Konzert

Eine strahlende Erscheinung: Wie Lily Dahab und Band das Heidenheimer Publikum in ihren Bann zogen

Lily Dahab und ihre Band begeistern das Publikum von Jazz Heidenheim auf ihrem Streifzug durch die Musikstile Südamerikas. Die Gäste aus nah und fern sangen gerne mit.

Das Publikum glücklich und begeistert, die Heidenheimer – und die vielen auswärtigen Gäste – sangen sogar mit. Womit verzaubert die Musik Lateinamerikas so sehr? Oft genug geht es ja in den Texten um Verlust, Trennung und Schmerz. Doch aus den Melodien dringt Sonnenlicht. Eine solch strahlende Erscheinung waren am Freitagabend Lily Dahab und ihre Band.

Nicht zum ersten Mal stand die Sängerin, die ihre Heimat in Buenos Aires und Berlin hat, auf der Bühne von Jazz Heidenheim. Vor etlichen Jahren hatte Peter Klotzbücher, der Programmmacher von Jazz Heidenheim, der Gruppe geholfen, ihre erste Studioaufnahme zu machen. Der gute Draht ist geblieben und so machte das Quintett hier nun zum dritten Mal Station – von Mannheim kommend und nach Stuttgart ziehend. Der Lokalpatriot mag daraus ablesen: Beim Jazz ist Heidenheim keine Provinz.

Mercedes Sosa als Vorbild

Für Lily Dahab ist Musik ihr Leben und eine Botschaft: Nichts Trennendes dürfe zwischen den Menschen stehen. Entsprechend hat die Argentinierin, deren Leitstern die 2009 verstorbene argentinische Sängerin Mercedes Sosa ist, ihre Gruppe aus verschiedenen Ländern Südamerikas zusammengezogen. Bene Aperdannier, der Mann am Flügel und am Rhodes Piano, stammt aus Hamm in Deutschland und ist zugleich ihr Ehemann.

Aperdannier könnte auf einen Professorentitel für Klavier und Ensemble an der SRH Berlin School of Popular Arts verweisen, auf eine Zusammenarbeit mit so verschiedenen Künstlern wie Beth Dito, Ed Sheeran, Udo Lindenberg und Maren Kroymann und darauf, dass er auch schon Filmmusik geschrieben hat. Doch das ist sein Ding nicht. Aperdannier drängt sich nicht in den Vordergrund. Ein mitreißendes Solo reichte, um zu zeigen, über welch feines Klangempfinden er an den Tasten verfügt.

Herausragende Besetzung

Der Mexikaner Carlos Caron war mit einer akustischen Gitarre gekommen, einer, mit der man Flamenco spielen kann. Das tat er auch, aber nicht nur das. Im klassischen Stil, mit den Fingernägeln die Saiten zupfend, umschmeichelte er subtil die Melodien und wechselte blitzschnell Rhythmen und Akkorde. Dass Latin Music so groovt wie sie soll, dafür legte der Perkussionist das Fundament.

Bei Lily Dahab ist das Greco Acuña Robles. Am Anfang noch zurückhaltend, steigerte sich der Chilene zusehends. Anders als in den Drumsets, in denen die Basstrommel das geheime Regiment führt, swingt die lateinamerikanische Musik auf einem Geflecht von vielen Schlägen, Klängen und Tönen. Dieses knüpfte Greco vorzüglich.

Dass Takte und Rhythmen rasch wecheln, hat auch den Bassisten zu kümmern. Bei Juan Camilo Villa Robles war das Instrument in allerbesten Händen. Nicht ohne Grund hat dieser Musiker etliche Preise für sein Spiel erhalten. Er war mit seinem E-Bass die dynamische Mitte des musikalischen Geschehens und glänzte wiederholt mit stupenden Soli.

Keine falsche Folklore

Über allem aber die Stimme von Lily Dahab. Manchmal mädchenhaft schlank, dann weich umfangend, lange tragend und sicher in den Höhen. Auch wenn in den Liedern tiefe Gefühle zum Ausdruck kommen, verfügt Dahab über ein feines Gespür, das sie vor jedem Übertreiben schützt, vor falscher Folkore. Sie erfüllt voll die Erwartungen des Publikums an Emotionalität, hütet sich aber vor Klischees.

Mit ihrem Streifzug durch die Melodien und Rhythmen Südamerikas zeigte die Band, dass sie ihren eigenen Weg gefunden hat. Dass Bene Aperdannier auch ein gut unterhaltender Anekdotenerzähler ist, sei nur nebenbei erwähnt. Und ebenso, dass es Lily Dahab gelingt, ihr Publikum zum Mitmachen zu animieren, ohne aufdringlich zu werden. Drei CDs hat die Band schon veröffentlicht. In Heidenheim durfte die 150-köpfige Zuhörerschaft nun auch in die vierte, im Werden befindliche, hineinhören. Gerne würde dieses Publikum Lily Dahab & Band auch ein viertes Mal bei Jazz Heidenheim willkommen heißen und mit einstimmen: „Cracias a la Vida“.

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