Kommentar

Der Traum vom urbanen Viertel in Heidenheim

Der Wunsch, ein besonders innovatives Quartier ausgerechnet im Haintal zu bauen, hat in Heidenheim noch nie funktioniert. Jetzt wäre es an der Zeit, ihn aufzugeben, meint HZ-Redakteurin Silja Kummer.

Neuer Bebauungsplan, neues Glück: So könnte man ein wenig flapsig beschreiben, was in Sachen Haintal gerade passiert ist. In Heidenheim gibt es ein potenzielles Baugebiet, das seit 20 Jahren brachliegt und nun im Rahmen dieses Bebauungsplans wieder zu einer Nutzung kommen könnte. Der Wunsch, dass genau in diesem Quartier etwas Besonderes entstehen soll, eine Mustersiedlung, ein innovatives Viertel, liegt wie ein Fluch über dem Gelände. Denn geklappt hat es bisher noch nie, weder mit „Klein-Zürich“ in den 1950er- noch in den 1970er-Jahren, und der letzte Anlauf, ein urbanes studentisch angehauchtes Viertel wie in Tübingen oder Freiburg zu schaffen, fand nicht einmal mehr Bauwillige.

Weder urban noch studentisch

Am Willen des Gemeinderats, und das über viele Jahrzehnte hinweg, scheiterte das Vorhaben noch nie. Vielleicht eher an den vorhandenen Gegebenheiten: Heidenheim ist höchstens zwischen Schloss-Arkaden und Eugen-Jaekle-Platz urban, und seine Studentinnen und Studenten haben auch keine Zeit, ihr Leben in Kneipen und Cafés zu verbummeln, weil sie dual studieren und eigentlich schon im Arbeitsleben stehen.
Dazu kommt noch die topografische Lage des Haintals: Der Wind pfeift von Ost nach West hindurch, im Norden und Süden liegen bewaldete Hänge. Um in die Innenstadt zu kommen, braucht man Auto, Bus oder Fahrrad. Ach ja, eine der wichtigsten Ortsverbindungsstraßen führt auch noch mitten hindurch. Wer ein innovatives, teures Bauprojekt anstrebt, wird es vermutlich nicht genau dort umsetzen wollen, sondern sich ein attraktiveres Plätzchen suchen.

Der aktuelle Versuch der Bebauung soll auf konventionelle Art erfolgen, sprich: für Bauträger interessant sein, deren Geschäft der Verkauf von Wohnungen ist. Sie werden weder besonders sexy noch dekorativ bauen, sondern so, dass das Geld, das sie investieren, einen möglichst großen Ertrag abwirft. Das ist legitim und schafft Wohnraum, aber den Traum vom ganz besonderen Wohngebiet kann man nicht gleichzeitig noch träumen. Wenn man eine möglichst heterogene Bevölkerung dort haben will, wird es nicht ohne Reihen-, Ketten- oder Tiny-Häuser gehen. Denn nicht jeder will in einer Wohnung leben, und nicht jeder, der ein Haus baut, will das in Aufhausen oder Großkuchen tun.

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