Kommunalstammtisch

Warum die Landkreise Heidenheim und Dillingen vor ähnlichen Herausforderungen stehen

Beim 94. bayerisch-württembergischen Kommunalstammtisch zeigt sich, dass die Gemeinden der Landkreise Heidenheim und Dillingen beiderseits der Landesgrenze vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Über die angespannte Haushaltssituation und die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung.

Eine angespannte Haushaltssituation bei gleichzeitig immer weiter steigendem Aufgabenumfang und die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in einem ländlichen Raum waren die beiden Themenschwerpunkte am Donnerstagabend im Wirtshaus „Zum Ochsen“ in Nattheim. Zum mittlerweile 94. Mal trafen sich die Landräte beider Landkreise und mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

Er wolle zwar jetzt nicht mit der großen Weltpolitik anfangen, so Heidenheims Landrat Peter Polta, „aber gestern war schon ein spannender Tag, von Amerika über Berlin“, vor dem Hintergrund der Wahl Donald Trumps zum nächsten Präsidenten der USA und der Entlassung des Finanzministers Christian Lindner durch den Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit Blick auf die Auswirkungen der großen Politik beispielsweise auf die kommunalen Finanzen konstatiere er momentan eine „Lähmung beim Gestaltungswillen“.

Kommunale Selbstverwaltung gefährdet

Was auf Länder- und Bundesebene passiere, sei „nicht gut“ und die Basis, also die Landkreise und deren Gemeinden „müssen es dann richten. Die Kohle fehlt – jetzt sage ich’s wirklich drastisch. So kann es nicht weitergehen“, sagte Polta zur finanziellen Ausstattung der Kreise und deren Kommunen. Sein bayerischer Kollege Markus Müller ergänzte, dass man momentan „von Tag zu Tag lebe, angesichts der vielen Themen und Herausforderungen“. Seit 25 Jahren würden neue Gesetze und Leistungen beschlossen, die man nun nicht mehr bezahlen könne. Er sehe deshalb die kommunale Selbstverwaltung in Bayern „am Scheideweg“.

Eine dieser Herausforderungen ist die angespannte Situation der kommunalen Haushalte. Peter Polta erwähnte in diesem Zusammenhang die Vorfinanzierung des Ausbaus der Brenzbahn und nannte die Zahl von 133 Millionen Euro, „die ich quasi auftreiben darf“. Die Haushalte des Landkreises seien in den letzten Jahren zunehmend defizitär geworden. Den Verteilungskampf zwischen Bund und Ländern spüre man auf Kreisebene dann beispielsweise bei Themen wie Asyl, wo man 1,3 Milliarden Euro benötige, vom Bund aber nur 229 Millionen zugebilligt bekomme.

„Der Bund kommt seiner Verantwortung nicht nach.“

Landrat Peter Polta

Zudem stiegen die Ausgaben für die Pflege, die Eingliederungshilfe für Behinderte und auch die für die Jugendhilfe. „Und wir haben weitere Kostensteigerungen im Bereich des ÖPNV und Mobilität“, so Polta. Und natürlich durfte in diesem Zusammenhang auch nicht der Verweis auf die ungenügende Finanzausstattung für das Klinikum des Landkreises fehlen, dem Haupttreiber der angespannten Haushaltslage. Hier steige das Defizit auf 10,9 Millionen und man sei dazu gezwungen, das Eigenkapital aufzubrauchen, sagte der Landrat.

Auch das die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister direkt betreffende Thema der Kreisumlage sprach Peter Polta an. Deren Höhe betrug vor Jahren noch 32 Prozent, nun soll sie auf Vorschlag der Verwaltung auf 37,5 Prozent ansteigen. Werfe man das „Schreckgespenst der mittelfristigen Finanzplanung an die Wand“, so Polta, dann werde man irgendwann in naher Zukunft bei einer Kreisumlage von über 44 Prozent angelangt sein, wenn der Bund und das Land die Kreise und Kommunen nicht auskömmlich finanziell ausstatteten. Man sei strukturell unterfinanziert, „der Bund kommt seiner Verantwortung nicht nach“.

Kostenfaktor Klinikum: Die Ausgaben für das Heidenheimer Klinikum gehen mittlerweile zulasten des Eigenkapitals des Landkreises, da Bund und Land ihrer finanziellen Verantwortung nicht gerecht werden. Foto: René Rosin

Ein Thema, das auch bei den bayerischen Nachbarn große Sorgen auslöst. Im Bezirk Schwaben betrage das strukturelle Defizit etwa 250 Millionen Euro, im vergangenen Jahr habe man noch über eine Rücklage von 100 Millionen Euro verfügt, „die wurden innerhalb nur eines Jahres aufgebraucht“, so Landrat Markus Müller. Auch die bayerischen Nachbarn diskutieren mittlerweile eine Erhöhung der Bezirksumlage um acht Prozent. Was für den Landkreis Dillingen eine Summe von etwa zehn Millionen Euro bedeuten würde.

Eine ähnliche Unterfinanzierung im Gesundheitsbereich wie im Landkreis Heidenheim gibt es auch bei den bayerischen Nachbarn, „sogar noch ein Stück weit heftiger, das sprengt sämtliche Haushalte“, so Müller. Dort betreibt man nicht nur ein Krankenhaus, sondern zwei. Diese Standorte wolle man auch halten, allerdings müsse man verändern, konzentrieren und spezialisieren. Die Umsetzung neuer Investitionen stelle man deshalb erst einmal zurück, momentan werde lediglich geplant. Geld ausgegeben werden soll dann, wenn wieder welches verfügbar ist. „Wir sind optimistisch, dass es irgendwann wieder besser wird“.

Wohl kein Endlager in Gundremmingen

Ein weiteres Thema, das beide Landkreise eng miteinander verbindet, ist das Atommüll-Zwischenlager in Gundremmingen und die Suche nach einem Endlager. Hier konnte der Kommunalstammtisch kaum besser terminiert werden, hatte sich doch gerade Anfang der Woche herauskristallisiert, dass die Landkreise Heidenheim und Dillingen mit etwa 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht als Standort für ein Endlager infrage kommen. Allerdings beharrten die Bürgermeister auf einer besseren Sicherung der derzeit im Zwischenlager aufbewahrten Castoren.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar