Früher bedurfte es einer Fußball-Weltmeisterschaft in Katar oder einer Notsituation wie der Corona-Pandemie, um eine Ausnahme von den geltenden Vorschriften zu begründen. Jetzt wird daraus eine Regel: In der Heidenheimer Innenstadt ist künftig das ganze Jahr über Außengastronomie möglich. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen.
Bislang dauerte die sogenannte Freischanksaison jeweils von März bis Oktober. Die Heidenheimer Stadtverwaltung wich aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats erstmals Ende 2021 von dieser starren Bestimmung ab und ermöglichte es den Gastronomen, auf Antrag auch während des Winters im Freien zu bewirten. Zunächst versuchsweise, so Oberbürgermeister Michael Salomo seinerzeit, sollten die Betriebe, die aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen große Einbußen erlitten hatten, durch eine solche Ausnahmegenehmigung unterstützt werden. Wer von diesem Angebot Gebrauch machen wollte, musste dafür nichts bezahlen. Er oder sie hatte im Rathaus lediglich einen schriftlichen Antrag samt maßstabsgetreuem Plan einzureichen.
Heizpilze sind nicht erlaubt
Künftig wird dafür eine Gebühr erhoben. Der jeweilige Gastronom hat die Räum- und Streupflicht auf dem betreffenden Gelände zu übernehmen, und die Außenbestuhlung darf den städtischen Winterdienst nicht behindern. Daneben gelten weitere Vorgaben. Aus Gründen des Klimaschutzes dürfen keine Heizpilze betrieben werden. Als guten Kompromiss bezeichnet die Stadtverwaltung hingegen Infrarotstrahler, da bei der Umwandlung von Ökostrom in Strahlungswärme kein CO₂ ausgestoßen werde. Gleichwohl plädiert sie für den freiwilligen Verzicht auf wärmespendende Installationen.
Auf den Sondernutzungsflächen dürfen aufgrund des Straßenbilds und möglicher Unfallgefahr weder Mobiliar noch sonstige Gegenstände gelagert werden. Untersagt bleiben auch Hütten, Food-Trailer und sonstige Verkaufswagen etwa für Bier und Würstchen, für die der Verwaltung zufolge insbesondere seit dem Aufstieg des FC Heidenheim immer wieder Anträge im Rathaus eingehen.
Rathaus befürchtet sinkende Aufenthaltsqualität
Begründet wird die ablehnende Haltung damit, dass die Buden die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs behinderten. Vor allem auf der südlichen Hauptstraße versperrten sie Verkehrsfläche für Fußgänger, die durchfahrenden Autos ausweichen müssten. Gleichzeitig sinke die Aufenthaltsqualität, und es „fehlt der Platz zum Verweilen und gemütlichen Bummeln für die Kunden und Besucher in der Stadt“.
Überdies müssten aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes alle Anträge genehmigt werden, sodass viele Schaufenster zugestellt wären. Dadurch würden die Bemühungen der Gewerbetreibenden konterkariert, „auf ihre Geschäfte aufmerksam zu machen und die Kunden durch ein attraktives Angebot zum Kauf ihrer Produkte zu bewegen“. Als Ausnahmen führt die Verwaltung Veranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt und das Straßenfest an, bei denen große Flächen bereits durch das Event selbst in Anspruch genommen würden.
OB Salomo sagte, Zielsetzung der bei 27 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen mehrheitlich beschlossenen Neuerung sei es, die Gastronomie vor Ort zu stützen. Gleichzeitig verwies er darauf, dass derzeit ein Gestaltungskonzept für die Fußgängerzone ausgearbeitet werde.
Kein Pommes-Frites-Boulevard
Die Frage, ob Verkaufsbuden in der Innenstadt erlaubt sein sollen, ist keineswegs neu. Schon 1983 beschäftigte sie den Verwaltungsausschuss. Er und die Stadtverwaltung zeigten sich seinerzeit einig, dass sie entlang der Haupt- und Karlstraße keinen Würstchen- oder Pommes-Frites-Boulevard sehen wollten, sondern eine Fußgängerzone, die ihren Namen auch verdiene. Mobile Stände, auf denen beispielsweise Blumen feilgeboten werden, sollten hingegen erlaubt sein, solange kein permanenter Jahrmarkt entstehe.
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