Fast 200 Kilometer Radstrecke liegen hinter mir, als ich nach drei Tagen entlang der Brenz, Donau und Iller in Oberstdorf ankomme. Zurück soll es per Bahn gehen. Erst auf der Illertalbahn nach Ulm, und weiter auf der Brenzbahn nach Hause. Das ist im 49-Euro-Ticket im Preis mit drin und einfach umzusetzen. Denke ich und liege damit leider falsch. Denn was auf der Brenzbahn für die Fahrradmitnahme gilt, gilt auf der Illertalbahn nicht. Auf der Brenzbahn dürfen Fahrräder kostenlos mitgenommen werden, solange man nicht zwischen 6 und 9 Uhr werktags fährt.
Ich steige also in Oberstdorf ein, finde zum Glück einen Abstellplatz im Fahrradabteil, fixiere mein Fahrrad und setze mich auf einen Klappsitz nebenan. Noch 15 Minuten bis zur Abfahrt. Ein Zugbegleiter steigt ein und kommt auf mich zu: „Die Fahrradtaschen müssen weg“, so sein Hinweis. Denn es könnten ja noch weitere Radfahrer zusteigen und dann wird es eng. Das leuchtet mir ein und kurz darauf liegen die Radtaschen im Gepäckfach über den Sitzen.
Noch zehn Minuten bis zur Abfahrt. Ich sehe mich um, und mein Blick bleibt auf einem Hinweisschild hängen: „Fahrradticket gelöst?“ Ich greife zum Handy und versuche, mehr dazu herauszufinden. Tatsächlich! In Bayern ticken die Bahnuhren anders. Zum Glück bin ich zeitig dran und versuche via Bahn-App, ein Fahrradticket zu lösen, das 6,50 Euro pro Rad und Tag kostet. Der Zug fährt an und ich irre immer noch erfolglos durch die App. Schließlich kaufe ich das Ticket auf der Bahnseite. Das war gerade noch rechtzeitig, denn der Zugbegleiter kommt fünf Minuten später zur Fahrscheinkontrolle. Fast wäre ich ungewollt zur Schwarzfahrerin geworden.
Nach diesem Erlebnis bin ich vorsichtiger geworden, was die Fahrradmitnahme in Zügen angeht. Denn es gibt keine bundesweit gültigen Regelungen für die Fahrradmitnahme in Zügen – das wäre ja viel zu einfach. Stattdessen gibt es einen Wirrwarr an Regeln, bei dem von kostenloser Fahrradmitnahme über Reservierungspflicht und Fahrradtickets bis hin zum Verbot alles möglich sein kann. Die Regelungen variieren je nach Zugtyp, Verkehrsunternehmen und Bundesland. Hier deshalb sechs Tipps für die Praxis.
1. Diese Regeln gelten für die Brenzbahn und Baden-Württemberg
Fahrräder dürfen im Regionalverkehr, also in allen Zügen auf der Brenzbahn, kostenfrei mitgenommen werden, außer an Werktagen zwischen 6 und 9 Uhr. Am Samstag, Sonntag und an Feiertagen gilt die kostenlose Fahrradmitnahme ganztägig. Diese Regel gilt auf vielen Strecken in Baden-Württemberg, wobei man vorher dennoch immer recherchieren sollte, da es wenige Ausnahme-Strecken gibt. Soweit die kostenlose Mitnahme nicht gilt, wird im BW-Tarif das Ticket BW-Fahrrad für 6 Euro angeboten. Natürlich muss man für sich als Person auch ein Ticket gekauft haben. Im Fernverkehr muss man grundsätzlich eine Fahrradkarte ab 7,50 Euro bis 12,90 Euro lösen und einen Platz reservieren.
2. Platz auch ohne Reservierung: Möglichst außerhalb der Stoßzeiten reisen
So oder so gibt es keine Garantie, dass man sein Fahrrad im Nahverkehr mitnehmen kann. Reservieren ist nicht möglich. Besonders zu Stoßzeiten kann es auf stark frequentierten Strecken eng werden im Fahrradabteil. Deswegen kann das Zugpersonal Fahrradfahrer abweisen. Grundsätzlich haben Kinderwagen und Rollstuhlfahrer Vorrang. Ich habe schon erlebt, dass der Zugbegleiter das Einsteigen mit Fahrrädern untersagt hat, die ersten drei durften einsteigen, der Rest musste auf den nächsten Zug warten. Um diese Gefahr gering zu halten, ist es am besten, Stoßzeiten zu vermeiden.
3. Was gilt für die Fahrradmitnahme in Bayern?
Für einen Kurztrip kommen wir aus dem Landkreis Heidenheim am ehesten mit der Bahn in Bayern in Berührung. Dort sind die Regeln etwas komplizierter als auf der Brenzbahn. In Bayern gilt die kostenlose Fahrradmitnahme nicht. Allerdings gibt es dort seit Herbst ein 1-Euro-Fahrradticket namens Basti, das allerdings mehr Einschränkungen hat als Vorteile. Werktags gilt die 1-Euro-Karte erst ab 9 Uhr. Und im Sommerfahrplan vom 15. März bis zum 3. Oktober ist sie kaum noch nutzbar und gilt dann nicht an Wochenenden und freitags nur zwischen 9 und 12 Uhr. Überhaupt hat die Bahn viele Strecken, vor allem in Urlaubsregionen, komplett ausgeschlossen.
Für all die vielen Ausnahmen, die eigentlich die Regel sind, gibt es ein Kurzstrecken-Ticket ab 80 Cent oder ein Ganztagsticket für 6,50 Euro.
4. Anreise und Umsteigen: Genug Zeit einplanen
Mal fix umsteigen klappt mit dem Fahrrad nicht immer. Denn erstens sind tatsächlich noch nicht alle Bahnhöfe barrierefrei. Und selbst wenn es einen Aufzug gibt, kann es dort schon mal eng zugehen. Manchmal passt dort nur ein Fahrrad hinein. Oft gibt es auch keine Rampen, um das bepackte Fahrrad bequem zu schieben. Die Bahn hat von den großen Bahnhöfen Pläne im Internet veröffentlicht, auf denen man am besten im Vorfeld recherchiert, wie einfach oder schwierig der Gleiswechsel mit dem Fahrrad sein könnte. Das ist besonders dann interessant, wenn die Bahn im letzten Moment bekannt gibt, dass der Zug doch auf einem anderen Gleis einfährt als im Fahrplan vermerkt.
5. Fahrrad parken und laden an Bahnhöfen
Ob für Pendler, Touristen oder bei einer langen Umstiegspause: An vielen Bahnhöfen gibt es verschließbare Fahrradboxen, in denen man sein Fahrrad für die Dauer des Aufenthalts sicher parken kann. In manchen gibt es sogar einen Stromanschluss, um das E-Bike zu laden. Auch in Heidenheim gibt es diese Fahrradboxen, die so gut wie nie ausgebucht sind. Die Box mieten kann man sich über das Internetportal bikeandridebox.de. Die Preise variieren, in Heidenheim kostet es einen Euro pro Tag.
6. Besonderheit Klapprad und E-Bike
Wer ein Klapprad hat, für den ist die Fahrradmitnahme einfach. Zusammengeklappt kann man das Rad im Gepäckfach verstauen. Es zählt dann als Gepäck und kostet nichts. Bei E-Bikes hat die Bahn eine besondere Regel: Man darf sie mitnehmen, allerdings ist das Laden der Akkus im Zug verboten. Ersatz-Akkus fürs E-Bike dürfen nicht mitgenommen werden, da sie nicht fest verbaut als Gefahrgut eingestuft werden.
Ganz nebenbei: Darum geht’s im nächsten Beitrag
Der nächste Beitrag der Sommerserie erscheint am Donnerstag, 1. August. Klaus Dammann erzählt darin, wie der Dischinger Hartmut Müller sich ganz nebenbei seit 43 Jahren ehrenamtlich bei der Feuerwehr für den Dienst am Nächsten einsetzt.
Radfahren in der Fußgängerzone
Nebenbei bemerkt hat HZ-Autorin Karin Fuchs auf ihren Fahrradtouren, dass Radfahren in der Fußgängerzone in manchen Städten – anders als in Heidenheim – durchaus erlaubt ist, und das Miteinander von Fußgängern und Radfahrern gut funktioniert. Zum Beispiel in Regensburg, wo trotz kleiner Altstadt-Gassen und Trauben von Touristengruppen und Stadtführungen die gesamte Fußgängerzone freigegeben ist für Radfahrer. Dort geht es meistens deutlich enger zu als in Heidenheim. Mit gegenseitiger Rücksicht kommen Fußgänger und Radfahrer gut miteinander klar.