Stiftung gegründet

Vom Verein zur Stiftung: Warum der „Freundeskreis für Wohnungslose Heidenheim“ trotz Auflösung nicht aufgibt

Der Verein „Freundeskreis für Wohnungslose Heidenheim“ unter dem Dach der Caritas macht aus der Not – Personalmangel auf Vereinsebene – eine Tugend und überführt seinen Verein in eine gemeinnützige Stiftung. Warum das ein besonderes Modell ist:

Vom Verein zur Stiftung: Warum der „Freundeskreis für Wohnungslose Heidenheim“ trotz Auflösung nicht aufgibt

Wenn sich ein Verein auflösen muss, ist das für seine Mitglieder oftmals die dunkelste Stunde. Wenn jedoch zusätzlich Menschen außerhalb des Vereins auf dessen Unterstützung angewiesen sind, kann eine Auflösung mitunter prekär sein. Mit diesem Problem kämpft etwa der Verein „Freundeskreis für Wohnungslose Heidenheim“. Dieser musste vor fast genau einem Jahr einen Schlussstrich ziehen. Um die Betreuung der Wohnungslosen trotzdem fortsetzen zu können, haben sich die Beteiligten etwas einfallen lassen.

Die nun gegründete Stiftung „Heimat schenken – wohnungslos ist nicht hoffnungslos“ soll Abhilfe schaffen. Die offizielle Urkunde wurde kürzlich vom Regionalleiter der Caritas Markus Mengemann und der Geschäftsführerin der Caritas-Dachstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart Angelika Hipp unterzeichnet. Über die Stiftung könne künftig um Spenden geworben und Geld eingelegt werden. Das bisherige Vereinsvermögen geht in das Stiftungskapital über. „Ich glaube, so haben wir alle miteinander einen schönen und guten Weg gefunden, um eure tolle und erfolgreiche Arbeit problemlos weiterführen zu können“, sagte Mengemann zu den anwesenden Mitgliedern des Freundeskreises.

Personalmangel im Verein führt zu Auflösung

Notwendig geworden war dieser Schritt aufgrund eines Umstands, unter dem in letzter Zeit immer mehr Vereine zu leiden haben: Es fehlt an Personal, das die Vereinsarbeit übernehmen kann oder möchte.

Der ursprüngliche Verein „Freundeskreis für Wohnungslose Heidenheim“ wurde im September 2016 gegründet. Allerdings hatten sich bereits ab dem Jahr 1998 – nach dem Umzug der zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose in den „Ottilienhof“ – ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Betroffene gekümmert. In den dortigen Räumlichkeiten wurde den Wohnungslosen nicht nur eine Wärmestube, sondern auch Duschmöglichkeiten angeboten.

Nach dem Umzug 2005 in das Haus der Wohnungslosenhilfe in der Nördlinger Straße erweiterte der Freundeskreis sein Betreuungsangebot um eine Notschlafstelle, die man von der Stadt Heidenheim übernahm. Hinzu kamen eine Essensausgabe und die Unterstützung bei Freizeitaktivitäten wie beispielsweise einem Frauentreff, einem Männertreff, Kegelabende, Sommerfeste, Weihnachtsfeiern, Patenschaften sowie Krankenhausbesuchsdienste.

Diözese Rottenburg-Stuttgart unterstützt Heidenheim

Die ursprüngliche Vereinsleitung hatte sich nach drei Jahren nochmals zur Wiederwahl gestellt, allerdings mit der klaren Ansage seitens Vorstands, dass dies aus Altersgründen ihre letzte Legislaturperiode sein würde. Die Suche nach Nachfolgern blieb erfolglos, „das ist uns einfach nicht gelungen“, so Markus Mengemann. Konsequenz: Der Verein wurde zum Stichtag 31. Dezember 2022 aufgelöst, „eine Veranstaltung mit Wehmut“, erinnert sich der Regionalleiter. Bis zum 31. Dezember dieses Jahres befindet sich der Verein in Liquidation.

Infolge dieser Entwicklung zeigte sich Mengemann erleichtert darüber, dass man diese Stiftung nun nicht einmal selbst gründen müsse, „weil das natürlich auch Arbeit ist“. Denn die Verwaltung übernimmt die Dachstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart „Lebenswerk Zukunft“. „Großartig für uns, dass die Dachstiftung uns unterstützt“, wie Mengemann sagte.

So eine Stiftung sei ein „schlankes und gutes Instrument“, um das Engagement der Wohnungslosenhilfe sichtbar machen und deren Finanzen gut und korrekt verwalten zu können, sagte Angelika Hipp. Der Dachverband wurde vor 20 Jahren gegründet und ist selbst eine rechtlich selbstständige Stiftung. Er ermöglicht über das Modell einer Treuhandstiftung oder eines Treuhand-Stiftungsfonds soziales Engagement in der Diözese an verschiedenen Standorten zu unterschiedlichen sozialen Themen.

Für das, was sie vorhaben, ist es das charmanteste und passendste Modell.

Angelika Hipp, Geschäftsführerin Caritas-Dachstiftung

Die Heidenheimer Stiftung ist dabei eine von nur drei Stiftungen, die sich um den Bereich Armut und Wohnungslosigkeit kümmert, „schon eine sehr besondere Ausrichtung“, wie Hipp sagte. „Eine ganz wichtige Ausrichtung, die unsere Stifterfamilie bereichert“, ergänzte die Geschäftsführerin der Dachstiftung noch. Sämtliche Fragestellungen rund um die Vermögensanlage des circa 70.000 Euro umfassenden Stiftungsvermögens sowie die Wahrnehmung der Berichtspflichten an das Finanzamt würden zukünftig von der Treuhänderin, also der Dachstiftung, übernommen, sagte Hipp. „Sie können sich also ganz ihren inhaltlichen Themen zuwenden“.

Bei der Heidenheimer Stiftung handle es sich um ein besonderes Modell, wie Hipp erläuterte. „Heimat schenken – wohnungslos ist nicht hoffnungslos“ ist nicht als Ewigkeitsstiftung, sondern als Verbrauchsstiftung angelegt. Das heißt, sollte tatsächlich einmal das Stiftungskapital gänzlich aufgezehrt sein, dann gibt es auch die Stiftung nicht mehr. „Für das, was sie vorhaben, ist es das charmanteste und passendste Modell. So können sie alle Mittel, die sie einwerben, perspektivisch in die Umsetzung der inhaltlichen Arbeit einbringen“. Die Dachstiftung mische sich nicht in die inhaltliche Ausgestaltung der Stiftungsarbeit ein, betonte Hipp.

Zahl der Wohnungslosen steigt

Die Wohnungslosigkeit in Heidenheim ist in den letzten Jahren nicht nur größer geworden, sondern hat sich auch strukturell verändert, sagte Caritas-Regionalleiter Markus Mengemann. Früher seien Wohnungslose häufig noch Durchreisende gewesen. „Heutzutage sind es Menschen, die im Landkreis wohnungslos werden“. Nach Angaben von Wolfgang Lohner, Leiter der Caritas-Wohnungslosenhilfe Ostwürttemberg, betreut man pro Jahr zwischen 150 und 200 Menschen ohne festen Wohnsitz, „die von Ort zu Ort reisen“. Dazu kämen geschätzt 300 bis 400 Menschen, die von der Stadt Heidenheim ordnungsrechtlich untergebracht würden.

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