100 Jahre Naturfreunde Mergelstetten

Diese Ziele hat der Vorsitzende Werner Wagenblast

Vor 100 Jahren wurden die Naturfreunde Mergelstetten gegründet. Der Vorsitzende Werner Wagenblast hat klare Vorstellungen, wie noch viele weitere dazukommen sollen.

Diese Ziele hat der Vorsitzende Werner Wagenblast

Seit 2001 ist Werner Wagenblast Mitglied bei den Mergelstetter Naturfreunden. 2012 übernahm der heute 60-Jährige den Vorsitz des Vereins. So sieht er dessen Historie und Zukunft.

Naturfreunde. Der Name klingt etwas antiquiert und idealistisch zugleich. Stimmen Sie mir zu, Herr Wagenblast?

Ja, Sie haben recht. Uns gibt es ja wirklich schon sehr lange. Und wir sind von allem ein bisschen was: Natur, Umwelt und sanfter Tourismus liegen uns am Herzen. Außerdem bedeutet uns der Umgang miteinander sehr viel. Unser Logo spiegelt das sehr schön wider: drei Alpenrosen und zwei sich haltende Hände.

Viele Vereine klagen über Nachwuchssorgen. Wie sieht das bei Ihnen aus?

2012 hatten wir 100 Mitglieder, jetzt sind es ungefähr 150. Das ist eine Entwicklung, die uns sehr freut. Wir haben wegen Corona niemanden verloren, sondern viele neue Mitglieder gewonnen. Darunter ganze Familien, die hergezogen sind.

Und das trotz der Pandemie-Beschränkungen?

Genau. Wir hatten ein Jahresprogramm aufgestellt, um etwas in der Hand zu halten. Absagen kann man schließlich immer noch. Als absoluter Renner hat sich dann unser Backhaus erwiesen. Wir hatten es im Februar 2020 fertiggestellt, dann kam Corona. Und wissen Sie, was passiert ist? Die Leute reichten den mitgebrachten Teig einfach übers Gartentor, und zwei Naturfreunde haben dann mit genügend Abstand gebacken.

Hat sich niemand beschwert?

Nein, und in dieser Hinsicht gab es auch keine Kompromisse. Das gilt ebenso fürs Clubhaus auf dem Erbisberg. Normalerweise gibt es dort 65 Sitzplätze. Wir nahmen aber vorübergehend Tische raus, Laufwege wurden festgelegt, Impfdokumente und Ausweise kontrolliert. Und die Gäste mussten sich in Listen eintragen.

Wie alt sind Ihre Mitglieder?

Der Durchschnitt liegt bei 50 Jahren, der Älteste ist 92. Manche sind fast von Geburt an dabei. Ein gutes Beispiel ist die Familie unseres Gründungsobmanns Karl Joas. Seine Tradition führen seine Ururenkelinnen, ein Urenkel, eine Urenkelin und eine Enkelin fort.

Sie erreichen also auch die Jungen. Was machen Sie besser als andere?

Uns sind Offenheit und Toleranz besonders wichtig. Deshalb verstecken wir uns nicht hinter einer mannshohen Hecke und schließen das Gartentor zu. Nein, unser Haus ziert ein großer Schriftzug, und in einem Schaukasten gibt es Informationen über uns und Fotos von unseren Aktivitäten. Außerdem wird niemand vollgequatscht. Meine Intention ist es vielmehr, dass wir die Leute mit unserem Angebot überzeugen. Ganz nach dem Motto: alles für die Gäste.

Was meinen Sie konkret?

Von April bis September ist regelmäßig Betrieb auf unserer Boulebahn. Es geht um den Spaß, und mitmachen können alle, die Lust darauf haben. Zwischen Oktober und März gibt es an jedem ersten Freitag Spieleabende. Dazu kommen Vorträge, Büchervorstellungen, Wanderungen, Nordic Walking und vieles mehr.

Das klingt, wie ich eingangs sagte, ziemlich traditionell …

… was ja auch stimmt. Aber wir sind gleichzeitig flexibel und gehen auf den Geist der Zeit ein. Schon 2009 haben wir zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage gebaut. Wir setzen uns für sanften Tourismus ein und wenden uns gegen den fortschreitenden Flächenfraß. Es kann doch nicht sein, dass immer mehr Logistikhallen in die Landschaft gesetzt werden. Für manche ist auch interessant, dass wir die Ausbildung zum Wanderleiter, Skilehrer und Bergführer finanziell fördern.

Wie wollen Sie den Nachwuchs dauerhaft begeistern?

Anders als früher ist in unserem Jahresprogramm auch etwas für Kinder geboten. Wir haben zum Beispiel zusammen ein neues Insektenhotel gebaut, und jetzt folgt eine Trockenmauer für Insekten. Es gibt einen Naschgarten mit Beerensträuchern, wir veranstalten Heideputzeten und waren in und an der Brenz unterwegs. Die Kinder sollen erleben, was dort lebt, und worauf wir alle aufpassen müssen.

100 Jahre sind ein stolzes Alter. Gab’s zwischendurch auch mal Ermüdungserscheinungen?

Ja, die hatte unser Verein natürlich auch. Aber wir unternehmen wie schon gesagt viel, um Leute zu uns ins Haus zu holen. Dafür braucht man immer neue Ideen. Und deshalb lege ich viel Wert darauf, dass die Ausschussmitglieder Vorschläge äußern, wenn sie welche haben.

Welche Pläne haben die Naturfreunde für die Zukunft?

Ein großes Ziel ist, dass wir die Jungen bei der Stange halten, nachdem sie mit 27 aus der Familienmitgliedschaft rausgefallen sind. Bei uns ist grundsätzlich jeder willkommen, der unsere Statuten anerkennt. Es gibt eigentlich nur eine Ausnahme.

Welche?

Wenn jemand ganz linke oder ganz rechte Parolen vertritt, dann ist er draußen.

Kam das schon einmal vor?

Ja, 1976 kam es innerhalb der Jugendgruppe zu Turbulenzen. Weil sich zwei in eine politisch extreme Richtung bewegt hatten, war ein Ausschluss nötig. Glücklicherweise musste in all den Jahren nur einmal von diesem Mittel Gebrauch gemacht werden.