Das sind die nächsten Schritte beim Bau der Versuchsanlage
Nach einem sieben Monate dauernden Verfahren hat das Regierungspräsidium in Stuttgart die Genehmigung für den Bau einer Versuchsanlage auf dem Gelände des Zementwerks Schwenk in Mergelstetten erteilt. Das Konsortium CI4C besteht aus den Unternehmen Buzzi Unicem-Dyckerhoff, Heidelberg Cement AG, Vicat S.A. und Schwenk. Die Zementhersteller wollen ein Verfahren testen, mit dem reines CO2 gewonnen werden kann, das dann wiederum als Rohstoff verwendet wird.
450 Tonnen pro Tag CO2 am Tag
„Die Anlage, für deren Errichtung und Betrieb wir über 120 Millionen Euro investieren werden, nutzt erstmals das sogenannte Pure-Oxyfuel-Verfahren zur CO2-Abscheidung“, so Jürgen Thormann, technischer Geschäftsführer der CI4C GmbH & Co KG. Gebaut wird in Mergelstetten eine eigene Drehofenlinie mit einer Produktionskapazität von 450 Tonnen pro Tag, die ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient.
Das Büro- und Leitstandsgebäude für die Versuchsanlage wird derzeit im Modulbau errichtet. Bis Ende November werden die einzelnen Module mit Schwertransportern angeliefert und vor Ort montiert, danach werden die Gebäude ausgebaut. Parallel dazu beginnt der Hauptanlagenlieferant Thyssen Krupp Industrial Solutions mit der Einrichtung der Baustelle für die Drehofenanlage. Dies bedeutet nach Auskunft der Schwenk-Pressestelle, dass erste Erdaushubarbeiten für die Ofenfundamente stattfinden.
Turm wird 60 Meter hoch
Anfang 2023 seien die Betonarbeiten für das Fundament geplant, so Firmensprecherin Laura Schleicher. Ebenfalls in der ersten Jahreshälfte 2023 soll damit begonnen werden, den ca. 60 Meter hohen Vorwärmerturm für die Anlage zu bauen. Von der eigentlichen CO2-Abscheideanlage wird frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2023 etwas zu sehen sein.
Die Inbetriebnahme der Versuchsanlage ist für Mitte 2024 geplant. „In vielen Industriezweigen, etwa bei der Herstellung von Düngemitteln, Treibstoffen oder kunststoffbasierten hygienischen Medizinprodukten, wird Kohlenstoff benötigt“, so Ralf Hölscher, kaufmännischer Geschäftsführer von CI4C. Bislang werde dieser Kohlenstoff fast ausschließlich aus fossilen Energieträgern wie beispielsweise Erdöl gewonnen. „Wir wollen das mit unserer Pure-Oxyfuel-Anlage abgeschiedene CO2 künftig nutzen, um mit Hilfe erneuerbarer Energien synthetische Kraftstoffe herzustellen“, sagt Hölscher.
Zügiges Genehmigungsverfahren
Das CI4C-Konsortium kooperiert dazu auch eng mit dem Land Baden-Württemberg. Damit werde ein bedeutender Schritt in Richtung klimaneutraler Zementherstellung getätigt, sagt Regierungspräsidentin Susanne Bay. Dank der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten sei ein zügiges Genehmigungsverfahren möglich gewesen. Vorbereitende Baumaßnahmen waren bereits ab Juni genehmigt worden, da es auch keine Einwendungen in dem öffentlichen Verfahren gab. Das Konsortium hatte die Bürgerinnen und Bürger bereits im Juli 2021 zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Mergelstetten eingeladen und im Nachgang alle dabei aufgetauchten Fragen ausführlich beantwortet. Diese können nach wie vor unter catch4climate.com nachgelesen werden.
Die Entstehung von Kohlenstoff ist bei der Entsäuerung von Kalkstein, dem wichtigsten Rohstoff für Zement, unvermeidlich, weil es sich um einen chemischen Prozess handelt. Die Zementhersteller setzen nun darauf, im Brennofen durch die Zuführung von reinem Sauerstoff an Stelle von Luft den CO2-Anteil in der Abluft zu vergrößern, um daraus reinen Kohlenstoff zu gewinnen. Dieser soll dann wiederum als Rohstoff dienen. Durch dieses spezielle Herstellungsverfahren ist damit zu rechnen, dass die Herstellung des Klinkers teurer wird, da zusätzlicher Strom benötigt wird für die Gewinnung des reinen Sauerstoffs aus der Luft und für die Verflüssigung des abgeschiedenen CO2. Um wie viel die Herstellungkosten steigen, soll unter anderem auch beim Pilotprojekt herausgefunden werden.
Wenn der Forschungszweck erfüllt ist, wird die Anlage in Mergelstetten voraussichtlich wieder abgebaut werden. Die Unternehmen des Konsortiums rechnen damit, dass die Ergebnisse aus der Pilotanlage danach in die bestehende Produktion übernommen werden oder neue Anlagen auf Basis der Erkenntnisse gebaut werden. Die Produktionskapazität der Versuchsanlage ist aber zu klein, um auf Dauer wirtschaftlich betrieben zu werden.