Glasfaser-Ausbau #3

"Eine Katastrophe": Was ein Bürgermeister über die Bauarbeiten der BBV sagt

Die Breitbandversorgung Deutschland (BBV), die in Heidenheim und Giengen Glasfaser verlegen wird, ist bereits in anderen Kreisen tätig. Nicht überall klappt der Ausbau gut. Neckarbischofheims Bürgermeister Thomas Seidelmann ist verzweifelt.

"Eine Katastrophe": Was ein Bürgermeister über die Bauarbeiten der BBV sagt

Als er an die Baustelle gekommen ist, konnte er nicht glauben, was er da sieht. „Da liegt eine 20.000-Volt-Leitung und daneben sitzt jemand auf einem Bagger. Hätte er die Leitung erwischt, hätten wir hier Leichen gehabt“, so Thomas Seidelmann. Seidelmann ist Bürgermeister von Neckarbischofsheim und damit einer Gemeinde des Rhein-Neckar-Kreises, in dem die Breitbandversorgung Deutschland (BBV) bereits seit Jahren den Breitbandausbau vornimmt. Einem Unternehmenssprecher zufolge ist die BBV in Rheinland-Pfalz, Thüringen, Nordbayern und Baden-Württemberg aktiv, in Letzterem im Neckar-Odenwald-Kreis, in besagtem Rhein-Neckar-Kreis, im Enzkreis, im Kreis Heilbronn sowie im Main-Tauber-Kreis. Mehrere 100.000 Haushalte, so das Ziel, sollen in den kommenden Jahren schnelles Internet durch die BBV erhalten.

In Neckarbischofsheim hat die BBV vor zwei Jahren mit dem Ausbau begonnen. Im Juli dieses Jahres war Seidelmann zufolge noch keine einzige Baustelle fertig. „Und ich sehe da auch noch keinen Silberstreif am Horizont.“ Die vergangenen Monate haben Seidelmann jede Menge Nerven gekostet, er könnte sich „um Kopf und Kragen reden“, wenn es um die BBV geht. Die habe die Arbeiten an einen Generalunternehmer vergeben, der wiederum etliche Subunternehmen für den Ausbau angeheuert habe. „Am Ende arbeiten hier Menschen aus Litauen, Lettland oder sonst wo, die gar nicht fachkundig sind und sich in Gefahr begeben. Diese Mitarbeiter tun mir leid“, betont Seidelmann.

Dreckhügel aufgeschüttet und lange liegenlassen

Die Mängelliste des Ingenieurbüros, das die Kommune für den Ausbau sozusagen als Aufpasser engagiert hat, sei um die 100 Posten lang, all das müsse erst mal aufgearbeitet werden. Straßenzüge, die als fertig deklariert worden sind, müssten noch mal komplett neu gemacht werden. In der Rhein-Neckar-Zeitung finden sich Berichte von Dreckhügeln, die die Subunternehmer aufgeschüttet und nie weggeräumt hätten, und von Bauarbeitern, die zum Beschweren auf Rüttlern hin- und hergeschoben worden seien. „Das ist menschenunwürdig“, findet Seidelmann.

Er ist besorgt, dass die Kommune durch den BBV-Ausbau etliche Schäden davontragen werde, die früher oder später teuer bezahlt werden müssen. „Wir sind eine finanzschwache Gemeinde und müssen jetzt um jeden Punkt mit der BBV kämpfen“, beklagt er. Die Hauptschuld sehe er beim Generalunternehmer, die BBV habe aber auch nicht ausreichend kontrolliert, wie es vor Ort läuft. Aus dem Kooperationsvertrag mit der BBV wieder herauszukommen wäre schwierig geworden, sagt er, zudem sehe er auch keine bessere Alternative.
Neckarbischofsheim ist nur eine Kommune von vielen, natürlich ist nicht gesagt, dass es deshalb auch in Giengen oder Heidenheim Probleme geben wird. Dennoch: Was sagt die BBV zu den Vorfällen und wie gut vorbereitet ist der Ausbau in Heidenheim und Giengen? Unternehmenssprecher Olaf Urban-Rühmeier, mit Ausnahme zweier Fragen an Wolfgang Wölfle, gab folgende Antworten:

Warum kam es in Neckarbischofsheim und anderen Kommunen zu so vielen Problemen?

„Bei den dortigen Arbeiten haben Dienstleister nicht die vertraglich vereinbarte Qualität geliefert. Nicht zuletzt deshalb wurde die Zusammenarbeit mit bisherigen Auftragnehmern auf den Prüfstand gestellt. Dabei werden auch Verzögerungen, die bei einzelnen Projekten entstanden sind, analysiert. Ziel ist es, die Termintreue und Qualität weiter zu steigern und nicht zuletzt auch aus Fehlern zu lernen. Das betrifft auch die Verzögerungen beim Ausbau in Sinsheim.“

Wie konnten die Probleme gelöst werden und wird überall wie angedacht zu Ende gebaut?

„Grundsätzlich muss angemerkt werden, dass es in den letzten Jahren mehrere externe Einflüsse gab, die die Bautätigkeit erschwert haben. Durch die Corona-Krise wurden alle Planungsarbeiten auf Unternehmens- und Behördenseite verzögert. Der ohnehin bestehende Fachkräftemangel verschärfte sich durch die Krise. Die außenpolitische Lage seit 2022 hat darüber hinaus insbesondere Material- und Energiekosten in die Höhe getrieben, was für alle beteiligten Unternehmen eine große Herausforderung darstellte. Trotz dieser externen Einflussfaktoren werden die Arbeiten vertragsgemäß zu Ende geführt.“

Welche Unternehmen waren für den Ausbau im Neckar-Odenwald-Kreis und im Rhein-Neckar-Kreis von der BBV beschäftigt?

„Die Arbeiten in beiden Landkreisen dauern noch an. Wir arbeiten dort mit Unternehmen zusammen, mit denen zum Teil schon eine langjährige Partnerschaft besteht und mit denen wir auch weiterhin zusammenarbeiten wollen. Unsere Anforderungen an Qualität und Termintreue bleiben gültig.“

Wie können Sie Bilder wie dieses erklären, das am 12. Juli in der Rhein-Neckar-Zeitung abgedruckt worden ist und auf dem ein Mitarbeiter eine Maschine bei den Bauarbeiten mit seinem Gewicht beschweren muss?

„Grundsätzlich setzen wir auf höchste Qualitätsansprüche. Alle Unternehmen sind angehalten und vertraglich verpflichtet, dass alle Sicherheitsanforderungen eingehalten werden. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass Arbeitsschutzanforderungen eingehalten werden. Eine Bauaufsicht ist regelmäßig vor Ort. Nichtsdestoweniger gibt es selbstverständlich keine 24-Stunden-Kontrolle bei allen Baustellen. Zum von Ihnen erwähnten Foto: Nach unserer Kenntnis ist das Bild gegen den Willen der dort Abgebildeten aufgenommen und verbreitet worden. Wir bitten um Verständnis, dass wir dies nicht weiter kommentieren wollen.“

Wurden auf den Baustellen tatsächlich Mitarbeiter aus dem Ausland wie Litauen oder Lettland beschäftigt, die nicht für die Arbeiten ausgebildet waren und sich in Gefahr begeben haben?

Wolfgang Wölfle: „Ergänzend zur vorhergehenden Antwort können wir Ihnen versichern, dass Mitarbeiter, die diese Standards nicht vollumfänglich einhalten, von ihren Vorgesetzten darauf hingewiesen und angehalten werden, diese zu berücksichtigen. Generell arbeiten wir bei unseren Infrastrukturprojekten – unabhängig von der Größe des jeweiligen Projekts – mit ausgewählten, erfahrenen Fachfirmen zusammen. Dabei ist unter anderem die Einhaltung aller (rechtlichen) Standards Gegenstand der vertraglich fundierten Zusammenarbeit. Während der Projektphase sind wir zudem im stetigen engen Dialog mit der örtlichen Kommune und den zuständigen Behörden gemeinsam mit dem bauausführenden Unternehmen, um so eine koordinierte und möglichst reibungslose Projektrealisierung zu bewerkstelligen.“

Haben die Subunternehmer in Neckarbischofsheim Dreckhügel aufgeschüttet und nicht mehr weggeräumt?

Wolfgang Wölfle: „Der Erdhügel wurde bereits vor geraumer Zeit entfernt und fachgerecht entsorgt. Die Kommune wurde hierüber von uns informiert. Die Kommune hat uns bestätigt, dass wir die Arbeiten zu ihrer vollsten Zufriedenheit erledigt hätten.“

Sollten bei den Bauarbeiten Schäden entstehen: Wer haftet für diese?

„Wie bereits erwähnt: Alle Bauarbeiten werden von den von uns beauftragten Generalunternehmen zu Ende geführt. Die Kommunen bleiben bei Schäden nicht auf Kosten sitzen. Unter anderem gibt es in den Verträgen mit unseren Bau-Dienstleistern einen Gewährleistungsrückbehalt.“

Mit welchen Unternehmen werden die Breitbandarbeiten letztlich erledigt? Wird hier darauf geachtet, dass deren Mitarbeiter dafür spezialisiert sind und dass sie unter fairen Bedingungen arbeiten?

„Grundlage der Auftragsvergabe ist ein umfassendes Leistungsverzeichnis. Auf dieser Basis werden Vertragspartner für die Bauausführung ausgewählt. Die BBV setzt dabei auf Generalunternehmer, die Tiefbau, Hausanschlüsse, Montage, Einblasen und Spleißen aus einer Hand anbieten. Ideale Partner kommen aus der Region, da Anfahrtswege gering sind und häufig die lokalen Gegebenheiten bereits bekannt sind. Sollte das nicht möglich sein, neh­men wir auch deutschlandweit tätige oder internationale Generalunternehmen mit ins Boot. Alle Vertragspartner der BBV werden mit denselben Vertragswerken gebunden und sind verpflichtet, sich an gesetzliche Verordnungen und Normen, selbstverständlich auch in den Bereichen Arbeitsschutz und Sicherheitsanforderungen sowie einheitliche Vorgaben der BBV zu halten.“

Wer hat vor Ort, also in Giengen und Heidenheim, letztlich die Aufsicht über die Bauarbeiten, sobald diese starten?

„Die Aufsicht über die Bauarbeiten führt der Bauleiter vor Ort. Von Seiten der BBV kontrollieren unsere Baukoordinatoren und die jeweiligen Roll-Out-Manager die Arbeiten. In wöchentlichen Jour fixe-Terminen mit den jeweiligen Verwaltungen werden die Bauarbeiten immer aktuell abgestimmt.“