Pflege, Flucht, Teilhabe, Wohngeld

Diese vier Aufgaben dominieren die Sozialausgaben im Landkreis Heidenheim

Mit knapp 94 Millionen Euro will der Landkreis Heidenheim hilfsbedürftige Menschen im Jahr 2024 unterstützen. Dass die Ausgaben steigen, liegt an den Krisen weltweit aber auch an Entwicklungen vor Ort.

Diese vier Aufgaben dominieren die Sozialausgaben im Landkreis Heidenheim

Wohngeld, Hilfen für Geflüchtete, Pflegeleistungen für alte, kranke Menschen, bessere Teilhabe von Behinderten bei Arbeit, Bildung und Alltag: All das sind Ausgaben, die der Bund beschließt, und die vor Ort von den Landkreisen bewilligt und ausbezahlt werden müssen. Viele der Ausgaben werden von Bund- und Land erstattet, ein kleiner Teil davon bleibt jedoch am Landkreis hängen.

Der Bildungs- und Sozialausschuss des Kreistags hat das geplante Sozialbudget von 93,7 Millionen Euro für das kommende Jahr einstimmig bewilligt, bohrte jedoch vor allem in Sachen Migrationsbelastungen nach. Sozialdezernent Matthias Schauz stellte den Sozialetat in seinen Eckpunkten vor. Neun Millionen Euro höher fällt das Budget aus als im laufenden Jahr. Laut Schauz fließt allerdings noch mehr Geld, das aber an anderer Stelle verrechnet werden muss und deshalb nicht im Sozialetat auftaucht. Der Kreishaushalt umfasst rund 211 Millionen Euro, der Sozialetat hat den größten Anteil daran.

1. Der größte Posten: die Eingliederungshilfe

Der Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen ist mit einem Aufwand von 41,5 Millionen Euro mit Abstand der größte Ausgabenposten im Sozialetat und fällt um 4,5 Millionen Euro höher aus als laufenden Jahr. Dass die Ausgaben stetig steigen, liegt am Bundesteilhabegesetz, das seit 2020 greift und für Menschen mit Behinderung das Recht auf Unterstützung besser als zuvor sichert. Die Fallzahlen steigen seitdem an. Mit 1096 Fällen sind es 100 mehr als vor der Gesetzesänderung. Aufgrund dieser Verbesserungen rechnet Schauz mit einer weiteren Steigerung der Fallzahlen.

2. Migration und ihre Auswirkungen auf den Sozialetat

Bei den sozialen Leistungen für Flüchtlinge rechnet der Landkreis mit Aufwendungen von 5,2 Millionen Euro für das kommende Jahr, das meiste wird von Bund und Land erstattet, eine Million Euro bleiben beim Landkreis hängen. In den zurückliegenden zwei Jahren wurden im Landkreis Heidenheim fast 2.000 Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Aktuell seien im Landkreis rund 2.100 ukrainische Flüchtlinge registriert, die größtenteils auch in Unterkünften der Städte und Gemeinden sowie in Privatunterkünften lebten.

Hat der Landkreis genügend Wohnraum für die Geflüchteten?

Welche Auswirkungen die Migration auf den Landkreis hat, dazu hakte SPD-Fraktionsvorsitzender Rainer Domberg nach und bekam von Landrat Peter Polta Antworten. „Bis Ende Februar habe ich kein Bauchweh“, so Polta. Nur falls die Fallzahlen plötzlich explodieren würden, könne es knapp werden. Der Landkreis sei ständig auf der Suche nach Unterkunftsmöglichkeiten, doch sei die Suche schwieriger als bei der Flüchtlingswelle in den Jahren 2015 und 2016. Alle zwei Wochen treffe sich eine Task-Force, um die Situation zu bewerten und zu reagieren. „Aber bei allen Ankündigungen auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene, da muss jetzt mal ein Knopf hin“, sagte Polta hinsichtlich fehlender Entscheidungen zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms.

Woher kommen die Geflüchteten?

Während zu Beginn des Jahres der Flüchtlingszustrom überwiegend aus der Ukraine kam, hat sich das Verhältnis umgekehrt. Seit September dominieren Asylbewerber aus anderen Herkunftsstaaten, die meisten davon stammen aus der Türkei, gefolgt von Syrien, Afghanistan und dem Irak. In den vergangenen zwei Monaten hätten sich die Zuweisungen von Asylbewerbern an die Landkreise verdoppelt. Bis August musste der Landkreis pro Monat jeweils rund 20 Geflüchtete aufnehmen, seit September hat sich diese Zahl auf 40 verdoppelt.

3. Hilfe zur Pflege: Mittelfristig steigende Fallzahlen

5,9 Millionen Euro hat der Landkreis für die Hilfen zur Pflege für das Jahr 2024 veranschlagt. Derzeit pendelten sich die Fallzahlen zwischen 450 und 470 ein. Das statistische Landesamt rechnet laut Schauz mit einem Zuwachs von Pflegebedürftigen von 2021 bis 2040 von 25 Prozent. Diese Entwicklung werde sich bei den Landkreis-Leistungen für die Hilfe zur Pflege auswirken. Die Ausgaben hierfür sind in den vergangenen Jahren aber erst einmal etwas gesunken. Das liegt laut Schauz daran, dass die Pflegekasse zum Beispiel bei der Heimunterbringung je nach Aufenthaltsdauer mehr Geld zuschieße als früher. Dennoch reicht das laut Schauz nicht aus: „Für eine nachhaltige Entlastung der Pflegebedürftigen bedarf es weiterer grundlegender Verbesserungen in der Pflegeversicherung.“

4. Leistungen für Unterkunft und Heizung steigen

Der Landkreis rechnet damit, dass die finanzielle Unterstützung bedürftiger Menschen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um 1,5 Millionen Euro ansteigen werden auf rund 16,5 Millionen Euro. Einen Teil dieser Leistungen erhalten auch die Geflüchteten aus der Ukraine, da sie nicht Asylleistungen, sondern Bürgergeld bekommen. Schauz veranschaulichte dies anhand von Zahlen: Zum 30. September bekamen rund 1.200 ukrainische Geflüchtete in 500 Bedarfsgemeinschaften Leistungen des Job-Centers, die deshalb Zuschüsse für Unterkunft und Heizung bekämen.

Wie viele Ukrainer haben über das Job-Center Arbeit gefunden?

Da die ukrainischen Geflüchteten dem Job-Center zugeordnet sind und statt Asylleistungen Bürgergeld erhalten, dürfen sie auch arbeiten. Doch die Jobvermittlung hält sich laut Auskunft von Sozialdezernent Matthias Schauz in Grenzen, im Moment stünden immer noch die Sprachkurse im Vordergrund, bevor eine Vermittlung Sinn mache.

Ungefähr 30 Personen seien laut Auskunft des Jobcenters bislang in Arbeit vermittelt worden. „Mit Abschluss der Sprachkurse gehen wir davon aus, dass die Vermittlung deutlich an Fahrt aufnimmt.“  Die Landkreisverwaltung sei schon immer der Auffassung gewesen, dass die Integration in den Arbeitsmarkt eine Zeitlang dauern werde, so der Landrat. „Dass es eine große Entlastung war auf dem Fachkräftemarkt, kann man bislang nicht konstatieren.“

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