Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Manchmal fallen sie – und ihre Vertreter – sogar buchstäblich. Mitunter auch vom Himmel herab. Der Weihnachtsmann, wie ihn die Autorin Cornelia Funke skizziert, kann davon ein Liedchen singen. Im Kinderbuch „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ ist der Name Programm. Dieser eine ganz bestimmte Weihnachtsmann legt darin nämlich eine Bruchlandung hin. Und ebenso wie die Feste soll und muss er diesen Umstand nutzen. Die Chance dazu erhält er im Naturtheater Heidenheim, wo sich das diesjährige Wintermärchen Funkes Kindergeschichte vorgenommen hat. Präsentiert von der Heidenheimer Zeitung, feiert das Stück am 30. November Premiere.
Nun weckt der „Märchen“-Part in „Wintermärchen“ natürlich in erster Linie Assoziationen mit den Gebrüdern Grimm. Das diesjährige Stück könnte von deren Werk jedoch nicht weiter entfernt sein. Tatsächlich ist es nach dem Katzenmusical „Alfonsa di Monsa“ (2023) und der modern angehauchten „Dornröschen“-Version „Hinter den Dornen“ (2022) nicht die erste Winteraufführung des Naturtheaters, die mit dem klassischen Märchenbegriff bricht – eine Entwicklung, die auch innerhalb des Vereins aufgefallen ist.
„Eine flammende Diskussion darüber ist bei uns im Kreativpool zwar nicht entstanden“, erzählt Silke von Fürich, die zusammen mit Stefan Ziegengeist bei „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ Regie führt. Dennoch habe es ab und an die Rückmeldung gegeben: Ein so richtig klassisches Märchen war das jetzt ja nicht. Sollte es auch nicht sein. „In den letzten zwei Jahren haben wir uns bewusst dafür entschieden, etwas Anderes zu machen.“
Zwar seien im Vorfeld auch klassische Märchen eingereicht worden, das Rennen haben letztlich die modernen Stücke gemacht. Und die Skeptiker? Die ließen sich überzeugen. „Am Ende war der Konsens, dass diese Stücke funktioniert haben“, sagt von Fürich. Auch vonseiten des Publikums habe es keine negativen oder gar bedauernden Rückmeldungen gegeben – vor allem nicht aus kommerzieller Sicht. Das diesjährige Wintermärchen ist bereits seit August ausverkauft, womit man selbst im Naturtheater nicht gerechnet hatte.
Wintermärchen bricht mit gängigen Weihnachtskonnotationen
Doch zurück zu Bruchlandungen und fallenden Weihnachtsmännern: In Cornelia Funkes Buch ist der Weihnachtsmann kein alter Mann mit rundem Bauch und Rauschebart. Stattdessen existieren darin ganz viele Weihnachtsmänner. Oder besser: sie existierten. Nachdem Waldemar Wichteltod mit seiner Armee von Nussknackern die Herrschaft über das Weihnachtsland an sich gerissen hat, gibt es nur noch einen: Niklas Julebukk. Zusammen mit seinem Engel und seinen Kobolden lebt er in einem fliegenden Bauwagen, der eines Tages just auf dem Schulweg des jungen Ben abstürzt. Ben und seine Mitschülerin Charlotte wollen Julebukk helfen, das wahre Weihnachten zu retten – dieses will Wichteltod nämlich in ein Fest des Konsums verwandeln.
„Mir hat gefallen, dass das Stück mit unseren gängigen Weihnachtskonnotationen bricht“, erklärt Stefan Ziegengeist. Außerdem stehe Weihnachten dabei nicht per se als religiöses Fest im Mittelpunkt, sondern vielmehr als Familienfest. „Ich selber bin ein riesiger Fan von Cornelia Funke und es ist schön, dass in der Geschichte vor allem Kinder die Hauptrollen spielen dürfen.“
Erste Regiearbeit für Stefan Ziegengeist
Für Ziegengeist ist es die erste Regiearbeit am Naturtheater. Als Schauspieler ist er dort bislang bei „Hui Buh – Das Schlossgespenst“ und bei „Der Räuber Hotzenplotz“ aufgetreten. Dass jemand, der erst seit wenigen Jahren Vereinsmitglied ist, bereits Hauptrollen und Regiearbeiten übernehmen darf, ist laut Silke von Fürich „eher die Ausnahme als die Regel“. Sowohl aus Vereinssicht als auch aus der Perspektive von Ziegengeist sei dieses Zusammenfinden sehr fruchtbar gewesen. „Seit ich ins Naturtheater reingerutscht bin, hat es den Großteil meiner Freizeit aufgebraucht“, sagt Ziegengeist – im positiven Sinne, verstehe sich.
Vorverkaufsstart beginnt am 2. Dezember
Sämtliche Aufführungstermine des Wintermärchens sind bereits ausverkauft. Wer auch kurzfristig an der Tages- und Abendkasse nicht mehr an Karten kommt, kann zumindest auf den 2. Dezember blicken. An diesem Tag um 9 Uhr startet der Vorverkauf für die nächstjährige Sommerspielzeit. 2025 stehen „Alice im Wunderland“ und „Die drei Musketiere“ auf dem Spielplan.
Von einem Tournee-Theater mit wechselnden Aufführungsorten ist das Naturtheater beim Wintermärchen in den vergangenen Jahren abgerückt. Grund dafür war und ist der große Aufwand und die hohe Belastung für die einzelnen Ressorts des Vereins. 2025 soll das Wintermärchen zumindest wieder eine Teil-Tournee werden: Das Premierenwochenende, so der Plan, soll demnach wieder im Konzerthaus stattfinden, die restlichen Aufführungen im Theatersaal auf dem Schlossberg.