Als der Heidenheimer Gemeindewahlausschuss die offiziellen Wahlvorschläge für die Wahl der Ortschaftsräte in Großkuchen, Kleinkuchen, Rotensohl und Nietheim veröffentlichte, stand fest: Erstmals seit vier Legislaturperioden konkurrieren hier wieder zwei verschiedene Wahllisten um die Gunst der Wählerinnen und Wähler. Gibt es bislang im Ortschaftsrat nur die Liste der Freien Wählervereinigung, tritt nun bei der Wahl im Juni eine weitere Liste mit dem Namen „Zukunft Großkuchen“ an.
Diese Liste umfasst neun Kandidatinnen und Kandidaten, auf der Liste der Freien Wählervereinigung stehen die Namen von zehn Kandidaten. Insgesamt hat der Ortschaftsrat zehn Sitze. Initiiert wurde die neue Liste von Vera Wolf, die in Kleinkuchen lebt und bereits für Bündnis 90/Die Grünen im aktuellen Heidenheimer Gemeinderat sitzt, für den sie auch bei der diesjährigen Kommunalwahl wieder kandidiert.
Sie werde in ihrer Funktion als Gemeinderätin ohnehin zu jeder Ortschaftsratssitzung geladen und sei dieser Einladung bislang auch immer gefolgt, „das ist mir tatsächlich wichtig“, so Wolf. Sie kann sich einen Sitz in beiden Gremien sehr gut vorstellen, zeitlich ließen sich die beiden Mandate im Heidenheimer Gemeinderat und im Großkuchener Ortschaftsrat für sie gut vereinbaren.
Kandidatur abgelehnt
Nun hätte Wolf für ihre Ortschaftsrats-Kandidatur nicht extra eine zweite Wahlliste ins Leben rufen müssen. Und das hatte sie ursprünglich auch gar nicht vor. Denn nachdem sie im letzten Jahr davon erfuhr, dass der jetzige Ortsvorsteher Josef Weber nach 27 Jahren sein Amt abgeben wolle, hatte sie sich an den jetzigen Ortschaftsrat, also die Freie Wählervereinigung gewandt. Sie bekundete ihr Interesse sowohl für eine Kandidatur für den Ortschaftsrat als auch für das der Ortsvorsteherin. „Und das kam nicht so gut“, musste Vera Wolf feststellen.
Denn sie kassierte eine Absage von der Freien Wählervereinigung. Genauer: „Von den beiden, die noch übrig geblieben waren von der alten Liste“, sagt Vera Wolf. Sie wollte dem bestehenden Ortschaftsrat eigentlich ihre Intentionen und Ideen vorstellen, „mit dem Angebot bin ich auf sie zugegangen. Und das haben sie nach sechs Monaten beraten und Aussitzen mit einem Zweizeiler schriftlich abgesagt“, erinnert sie sich. Und mittlerweile steht auch fest: Unter bestimmten Umständen würde auch Josef Weber noch einmal für das Amt des Ortsvorstehers kandidieren (mehr dazu siehe Kasten).
„Ok, wenn die mich nicht wollen, dann mache ich eine zweite Liste“.
Vera Wolf, Kandidatin
Vera Wolf hat nicht nachvollziehen können, dass sie als Interessierte an Kommunalpolitik sich nicht auf die Kandidatenliste für die Ortschaftsratswahl setzen lassen konnte, "dass die vorher entscheiden: Du passt zu uns und du passt nicht zu uns." Diese Vorausscheidung habe sie bereits 2019 nicht gut gefunden und habe sie jetzt „massiv gestört“. Die Lösung aus ihrer Sicht lautete also: „Ok, wenn die mich nicht wollen, dann mache ich eine zweite Liste."
Und so kam es dann auch. Pikanterweise findet man auf dieser zweiten Liste „Zukunft Großkuchen“ mit Bettina Schill auch den Namen einer Kandidatin, die zuletzt noch für die Freie Wählervereinigung im Ortschaftsrat gesessen hat. Als sie erfuhr, dass Wolf eine eigene Wahlliste aufstellen wird, habe Bettina Schill ihr gesagt: „Wenn du das machst, dann bin ich mit dabei“, erzählt Vera Wolf. Als einen „politischen Umzug“ will Bettina Schill ihren Wechsel von der Freien Wählervereinigung zur Liste „Zukunft Großkuchen“ dennoch nicht verstanden wissen. „Wir wollen ja alle das Gleiche: das Beste für Großkuchen.“
Mehr Auswahl auf dem Wahlzettel
Nichtsdestotrotz empfand sie den Umgang mit bestimmten Themen im Ortschaftsrat in den letzten Jahren als nicht zufriedenstellend. Das Verfahren rund um den Solarpark Kleinkuchen sei für sie dann der Anstoß gewesen, „den Blick anders zu lenken“. Man habe sich im Ortsteil von der Vorgehensweise der Stadtverwaltung „überfahren gefühlt“, so Schill. Zur Erinnerung: Das Planungsverfahren rund um den Solarpark in Kleinkuchen hatte für große Verstimmungen und auch Spaltungen in der Bürgerschaft sowie im Ortschaftsrat gesorgt.
Die Ablehnung an Vera Wolf durch die Freie Wählervereinigung unterschrieben hat damals Tobias Hafner. Der ist neben Thomas Launer der einzige Kandidat aus dem jetzigen Ortschaftsrat, der auch bei der Wahl in diesem Jahr wieder für die FWV-Liste kandidiert. Hafner macht aus seiner Einschätzung die Konkurrenz betreffend keinen Hehl.
„Diese zweite Liste, das ist meine persönliche Meinung, generiert sich hauptsächlich aus den absoluten Fotovoltaik-Gegnern“, sagt er und ergänzt: „‚Spaltung überwinden’ sehe ich eher nicht. Ich sehe eher, dass sich da jetzt ein zweites Lager bildet, das komplett dagegen ist“. Allerdings sieht auch er den Vorteil, dass eine zweite Wahlliste die Auswahlmöglichkeiten erhöht. „Aus Bürgersicht ist das absolut zu begrüßen.“
Auch die FWV nominiert eine Frau
Linda Striebel, die in der geheimen Abstimmung zur Kandidatenkür der FWV-Liste die meisten Stimmen erhielt und auf Listenplatz 1 gewählt wurde, stünde auch für den Posten der Ortsvorsteherin zur Verfügung. Sie mochte sich gegenüber der HZ allerdings nicht zu ihrer Kandidatur im Allgemeinen und zu einer Kandidatur für den Posten der Ortsvorsteherin äußern. Allerdings würde sie erst mit einem zeitlichen Abstand zur Wahl das Amt antreten wollen. Denn wie Tobias Hafner erklärte, sei der jetzige Ortsvorsteher Josef Weber bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen bereit, „sich nochmals zum Ortsvorsteher wählen zu lassen“. Nach einer Übergangszeit, die Striebel nutzen könnte, um das Amt besser kennenzulernen, würde Weber dann sein Amt niederlegen. Nach Ende dieser Übergangszeit würde sie sich dann zur Wahl stellen, so Tobias Hafner. Hafner selbst sowie Thomas Launer hatten zuvor mit Verweis auf ihr berufliches Engagement erklärt, nicht für den Posten des Ortsvorstehers zur Verfügung zu stehen.