Es verlangt auch mir und anderen, die sich als Grüne noch der Friedensbewegung verbunden fühlen oder sich in der Friedensgruppe Heidenheim für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen, eine gute Portion Mut ab, in diesen Zeiten einer Politik, die immer mehr Waffen für die Ukraine fordert, entgegenzutreten. Dennoch möchte ich mich nicht einer Rhetorik anschließen, die wahre und falsche Kriegstreiber identifizieren und Drohungen seitens der Atommacht Russland verharmlosen will. Waffen töten und können keinen Frieden schaffen.
Wir verurteilen den Angriff Putins auf die Ukraine. Dennoch muss jetzt ergebnisoffen verhandelt werden. Je länger der Krieg dauert, desto mehr Menschen sterben. Ich frage mich: wofür, für wen, für unsere westeuropäischen Interessen von Wohlstand und Freiheit, um Putin nicht mit Schwäche zu provozieren? Was ist Stärke, was ist Schwäche? Welche Verantwortung haben wir in Europa, wie können wir west- und osteuropäische Interessen verbinden?
Die österreichische Pazifistin Berta von Suttner (1843-1914) prägte den Satz: „Rache und immer wieder Rache, keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte oder Öl mit Öl wegwaschen zu wollen, nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden.“ Es zeichnet sich weiterhin ein lang andauernder Krieg mit vielen Toten und Verletzten ab, auch in der Zivilbevölkerung. Dabei gab es bereits wenige Monate nach Kriegsbeginn hoffnungsvolle und ernsthafte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul.
Laut dem Bundesamt für Migration befinden sich ca. 650.000 ukrainische wehrpflichtige Männer in Europa, in Deutschland ca. 200.000. Auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko fordert mittlerweile Waffenstillstand und Verhandlungen. Es gibt Menschen, Soldaten und Soldatinnen in der Ukraine, die nicht weiter für „unsere Freiheit“ geopfert werden wollen. Am Ende von Verhandlungen stehen Kompromisse, am Ende eines Krieges unendliches Leid, Tote und Verletzte. Gewinner sind Waffenhersteller und Investoren.
Krieg ist eine Klimakatastrophe: 530 Liter Diesel auf 100 Kilometer braucht ein Leopard-2-Panzer. Der CO₂-Ausstoß pro Flugstunde beträgt elf Tonnen für einen Eurofighter. Es ist schon genug verloren, lasst uns in Deutschland und Europa mutig für Waffenstillstand und Verhandlungen eintreten. Lasst uns eine Perspektive gemeinsam mit der Initiative „Sicherheit neu denken“ entwickeln – durch einen grundlegenden Wechsel von fossiler militärischer Sicherheitspolitik zu regional und weltweit nachhaltig wirksamen zivilen Sicherheitsstrategien.
Jutta Dorsch, Heidenheim