Bratwurst, Bier. Musik und Hüpfburg – und das bei bestem Wetter. Wer nur zufällig am Maifeiertag am Lokschuppen vorbeikam, hätte annehmen können, es würde, wie an vielen anderen Orten im Landkreis, fröhlich gefeiert.
Wer aber den Demonstrationszug vom Voith-Werksgelände in die Innenstadt sah, wer die Reden hörte, dem wurde schnell klar, dass die Kundegebung zum Tag der Arbeit in Heidenheim ernste Themen zu bieten hatte. Zentral: der geplante Arbeitsplatzabbau bei TDK und die ebenfalls geplante Verlagerung der Großturbinen-Produktion bei Voith nach Österreich.
Nicht nur plakativ machten die Arbeitnehmervertreter auf die Situation bei TDK aufmerksam. Florian Grandy, Betriebsratsvorsitzender beim Elektronik-Konzern, sprach angesichts des vorgesehenen Abbaus von 300 Stellen in Heidenheim von einem „Verrat an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten“ und kritisierte die „ignorante Haltung der Geschäftsführung“ gegenüber dem Betriebsrat.
Betriebsratsvorsitzender bei TDK: „Geht um mehr als um 300 Jobs“
Grandy und andere Redner sprachen davon, dass es nicht nur um 300 Jobs gehe. Es gehe um den Verlust von Kaufkraft. Letztlich gehe es auch um die Familien derjenigen, die vom Arbeitsplatzverlust betroffen seien. „Wir wollen die 300 Arbeitsplätze erhalten, benötigen dazu aber auch die Unterstützung der Politik. Helft uns und Voith“, so der Appell des Betriebsratsvorsitzenden.
Zur Situation bei Voith sagte Betriebsrat Horst Dusek: „Trotz höchsten Auftragseingans und zu erwartenden Umsatzrekorden steht unsere komplette Fertigung der Großturbinen mit rund 70 Beschäftigten vor der Schließung.“ Damit soll, nach knapp 100 Jahren Produktion an der Brenz, eine Verlagerung nach Österreich einhergehen. Aktuell stehe man in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, es seien Arbeitsgruppen gebildet und externe Berater hinzugezogen worden. Der Unternehmensspitze wurde vorgeworfen, dass diese das Know-how verschenke. „Die Belegschaft kann das Vorhaben der Geschäftsführung nach wie vor nicht nachvollziehen“, so Dusek.
Maifeiertag steht unter dem Motto: mehr Lohn, Freizeit und Sicherheit
Der Tag der Arbeit 2024 stand unter dem Motto: mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit. Dorina Beck, Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes, forderte angesichts sinkender Tarifbindung und anstehenden Herausforderungen bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. „Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich aus ihrer sozialen Verantwortung. Deshalb brauchen wir jetzt eine Tarifwende. Gemeinsam machen wir uns für eine höhere Tarifbindung stark. Denn sie bringt viele Vorteile – mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, sichere Zukunftsaussichten, mehr Lebensqualität“, sagte die DGB-Kreisvorsitzende.
Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich aus ihrer sozialen Verantwortung
Dorina Beck, Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes
Am Maifeiertag, so Beck, gelte es, die Errungenschaften der Vergangenheit zu würdigen. Jüngst hätten Erfolge in den Tarifrunden erzielt werden können. Aktuell stehe man aber in schwierigen Verhandlungen bei Verdi und der IG Bau.
Redner erklärt Inflation mit Spätzle-Packung
Gastredner bei der Kundgebung zum Maifeiertag war Martin Gross, Landesbezirksleiter von Verdi. Zuerst habe ihn das Motto „mehr Lohn, Freizeit und Sicherheit“ irritiert. Schließlich werde Sicherheit derzeit nur mit Militär in Verbindung gebracht. Schnell sei ihm aber klar geworden, dass es auch um soziale Absicherung gehe.
Gross sprach im Lokschuppen von einer „Monster-Inflation“, die zu einer großen Herausforderung für die Gewerkschaften in den Tarifrunden geworden sei. Statt mit Zahlen erklärte er den Kaufkraftverlust mit zwei Packungen Spätzle: Nach zwei Jahren Inflation könne man sich 30 Prozent weniger leisten. „Es soll aber so sein, dass man sich 100 Prozent leisten kann und noch einen Schuss Soße obendrauf“, so Gross.