Die Amerikaner haben entschieden: Der Republikaner und Rechtspopulist Donald Trump wird neuer Präsident des mächtigsten Landes der Welt werden. Das Ergebnis der Wahl beschäftigt die ganze Welt – auch Heidenheim. Welche Konsequenzen das Wahlergebnis nach sich ziehen könnte und welche Emotionen das hervorruft, berichten verschiedene Heidenheimer Stimmen.
Besonderheiten des amerikanischen Wahlsystems
Trumps Wahlsieg verdeutlicht die Besonderheiten des amerikanischen Wahlsystems: Durch das „Electoral College“ haben Wähler in kleineren Staaten proportional mehr Einfluss als in bevölkerungsreichen Staaten, und der Präsident kann gewinnen, auch wenn er insgesamt weniger Stimmen erhält. Das „Winner-Takes-All“-Prinzip in den meisten Bundesstaaten verleiht entscheidenden „Swing States“ besonderes Gewicht.
Heidenheimer US-Bürger sind enttäuscht
John-Charles Simon, Vorstandsvorsitzender des Heidenheimer Dienstleistungs- und Handelsvereins (H.D.H) und der Clever Group AG, ist in Kalifornien geboren und lebt inzwischen seit 60 Jahren in Deutschland. Er ist US-Staatsbürger, hat aber seit knapp zwei Monaten die doppelte Staatsbürgerschaft. Auch er hat bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl von Heidenheim aus teilgenommen. Im Interview mit der HZ verrät er, dass er für Trumps Kontrahentin Kamala Harris (Demokraten) gestimmt hat.
Diese Wahl habe er vor allem getroffen, weil er in Europa lebe. „Ich hätte mir für Europa und die allgemeine internationale Situation gewünscht, dass Kamala gewinnt“, so Simon. Trotzdem sei die amtierende Vizepräsidentin für ihn nur das kleinere Übel gewesen. Er könne verstehen, dass die Amerikaner Trump gewählt haben – auch durch Erfahrungen seiner Verwandten in den USA. Die Wirtschafts- und Immigrationsprobleme hätten in den letzten Jahren überhandgenommen. Die Regierung unter Kamala Harris und Joe Biden hätte zu wenig gegen die ungesicherten Grenzen getan und sei allgemein nicht handlungsstark gewesen, so Simon.
Kritik am Wahlsystem und den Kandidaten
Mit dem Ergebnis der Wahl ist Simon, obwohl er sich grundsätzlich eher mit den Republikanern als mit den Demokraten identifiziere, alles andere als zufrieden. „Ich kann Trump absolut nicht leiden und finde ihn als Präsidenten ungeeignet. Trotzdem muss ich das Ergebnis akzeptieren, da die Mehrheit der Amerikaner ihn gewählt hat“, so Simon. Enttäuscht ist er vor allem von der Auswahl der Kandidaten: „Wie kann es sein, dass in einem Land mit über 300 Millionen Einwohnern, wo es viele studierte Menschen gibt und das es bis auf den Mond geschafft hat, ausgerechnet zwei so ungeeignete Leute ins Rennen geschickt werden?“ Ein Wahlsystem nach deutschem Vorbild, welches Koalitionen ermöglicht, halte er für die Vereinigten Staaten geeigneter als das bisherige.
Stimmen aus der Heidenheimer Politik
Auch Leni Breymaier (SPD), Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Aalen-Heidenheim, ist erschüttert von Trumps Sieg: „Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in den USA hat Donald Trump gewählt, einen verurteilten Straftäter und Sexisten.“ Außerdem meint sie: „Diese Wahl ist ein Desaster für die Idee der Demokratie, für unsere transatlantische Partnerschaft und nicht zuletzt für die Frauen in der ganzen Welt.“
Der neue US-Präsident sei die Verkörperung der „Ellenbogen-Politik“, sowohl in den USA wie auf der Weltbühne. Über die wirtschaftliche Zukunft ihres Wahlkreises äußert sich Breymaier folgendermaßen: „Wir in Heidenheim und der Region leben gut vom internationalen Handel und unserer Stärke in der Exportwirtschaft. Unseren Wohlstand aus Handel und Export zu sichern, wird nach dieser Wahl eine weitere Herausforderung. Doch sind wir stark, innovativ und kreativ. Wir werden das meistern.“
Ähnlich sieht das auch Roderich Kiesewetter (CDU), der ebenfalls als Abgeordneter den Wahlkreis Aalen-Heidenheim im Bundestag vertritt: „Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ist auch für unsere Region in diesen schwierigen Zeiten sehr wichtig.“ Weitere Sorgen würden ihm Trumps Forderung nach Zöllen machen: „Setzt er dieses Versprechen nach massiven Zöllen auf Importprodukte um, müssen wir mit Reaktionen anderer Staaten rechnen. Das würde auch unseren regionalen US-Exporteuren schaden und das globale Wirtschaftswachstum senken. Gleichzeitig würde die Inflation steigen.“
Der deutliche Wahlsieg von Donald Trump zeigt, dass 350 Mio. US-Amerikaner nicht mehr für die Sicherheit von 450 Mio. Europäer verantwortlich sein wollen. Um die transatlantischen Beziehungen auf neue Beine zu stellen, muss Europa eine gemeinsame Stimme finden und mehr leisten.… pic.twitter.com/7hs8JqyHjW
— Roderich Kiesewetter🇪🇺🇩🇪🇮🇱🇺🇦 (@RKiesewetter) November 6, 2024
undefined
Die Meinungen gehen auseinander
Auf Anfrage der HZ zur Zukunft der Heidenheimer Unternehmen äußerte sich Thilo Rentschler, Hauptgeschäftsführer der IHK, wie folgt: „Die deutsche Wirtschaft ist stark von den Handelsbeziehungen mit den USA abhängig. Eine erneute Verschärfung der Handelspolitik könnte schwerwiegende Folgen für unsere Unternehmen haben. Es ist daher im Interesse beider Länder, eine stabile und faire Handelsbeziehung aufzubauen und zu pflegen.“
Weniger dramatisch sieht das Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim. Schmunzelnd äußerte er sich RTL+ gegenüber: „Gerade in der jetzigen Zeit ist es in Amerika vielleicht so: Man braucht einen Mann mit Führungsstärke, mit Profil, der eine klare Meinung hat, die muss vielleicht nicht immer richtig sein, die muss man auch nicht verstehen, (…) es gab eine Wahl und die hat einer gewonnen und am Ende hat er sie verdient gewonnen.“
Verschiedene Heidenheimer Unternehmen waren weniger auskunftsfreudig. So äußerte sich der für den Landkreis Heidenheim zuständige Pressesprecher der Firma Zeiss, die selbst Standorte in den USA hat, folgendermaßen: „Die Carl Zeiss AG und ihre verbundenen Unternehmen äußern sich als zur Carl-Zeiss-Stiftung gehörende Gruppe grundsätzlich nicht zu Parteien und Wahlen. Das Stiftungsstatut regelt die politische und weltanschauliche Neutralität. Zeiss kommentiert Wahlausgänge nicht und spekuliert auch nicht über deren mögliche Auswirkungen.“
Zurückhaltung und Sorge vor Verurteilung
Die HZ hat viele weitere Heidenheimer Akteure, Sportler und Unternehmer für ein Statement zur US-Wahl angefragt. Diese wollten sich jedoch nicht äußern und begründeten das größtenteils damit, dass sie sich allgemein nicht zu politischen Themen äußern würden. Andere hingegen hatten Angst, für ihre Meinung verurteilt zu werden. Ein Heidenheimer mit amerikanischen Wurzeln gab sich in einem 25-minütigen Interview mit der HZ deutlich als Trump-Unterstützer zu erkennen. Er traf dabei unter anderem Aussagen zum Thema Abtreibung und Frauenrechte. Nachdem das Interview beendet war, zog er alle seine Aussagen zurück, sodass diese im Text nicht verwendet werden konnten.
So eindeutig war das Ergebnis der US-Wahl
Das Wahlergebnis für Donald Trump fiel bei der US-Wahl 2024 deutlich aus: Er erreichte 295 Wahlleutestimmen, weit über der erforderlichen Mehrheit von 270, um die Wahl zu gewinnen. Dieses Ergebnis zeigt, dass er viele der entscheidenden „Swing States“ für sich gewinnen konnte, die oft über den Wahlausgang entscheiden. Im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2020, deren Ergebnis erst nach mehreren Tagen feststand, wurde Trump diesmal bereits am Tag nach der Wahl zum Sieger erklärt.