Deshalb verlässt Pfarrerin Eva-Maria Busch die Zinzendorfgemeinde in Heidenheim
Niemals geht man so ganz, heißt es so schön. Und weiter: Irgendwas von mir bleibt hier. Ein Songtext, den sich Pfarrerin Eva-Maria Busch mit Fug und Recht zu eigen machen könnte, wenn sie in wenigen Tagen Abschied von der evangelischen Zinzendorfgemeinde nimmt. Vieles von dem, was sie in den vergangenen sieben Jahren initiiert oder zusammen mit anderen umgesetzt hat, wird Bestand haben.
Und wer mit offenen Augen durch die Oststadt geht, merkt schnell, was Busch an diesem Wohnquartier schätzt: ein buntes, bisweilen lebhaftes Multikulti-Milieu, in dem viele verschiedene Nationalitäten miteinander leben. „Es wird mir fehlen“, sagt die 64-Jährige, „dass nach einem warmen Sommerregen Kinder zwischen den Vonovia-Bauten spielen und mir fröhlich etwas zurufen.“
Der eigenen Überzeugung gefolgt
Busch ist eine in mancherlei Hinsicht unkonventionelle Pfarrerin. Bunt, wie das Völkchen um sie herum. Nicht jedem, den sie der bürgerlichen Mitte und der evangelischen Tradition zurechnet, möge das gefallen haben, räumt sie ein. Der nicht selten zu spürende Gegenwind habe sie jedoch nicht umzuwerfen vermocht: „Es ist doch nicht wichtig, ob jemand Tattoos oder lackierte Fingernägel hat, sondern dass man für die Menschen da ist. Und darum habe ich mich immer bemüht.“ Immer, das heißt 38 Dienstjahre lang. Die gehen mit dem offiziellen Rentenbeginn am 1. Oktober zu Ende. Und damit ein beruflicher Weg, der einer klaren Maßgabe folgte: Die Kirche darf nicht auf Traditionen beharren, sondern muss sich ständig die Frage stellen, ob sie von den Menschen noch als Ansprechpartner wahrgenommen wird. „Man muss das Ohr immer auf dem Asphalt haben“, nennt Busch das.
Kontakt zu den Menschen stand im Vordergrund
Die großen christlichen Kirchen haben in der jüngeren Vergangenheit viel von ihrer einstigen Anziehungskraft eingebüßt. Busch verfügt über kein Patentrezept, wie sie sich zurückgewinnen lässt. Aber sie hat eine Mahnung parat: In alle Häuser gehen und den Kontakt zu allen Menschen halten. Die von ihr geleitete Kirchengemeinde zeichne genau dieses Verhalten aus – im Zusammenspiel mit anderen Akteuren wie dem Kinderschutzbund und der Stadt.
Nun aber ist es Zeit, nicht mehr jeden Tag Vollgas zum Wohle der Gemeinde zu geben, sondern das Augenmerk stärker auf die eigene Gesundheit zu richten: „Ich lebe seit 50 Jahren mit Epilepsie und muss starke Medikamente einnehmen. Jetzt braucht mein Körper einfach mehr Pflege.“ Finden will Busch die nötige Ruhe in Zang, wohin sie mit ihrem Mann ziehen wird.
Latein war entscheidend für Berufswahl
Geboren wurde Busch in Marburg an der Lahn, aufgewachsen ist sie in Stuttgart, und hier fiel ungewöhnlich früh die Entscheidung in Sachen Berufswahl. Ihr Vater schickte sie aufs Gymnasium, und auf die Frage, was sie denn mit Latein anfangen solle, führte er zwei Alternativen an: Ärztin oder Pfarrerin. Die Aussicht, es mit blutenden Wunden zu tun zu haben, machte der Elfjährigen die Entscheidung einfach. „Und das, obwohl ich aus keinem christlichen Elternhaus kam“, so Busch.
Weil ein Lebensmittelladen und Gärtnereien versorgt werden mussten, wurde am Wochenende gearbeitet und nicht der Gottesdienst besucht, „ich war auch nie in der Kinderkirche“. Ihr Theologiestudium in Tübingen und Wien zog sie gleichwohl in der kürzest möglichen Zeit durch, „denn ich brannte für diesen Beruf“.
Zunächst arbeitete sie in Ötisheim, anschließend ging sie als Seelsorgerin zu den Evangelischen Jugendheimen nach Heidenheim. Es folgte der Wechsel nach Weidenstetten und Ettlenschieß, wo sie sich eine Pfarrstelle mit ihrem Mann teilte. Als dieser als Religionslehrer an der Kaufmännischen Schule in Heidenheim begann, wechselte sie nach Zang und 2016 dann zur Zinzendorfgemeinde. Überall galt für sie: „Ich habe nicht als Pfarrerin gearbeitet, ich war Pfarrerin.“
Busch hört gerne Rockmusik, beispielsweise ACDC und Metallica. Ihr derzeitiger Lieblingstitel stammt allerdings von Led Zeppelin: Kashmir. Darin findet sich die Zeile: I will return again – Ich werde wiederkommen. Auch das eine Aussage, von der Busch bestimmt Gebrauch macht. Denn ab und an wird sie wohl auch im Ruhestand in der Oststadt vorbeischauen. Schließlich meint sie zu wissen, „dass mir genau diese Gemeinde fehlen wird, weil ich mit ihr in all den Jahren theologisch und von der Entwicklung her den weitesten und fruchtbarsten Weg gegangen bin“.
Verabschiedung am 8. Oktober im Gemeindehaus
Eva-Maria Busch wird am Sonntag, 8. Oktober, ab 11 Uhr im Rahmen eines interreligiösen Erntedankgottesdienstes, an dem auch ein Imam der Moscheegemeinde und Pfarrer Tuan Anh Le von der katholischen Seelsorgeeinheit Heidenheim teilnehmen, im Zinzendorf-Gemeindehaus in den Ruhestand verabschiedet. Bereits entschieden ist über die Nachfolge von Eva-Maria Busch: Im November soll eine junge Kollegin ins Pfarrhaus einziehen.