Bei der Behandlung von Karies, Parodontitis oder einer Wurzel sind die Zahnärztinnen und Zahnärzte, abgesehen von den Assistentinnen, auf sich alleine gestellt. Meist auch bei Abrechnungen, bei Fortbildungen, bei der Digitalisierung und mehr. Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen der gleichen Fachrichtung bleibt da mehr oder weniger auf der Strecke.
Aus einem Stammtisch heraus ist vor nunmehr 20 Jahren ein sogenannter Qualitätszirkel entstanden, dessen Mitglieder sich jüngst zur 100. Sitzung trafen – außerhalb der Praxen, aber wie immer unbedingt mit Bezug zum Beruf.
„Wir treffen uns seit jeher im Oggenhauser Keller, aber jeder Abend hat eine Struktur und ein Thema, über das diskutiert wird. Jeder, der da ist, kommt dabei zu Wort. So gibt einen breiten Austausch“, sagt Dr. Gesine Wißler, die den Zirkel, dem 16 Zahnärztinnen und Zahnärzte angehören, leitet.
Praxisgebühr und Notdienst sorgten für Diskussionen
Die Themenpalette der vergangenen Jahre liest sich wie das Dentisten-ABC: Füllungen, Kronen, Implantate und Zahnreinigungen wurden besprochen. Diskutiert worden sei auch die Praxisgebühr, die wieder abgeschafft wurde, neuerdings aber erneut ins Gespräch gebracht wird.
„Ein großes Thema war und ist auch die Digitalisierung. Die gab es früher schlicht nicht“, sagt Dr. Gert Maier – und sie stelle die Praxen ebenso vor Probleme wie die Kostenexplosion beim Material.
Im vergangenen Jahr sei, so Dr. Sabine Oberländer, viel über den zahnärztlichen Notdienst von Frauen gesprochen worden. „Müssen wir nachts um zwei Betrunkene behandeln, von denen wir nicht wissen, wie sie im nächsten Moment reagieren?“ - so eine der Fragen. Es gehe, sagt Oberländer, bei den Treffen nicht nur darum, sich zu neuesten und besseren Behandlungsmethoden, sondern auch über Probleme und Sorgen auszutauschen. Im Gespräch merke man oft: Es geht allen gleich.
Das ist offenbar auch bei der Suche nach Personal oder Kolleginnen und Kollegen so: „Bei zahnmedizinischen Fachkräften haben wir oft gegenüber der Industrie das Nachsehen“, sagt Dr. Stephanie Eder. Problematisch – das sei nicht so im Bewusstsein der Bevölkerung verankert wie bei Hausärzten – sei auch das Feld Zahnarzt-Nachwuchs und Praxisübergabe. Die Frauenquote bei Absolventen liege bei 73 Prozent. Zudem, so Eder, scheuten junge Kolleginnen und Kollegen vermehrt die Selbstständigkeit. „Außerdem ist Heidenheim nicht gerade das Ziel, das an erster Stelle steht“, sagt Eder.
Könnte die Zukunft auch bei der Zahnmedizin in Versorgungszentren liegen? „Das glaube ich nicht. Da steht einer drüber, dem es eigentlich nur ums Geld geht“, sagt Maier. Gemeinschaftspraxen seien da schon eher ein Instrument.
Setzen wolle man im Qualitätszirkel weiter auf gemeinsame Kurse, etwa in Erste-Hilfe oder Brandschutz. „Für eine Praxis alleine ist so was ein großer Aufwand. Zusammen ist das deutlich besser“, so Wißler. Und man wolle sich weiter treffen, um zahnärztliche Leitlinien zu diskutieren. „Bei all den schwierigen Themen haben wir uns nie gestritten. Das soll so bleiben“, sagt die Heidenheimer Zahnärztin.
Teilnahme im Zahnarzt-Zirkel ist freiwillig
Zahnärztliche Qualitätszirkel gibt es bundesweit, in Baden-Württemberg existieren etwa 15. Der Heidenheimer Zirkel hat in der Region jedoch ein Alleinstellungsmerkmal. Geleitet werden die Zirkel von einem Moderator beziehungsweise einer Moderatorin, die sich dafür schulen lassen. Die Teilnahme an den Zirkeln ist nicht verpflichtend.