Betritt man das Haus der Künstlerin Corinna Tortora in Mergelstetten, wird man sofort von einer beeindruckenden Farbwelt empfangen. Überall hängen knallig bunte Bilder, die den Blick fesseln. Jeder Raum ist dadurch mit Leben gefüllt, denn die abstrakt gemalten Kunstwerke an den Wänden setzen leuchtende Akzente. Hinter jedem Bild steckt eine Geschichte, denn die 42-jährige Künstlerin drückt mit ihren Gemälden ihre Gefühle aus.
Corinna Tortora wagt den Schritt vom sicheren Job zur Selbstständigkeit
„In einer Welt voller Stress und Erwartungen verlieren wir oft den Zugang zu unserer inneren Balance und Kreativität“, sagt Corinna Tortora. Ein Leben ohne kreatives Schaffen könne sie sich nicht mehr vorstellen. Doch lange Zeit schlug sie einen anderen Weg ein, denn schon von klein an wurde ihr eingetrichtert, dass man von der Kunst allein nicht leben könne.
Ich habe ein tiefes Vertrauen in mein jetziges Tun und weiß, dass es der richtige Weg für mich ist.
Corinna Torora
Nach ihrem Realschulabschluss machte sie zunächst eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. Später arbeitete sie als kaufmännische Angestellte und absolvierte nebenbei die Weiterbildung zur Wirtschaftsfachwirtin. 2024, mit 41 Jahren, wagte sie einen radikalen Schritt, der ihr Leben verändern sollte. Sie kündigte ihre Festanstellung und machte sich mit ihrer Leidenschaft selbstständig. „Ich wollte endlich meinen Traum leben und mich ganz meiner Kunst widmen“, erzählt die lebensfrohe Frau mit leuchtenden Augen. Diesen Schritt hat sie bis heute keinen Tag bereut. Sie fühle sich freier, energiegeladener und ausgeglichener. „Ich habe ein tiefes Vertrauen in mein jetziges Tun und weiß, dass es der richtige Weg für mich ist.“
Die Technik der Mergelstetterin: Schicht für Schicht zum Unikat
Schon als Kind malte Tortora gerne. Als sie ihre erste eigene Wohnung in jungen Jahren einrichtete und ihr damals Kunstdrucke viel zu teuer waren, griff sie selbst zu Pinsel und Farbe. Anfangs bevorzugte sie dunklere, gedecktere Töne, doch mit den Jahren wurden ihre Werke immer bunter und explosiver. Die Künstlerin malt ausschließlich abstrakt, jedes Bild ist ein Unikat. Die Kunstwerke entstehen in mehreren Farbschichten, wodurch sich die endgültige Form erst im Entstehungsprozess entwickelt. „Ich habe die Richtung jedes meiner Bilder anfangs schon grob im Kopf, was aber im Endeffekt daraus wird, das entwickelt sich mit jeder einzelnen Schicht“, erklärt sie. Da die Farben zwischendurch trocknen müssen, arbeitet sie meist parallel an mehreren Bildern. Ihre bevorzugte Technik ist Acryl auf Leinwand, da dort die Farben besser fließen können. „Bei mir müssen die Farben auf den Bildern strahlen, damit sie ihre Leuchtkraft nicht verlieren“, erzählt die quirlig wirkende Frau weiter.
Ich möchte die Leute auf meine Reise mitnehmen, ihnen Mut machen, loszulassen, sich treiben zu lassen.
Corinna Tortora
Sie will die Menschen mit ihren Bildern inspirieren. Jedes ihrer Werke erzähle eine eigene Geschichte, doch die wahre Bedeutung liege im Auge des Betrachters. Die Farben und Formen sollen die Menschen berühren und ihnen ermöglichen, die eigene Geschichte zu entdecken.
Workshops für mehr Kreativität
Die 42-Jährige malt nicht nur Bilder und verkauft sie, sondern möchte Menschen auch zur eigenen Kreativität ermutigen. In ihrem Atelier zu Hause bietet sie Workshops an. „Ich möchte den Menschen eine kreative Auszeit ermöglichen, die nachwirkt“, sagt sie. Viele ihrer Teilnehmer fühlten sich vom Alltag gestresst oder hätten körperliche sowie mentale Blockaden. „In meinen Workshops können die Teilnehmer loslassen und sich für ein paar Stunden nur auf sich selbst konzentrieren.“ Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern um Malen ganz ohne Druck, um das freie Experimentieren mit Farben und Techniken. Die Resonanz sei durchweg positiv. „Ich möchte die Leute auf meine Reise mitnehmen, ihnen Mut machen, loszulassen, sich treiben zu lassen und ihnen ein gutes Gefühl geben in ihrer Kreativität“, so Tortora. Die Teilnehmer verließen die Workshops oft mit mehr als nur einem Bild – sie nähmen ein Gefühl von Leichtigkeit, Mut und innerer Freiheit mit.
Seit diesem Jahr ist die Künstlerin zudem Referentin im „Grünen Klassenzimmer“ im Brenzpark, wo sie Kreativkurse für Kindergarten- und Schulkinder anbietet. Demnächst wird sie auch mit der Lebenshilfe kooperieren und im Spaßhaus in Bolheim Menschen mit Beeinträchtigungen die Freude am kreativen Arbeiten näherbringen.

Zweites Steckenpferd: arbeiten mit Ton
Neben der Malerei hat Tortora eine zweite große Leidenschaft: das Arbeiten mit Ton. Ihre Skulpturen entstehen in einem intuitiven Prozess – oft weiß sie anfangs selbst nicht, wie das fertige Werk aussehen wird. „Es gibt für mich nichts Befreienderes, als mit meinen Händen etwas Formbares zu gestalten“, sagt sie. „Jede Berührung mit dem Ton bringt neue Emotionen zum Ausdruck und gibt mir die Freiheit, auf eine ganz besondere Weise zu kommunizieren.“
Corinna Tortoras Traum vom Laden als Treffpunkt
Für die Zukunft wünscht sich Corinna Tortora einen eigenen kleinen Laden – eine Kombination aus Galerie, Atelier und Treffpunkt für Kunstbegeisterte. Ein Ort, an dem Menschen mit derselben Leidenschaft aufeinandertreffen, sagt sie. Bis es so weit ist, wird sie weiter ihre bunten Farbwelten erschaffen – und mit ihnen Geschichten erzählen.
Ausstellung „Kunst, die Grenzen sprengt“
Einige der Werke von Corinna Tortora sind von Freitag, 9. Mai, bis Montag, 16. Juni, im Café Samocca in der Heidenheimer Stadtbibliothek zu sehen. Die Vernissage zur Ausstellung unter dem Titel „Kunst, die Grenzen sprengt“ findet um 16 Uhr statt. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von Musiktherapeutin Lydia Beek.