Michael Becker, der gemeinsam mit seiner Frau Laura Becker Vorstand des Vereins Heidenhanf ist. Der Heidenheimer Verein hat den Antrag bereits am 15. August des vergangenen Jahres gestellt. Getan hat sich seither nicht viel. „Nach ein paar Telefonaten haben wir herausgefunden, dass wir auf Platz 44 der Warteliste sind“, sagt Laura Becker. „Genauen Einblick, wann wir endlich geprüft werden, bekommen wir nicht.“

Da war es einfacher, ein Unternehmen zu gründen.

Michael Becker, Zweiter Vorstand von Heidenhanf

Anbauvereinigungen sind ein Teil der im vergangenen Jahr durchgeführten Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland. Sie sind nicht-wirtschaftlich – so soll das Angebaute nur den Zweck des Eigenkonsums der Mitglieder erfüllen. Das Vorgehen dafür ist in jedem Bundesland verschieden: „In manchen Ländern wird schon angebaut, in manchen zieht es sich ewig“, so Laura Becker. Das zuständige Regierungspräsidium mit Sitz in Freiburg hat seit Erlaubnis der Anbaugemeinschaften 17 Anträge vollständig bearbeitet. Neben den zwölf erfolgreichen Anträgen wurden zwei abgelehnt und drei weitere zogen ihren Antrag zurück. Die ersten Vereine, die eine Lizenz erhalten haben, klagten direkt gegen den erhaltenen Bescheid, der aus mehr als 30 Seiten Genehmigung und 25 Seiten Auflagen besteht, die erfüllt werden müssen. „Da war es einfacher, ein Unternehmen zu gründen“, so Michael Becker, der Inhaber des Hanfladens Sea of Green in Heidenheim ist.

Auswirkungen auch auf Heidenhanf

Die Verzögerung des Genehmigungsverfahrens kann sich das Ehepaar Becker erklären: „Bei so einem Andrang im ganzen Land auf ein bislang unbekanntes Gebiet kann es schon dauern, das ist klar“, so Michael Becker. „Uns war klar, dass die erst angekündigten drei Monate nicht einhaltbar sind.“ Nun ist bereits mehr als ein halbes Jahr seit Antragstellung vergangen und das Ehepaar Becker muss die rund 70 Mitglieder seines Vereins weiterhin vertrösten: „Natürlich wollen die Leute so langsam Ergebnisse sehen. Jedoch könnten wir uns gerade nicht einmal eine Anlage leisten, da vor der Genehmigung alle Mitgliedsbeiträge in Mieten gehen, die uns aktuell noch nichts einbringen“, so Michael Becker.

Hätte das Ehepaar Becker nicht bereits eine Anlage zur Verfügung, wäre das gesamte Projekt inzwischen vor dem Ende. Die verstrichene Zeit macht es den Vereinen beinahe unmöglich, Rücklagen für die Zukunft zu bilden. „Wir müssten sofort investieren und das geht nicht. Wir werden dafür noch gewaltig sparen müssen, da der letztendliche Preis unserer Anlage sich auf einen hohen sechsstelligen Betrag belaufen wird“, sagt Michael Becker.

Ein weiterer Punkt, der die Existenz einer Anbaugemeinschaft erschwert, ist die vorgegebene Vorstandsvergütung. Laut dem Ehepaar Becker darf jeder Verein nur zwei Vorstände bestimmen, die jeweils auf Minijob-Basis angestellt sind – bei voller Haftbarkeit. Auch eine ständige Rufbereitschaft muss es geben. Für eine derartig zeitintensive Aufgabe ist es dem Ehepaar, das vor kurzer Zeit sein drittes Kind bekommen hat, schlichtweg zu wenig. „Wir sind aber vernetzt mit anderen Vereinen aus Baden-Württemberg und dem Landesverband. Da wird sich in der Zukunft hoffentlich was machen lassen“, so Laura Becker.

Ein optimistischer Blick in die Zukunft

Durch ihre Vernetzung mit anderen Anbaugemeinschaften sind die Eheleute Becker zuversichtlich, dass auch sie bald ihre Genehmigung erhalten werden. Auf Anfrage beim Regierungspräsidium in Freiburg heißt es jedoch: „Ein Zeitpunkt der Entscheidung ist derzeit aufgrund der hohen Anzahl der vorliegenden Anträge nicht absehbar.“

Auch die kürzlichen Wahlen in Deutschland könnten für die Anbauvereinigungen eine weitere Hürde sein: Die CDU hatte vor der Wahl angekündigt, bei einer Regierungsübernahme das Cannabis-Gesetzt rückgängig zu machen. „Uns wurden sieben Jahre Evaluationszeit versichert. Darauf müssen wir uns beim Gesetzgeber verlassen“, so Michael Becker. „Falls es doch so kommen sollte, würde es Entschädigungsklagen hageln. Da muss man in Berlin abwägen, was nun die schlauere Entscheidung ist.“

Unter welchen Vorgaben erhalten Anbauvereinigungen eine Erlaubnis?

Laut Gesundheitsministerium sind die Rahmenbedingungen folgende: „Anbauvereinigungen dürfen höchstens 500 Mitglieder haben, die das 18. Lebensjahr vollendet und in Deutschland seit mindestens sechs Monaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben müssen. Außerdem müssen Anbauvereinigungen eine Mindestmitgliedschaft von drei Monaten in ihrer Satzung vorsehen. Diese Regelungen dienen der Vermeidung von grenzüberschreitendem Drogentourismus. Anbauvereinigungen müssen zudem einen Mindestabstand von 200 Metern um den Eingangsbereich von Schulen, anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Spielplätzen einhalten.“