Reinhard Püschel sitzt seit 2004 im Heidenheimer Gemeinderat. Bekanntheit über die Stadtgrenzen hinaus hat er vor allem als Unikum erlangt: Der 72-Jährige ist landesweit einziger Vertreter der DKP in einem Kommunalparlament. Er fordert beharrlich einen Gratis-ÖPNV, Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und einen Armutsbericht ein. Ein Mann der lauten Worte ist er gleichwohl nicht und fällt nach Einschätzung vieler eher unter die Kategorie Hinterbänkler. Seiner Motivation tut das mit Blick auf die Kommunalwahl am 9. Juni keinen Abbruch. Warum ist das so?
Herr Püschel, was treibt Sie an: Trotz oder Überzeugung?
Püschel: Auf keinen Fall Trotz. Es ist ausschließlich meine Überzeugung.
Woher rührt die?
Sozial engagiert war ich schon immer. Während des Putsches in Chile 1973 leistete ich gerade meinen Ersatzdienst in der Hansegisreute. Mit Vertretern der Friedensbewegung war ich damals auf der Straße und habe dabei auch erste Kontakte zur DKP geknüpft. Später arbeitete ich 15 Jahre lang im DKP-Büro, nachdem ich wegen meiner Parteimitgliedschaft meinen Job verloren hatte.
Die DKP hat in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Mitglieder verloren. Dennoch erreicht sie in Heidenheim regelmäßig so viele Menschen, dass sie seit 1975 im Gemeinderat vertreten ist. Wie erklären Sie sich das?
Wir hatten in Heidenheim mal 90 Mitglieder. Heute sind wir noch 21. Aber wir waren und sind sehr aktiv. Einmal im Monat sind wir mit einem Infostand zu einem bestimmten Thema in der Fußgängerzone vertreten. Vor einigen Jahren noch haben wir außerdem Monat für Monat 8.000 Exemplare unserer Zeitung „Blickpunkt“ verteilt, heute sind es deutlich weniger. Grundsätzlich sind wir immer nah an der Bevölkerung dran.
Heißt konkret, …
…, dass wir uns zum Beispiel um Menschen kümmern, die von Mieterhöhungen betroffen sind. Einmal haben wir dabei herausgefunden, dass diese rechtlich gar nicht in Ordnung waren. Die Leute wissen also, dass wir für sie da sind, und sie honorieren das bei einer Kommunalwahl, bei der sie deutlich mehr Stimmen verteilen können, als bei einer Bundestagswahl.
Ihr Durchhaltevermögen in allen Ehren. Aber ist nicht irgendwann der Punkt erreicht, an dem dieses „Einer-gegen-alle“ im Gemeinderat keinen Spaß mehr macht, zumal man als Einzelkämpfer ja nicht die Rechte einer Fraktion hat?
Das ist schon so, da haben Sie vollkommen recht. Als wir zusammen mit der Linken eine Fraktion hatten, konnten wir uns die Aufgaben teilen. Von den Reden bis zu den Ausschusssitzungen. Heute muss ich das halt alleine machen.
Parteien und Gruppen sämtlicher politischer Richtung berichten zumindest unter der Hand von Problemen, genügend Bewerberinnen und Bewerber für die Kommunalwahl im Juni zu finden. Wie sieht das bei der DKP aus? Vor der Wahl 2019 hatte es in einer Pressemitteilung geheißen, es sei „gesellschaftlich immer noch nicht anerkannt, bei den Kommunisten zu kandidieren“.
Bisher stehen 15 Namen auf unserer Liste. Acht davon sind DKP-Mitglieder. Ich hoffe, dass am Ende 20 Personen für die DKP kandidieren. Wir haben bis zur Abgabe der Liste ja noch bis Ende März Zeit. Probleme haben wir damit, junge Bewerberinnen und Bewerber zu finden.
Treten Sie selber wieder an?
Ja, natürlich.
Warum? Es kann doch keinen Spaß machen, wenn einem ständig Vorbehalte begegnen und die eigene Partei vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wird.
Das spielt keine Rolle. Wir dürfen einfach nicht aufgeben, weil, wie schon gesagt, viele darauf bauen, dass wir uns im sozialen Bereich für sie einsetzen. Und ich persönlich darf nicht aufgeben, weil ich nun mal die meisten Stimmen bringe. Man sollte auch nicht außer Acht lassen: Falls wir wieder hineinkommen, sind wir 2025 ununterbrochen 50 Jahre lang im Heidenheimer Gemeinderat vertreten. Das wäre dann schon eine stolze Leistung.
Wie sieht Ihr persönliches Ziel für die Wahl aus? Vor fünf Jahren haben Sie immerhin mehr Stimmen erhalten als sechs andere der insgesamt 33 Gewählten.
Ich hoffe sehr, dass wir uns wieder einen Sitz sichern. Sollten es zwei werden, wäre das natürlich umso besser. Wir kandidieren jedenfalls nicht, um eben bei der Wahl dabei zu sein. Wir wollen schon auch in den Gemeinderat hinein.
In diesem Jahr können erstmals bereits 16-Jährige gewählt werden. Wie finden Sie das?
Ich finde das sehr gut. Es geht im Gemeinderat schließlich um Dinge, die die ganze Stadt betreffen, also auch die Jungen. Und vielleicht bewirkt die Änderung des Wahlrechts ja, dass sich mehr von ihnen engagieren. Im Übrigen: 16-Jährige sind keine Kinder mehr.
Sollte es andererseits eine Altersobergrenze für Kommunalparlamentarier geben?
Nein. Sonst könnten viele Qualifizierte nicht mehr kandidieren, und mit ihnen würde viel Erfahrung verloren gehen.
1974 in die DKP eingetreten
Reinhard Püschel ist seit 1974 Mitglied der DKP und gehört dem Vorstand der Heidenheimer Ortsgruppe an. Der gelernte Schlosser kandidierte auch schon für den Landtag und stand auf der Landesliste für den Bundestag. Erster DKP-Stadtrat in der Geschichte Heidenheims war Ulrich Huber. Zweimal war die Partei bisher mit einem Duo im Gemeinderat vertreten. In wechselnder Besetzung bildeten dieses Huber, Püschel, Günter Bauder und Wilhelm Benz.
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