Therapie als letzte Chance

Eingebrochen und Haus verwüstet: 29-jähriger Heidenheimer muss ins Gefängnis

Wegen seiner Drogen- und Alkoholsucht brach ein 29-Jähriger über ein eingeschlagenes Fenster in ein Haus in der Heidenheimer Weststadt ein. Warum die Familie noch heute unter den Folgen leidet.

Der materielle Schaden von mehreren tausend Euro ist das eine. Viel schwerer wiegen aber die psychischen Folgen für eine Heidenheimer Familie, bei der am zweiten Weihnachtsfeiertag letzten Jahres eingebrochen wurde. Der 29-jährige Täter, der in Hand- und Fußfesseln direkt aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, musste sich jetzt vor dem Heidenheimer Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Rainer Feil verantworten.

Es war später Abend, als die Familie von einem Verwandtenbesuch in ihr Zuhause in der Heidenheimer Weststadt zurückkehrte. Dass etwas nicht stimmt, sei ihnen sofort klar gewesen, weil in allen Zimmern des Hauses Licht brannte, berichtete der Familienvater vor Gericht. Im Innern bot sich der Familie ein chaotisches Bild: Sämtliche Schränke standen offen, Kleidungsstücke und Gegenstände lagen überall verstreut, Schubladen waren durchwühlt. Selbst am Kühlschrank hatte sich der Einbrecher bedient und die Möbel mit Essen verschmutzt.

Der Täter sei über ein eingeschlagenes Fenster einer Gästetoilette ins Haus eingestiegen und über die Terrassentür geflüchtet, vermutete der Geschädigte. Das müsse sehr kurz vor ihrer Ankunft gewesen, da die Tür weit offen gestanden habe, das Zimmer aber noch nicht ausgekühlt gewesen sei. Außerdem habe seine Tochter noch ihre AirPods-Kopfhörer orten können, die der Einbrecher neben vielen anderen elektrischen Geräten und Schmuck gestohlen habe. Die Familie alarmierte die Polizei, die auch sofort die Spuren des Einbruchs sicherte.

Der Angeklagte gab die Tat auch vollumfänglich zu. Den Entschluss für den Einbruch habe er spontan gefasst. Er sei auf dem Heimweg von einem Kumpel gewesen. „Ich war schon besoffen und unter Drogen“, so seine Begründung. Mit dem Verkauf der gestohlenen Sachen habe er seine Sucht finanzieren wollen. In der Untersuchungshaft habe er bereits mit einer Suchtberatung begonnen, sein Ziel sei eine stationäre Therapie. Er entschuldigte sich bei der Familie für seine Tat: „Ich habe da eine Grenze überschritten.“

Täter hatte Kreditkarten aus dem Einbruch im Geldbeutel

Der Familienvater hatte emotional geschildert, dass der mentale Schaden, den seine Familie durch den Einbruch erlitten habe, immer noch tief sitze. Und auch Richter Feil hatte den Angeklagten mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Einbruch für die Opfer gravierende Folgen habe. Das Sicherheitsgefühl, dass man normalerweise in den eigenen vier Wände habe, sei nachhaltig beschädigt.

Aufgeflogen war der Angeklagte, als ihn wenige Tage nach der Tat eine Polizeistreife im Bahnhofsbereich kontrollierte und in seinem Geldbeutel Kreditkarten fand, die aus dem Einbruch stammten. Dass er zudem noch einen Schlagring dabei hatte, brachte dem 29-Jährigen gleich noch die nächste Anzeige ein. Bei der späteren Durchsuchung einer Wohnung in Schnaitheim, in der der Angeklagte kurzzeitig wohnte und noch Sachen gelagert hatte, konnten die Beamten dann sogar noch einige der gestohlenen Gegenstände sicherstellen.

Heidenheimer stand schon mehrmals vor Gericht

Im Laufe der Verhandlung kam zur Sprache, dass Drogen und Alkohol im Leben des jungen Heidenheimers schon seit vielen Jahren eine große Rolle spielen und der soziale Abstieg ihn zuletzt in die Wohnsitzlosigkeit geführt hatte. Dabei hatte er mit einem Realschulabschluss zunächst gute berufliche Aussichten, trat auch eine Lehre an, die er aber kurz darauf abbrach und nur noch von Gelegenheitsjobs lebte. Stabilität fand er in einer Beziehung, doch als diese zerbrach, ging es steil bergab. Der Drogenkonsum nahm zu und ab 2019 stand der junge Mann regelmäßig vor Gericht, unter anderem wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Betrugs.

Bis August 2022 musste er eine Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verbüßen. Daraus gelernt hatte er offenbar nichts. Im Mai 2023 das nächste Urteil wegen Diebstahls. Die Freiheitsstrafe von fünf Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt und dem jungen Mann auferlegt, dass er eine Suchtberatung in Anspruch nehmen muss. Passiert ist das allerdings nicht und er verstieß damit gegen die Bewährungsauflage. Damit hatte der Angeklagte quasi schon zu Beginn der aktuellen Verhandlung eine Haftstrafe von fünf Monaten auf dem Zettel.

Staatsanwalt zweifelt am Weg aus der Drogensucht

Hinzu kamen jetzt der Einbruch sowie der Diebstahl eines Trennschleifers aus einem Innenhof an der Brenzstraße im September 2023 und zwei Vorfälle, bei denen der Angeklagte Wodkaflaschen in Supermärkten gestohlen hatte.

Am Ende hielt der Staatsanwalt dem Angeklagten vor, dass sich seine Taten immer weiter gesteigert haben: „Wo soll das enden, kommt nächstes Mal ein Raub?“ Es bleibe abzuwarten, ob er diesmal seine Drogensucht wirklich angehe oder es wieder bei einem Lippenbekenntnis bleibe. Der Staatsanwalt forderte er eine Haftstrafe von drei Jahren.

Der Einbruch sei „alles andere als professionell“ gewesen und eine Folge der Drogen- und Alkoholsucht seines Mandanten, argumentierte der Verteidiger. Zudem erkenne der Mann, was er der Familie mit seiner Tat angetan habe. Der Anwalt plädierte auf eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren und bat um die Möglichkeit einer stationären Therapie für den Angeklagten.

Das Schöffengericht verurteilte den 29-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Hinzu kommen noch fünf Monate aus der widerrufenen Bewährung. Allerdings hat der Angeklagte bereits fünf Monate in Untersuchungshaft verbracht.

Richter rät eindringlich zur Therapie als letzte Chance

Richter Feil riet dem Angeklagten, sich in der Haft dringend um eine Suchtherapie zu kümmern: „Wenn Sie aus Ihrem Leben noch was machen wollen, müssen Sie jetzt etwas ändern.“ 

In die stationäre Therapie könnte der 29-Jährige gegebenenfalls direkt aus der Haft wechseln, wenn seine Reststrafe nur noch zwei Jahre beträgt. Es bestünde dann sogar die Möglichkeit, dass nach beendeter Therapie die noch verbliebene Haftzeit zur Bewährung ausgesetzt wird.

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