Vier Aufführungstermine

Die Suche nach Bedeutung: Neues Jugendprojekt „Nichts“ im Naturtheater Heidenheim

Was ist im Leben wichtig? Nichts? Diese Frage diskutieren zwölf Jugendliche im Naturtheater Heidenheim. An vier Aufführungsterminen zeigt das Jugendstück „Nichts“ eine Spirale aus psychischer und physischer Gewalt.

Was bleibt eigentlich, wenn nichts bleibt? Eine Frage, der sich die Philosophie nicht erst seit gestern widmet. Und eine Frage, welche die dänische Schriftstellerin Janne Teller bereits vor 25 Jahren in ihrem Jugendbuch „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ thematisiert hat. Eine Antwort darauf sucht nun auch das Naturtheater Heidenheim. Ob es eine findet? Davon kann man sich ab dem 4. April selbst überzeugen.

„Nichts“ ist ein Jugendprojekt des Naturtheaters. Ein solches hat es auf dem Schlossberg schon länger nicht mehr gegeben. Vier Aufführungen, Eintritt auf Spendenbasis, die kleine Bühne des Theatercafés. Die Rahmenbedingungen für „Nichts“ sind fast so minimalistisch wie der Werktitel. Doch hinter dem Projekt steckt alles andere als Nihilismus – nämlich ganz schön viel Leidenschaft.

Das Team hinter „Nichts“: (von links) Julian Törke, Sara Boger und Josephine Eckle. Foto: Rudi Penk

Josephine Eckle, Sara Boger und Julian Törke führen bei dem Stück Regie. Alle drei inszenieren damit zum ersten Mal. Was als interner Workshop begann, entwickelte sich rasch zu dem Wunsch, ein speziell auf die Jugend des Vereins zugeschnittenes Stück aufzuführen. „Dass es ‚Nichts‘ wird, war uns relativ schnell klar“, erzählt Julian Törke. Im Rahmen des Workshops sei es jedoch weniger um das Stück an sich gegangen, und mehr darum, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Art „Werkzeugkasten“ an die Hand zu geben. Die Rollenfindung – sie ist dem Regie-Trio besonders wichtig gewesen.

Denn „Nichts“ ist kein leichter Stoff: Darin proklamiert der Schüler Pierre Anthon eines Tages, dass nichts in der Welt etwas bedeute. Er bleibt dem Unterricht fern und stellt gegenüber seinen Schulkameraden sämtliche, von denen für selbstverständlich gehaltenen Wertesysteme infrage. Die Schulklasse versucht daraufhin, Pierre Anthon vom Gegenteil zu überzeugen. Sie sammelt Dinge zusammen, die etwas bedeuten. Was folgt, ist ein intensives Spiel, infolgedessen Werte hinterfragt, Grenzen überschritten und Opfer gebracht werden. Eine Spirale psychischer und physischer Gewalt tut sich auf.

Minimalistische Inszenierung im Naturtheater Heidenheim

„Vieles in dem Stück stellen wir abstrahiert dar“, sagt Törke. Der „Berg der Bedeutung“, der in „Nichts“ aus zunehmend größeren Opfern entsteht, wird im Naturtheater durch schlichte Hocker dargestellt. Ein neues Fahrrad, ein Gebetsteppich, ein Kindersarg samt Inhalt und nicht zuletzt die Unschuld einer der Charaktere landen auf diesem „Berg der Bedeutung“. Weil es sich bei letzterer Opfergabe essenziell um eine Vergewaltigungsszene handelt, hat das Regieteam laut Josephine Eckle darauf geachtet, dass dabei sämtliche Beteiligten über 18 sind. Die Altersspanne des Ensembles erstreckt sich von 14 bis 21 Jahren.

„Bei der Rollenfindung ging es auch um Identitätsfindung. Das macht viel mit dem Ensemble“, berichtet Eckle. Herauszukristallisieren, wie sich Rolle und Schauspieler trennen lassen, sei dabei ein wichtiger Aspekt gewesen. Jener Schauspieler, der den Vergewaltiger mimt, wird für Feedback dementsprechend nur mit seinem Rollennamen angesprochen, auch auf eigenen Wunsch.

Uniform und minimalistisch: Bühnen- und Kostümbild des Inszenierung von „Nichts“. Foto: Rudi Penk

Bei der Inszenierung greift das Regieteam tief in die Minimalismus-Kiste. Neben den Hockern findet sich auf der Bühne lediglich eine kleine Treppe; sämtliche Ensemblemitglieder sind uniform in Weiß gekleidet – wohl ein Versuch, den Stoff von „Nichts“ in das Jahr 2025 zu hieven. „Es ist eine zeitlose Thematik. Was passiert, wenn man die Bedeutung wegnimmt? Das spricht Jugendliche auch heute noch an“, ist sich Sara Boger sicher.

Während der rund einstündigen Aufführung sind sämtliche Akteure dauerhaft auf der Bühne präsent. Niemand geht ab, niemand kann aus seiner Rolle herausschlüpfen. „Eigentlich ist das ein ganz guter Trick, um das Energielevel nicht zu verlieren“, so Boger. Eckle ergänzt: „Das ist wichtig, um der Thematik gerecht zu werden.“

„Nichts“ im Naturtheater Heidenheim: vier Aufführungen

Vier Aufführungen von „Nichts – Was im Leben wichtig ist“ gibt im Naturtheater: am 4., 5., 11. und 12. April, jeweils ab 20 Uhr im Theatercafé. Karten können vorab per Mail an vorverkauf@naturtheater.de reserviert werden. Der Eintritt zum Stück erfolgt auf Spendenbasis.