Heißer und lauter als gedacht

Explosives Wissen für Heidenheimer Brandschutzhelfer: So läuft eine Sicherheitsschulung ab

So hoch wie ein Mensch schlagen die Flammen aus der Metallschale. Und sie sind heißer als erwartet, auch wenn sie absichtlich und kontrolliert erzeugt werden zu Übungszwecken. Zehn überraschende Erkenntnisse aus einer Brandschutz- und Räumungshelferschulung aus Sicht von Laien.

Explosives Wissen für Heidenheimer Brandschutzhelfer: So läuft eine Sicherheitsschulung ab

Alle sieben Minuten kommt es in Gewerbe und Industrie zu einem Brand. Angesichts dieser statistischen Dichte ist es schon ein großes Glück, wenn jemand sein Arbeitsleben ohne Brand überdauert. Niemand wünscht sich diesen Ernstfall, doch gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Deshalb muss jeder Betrieb Brandschutzhelferinnen und -helfer benennen. Diese sollten nicht nur wissen, wie ein Feuerlöscher funktioniert und wie man im Notfall reagiert, sondern sie sollten auch ein gutes Auge dafür haben, wenn im Betrieb Gefahrenlagen ersichtlich sind. Das wären zum Beispiel zugestellt Rettungswege, verschlossene Notausgänge oder unzugängliche Feuerlöscher.

Eine Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Heidenheimer Zeitung nahm an einer Schulung der Heidenheimer Firma ITC Graf teil. Diese zehn überraschenden Erkenntnisse haben sie als Laien mitgenommen in Theorie und Praxis.

1. Wort-Lehre

Feuer und Brand sind nicht das Gleiche. Es ist zwar beides mit Flammen verbunden, aber Feuer ist die erwünschte Verbrennung, wie etwa das Lagerfeuer, der Brand ist unerwünscht. Doch beiden ist gemein, dass brennbare Stoffe sich mit Sauerstoff verbinden, sich entzünden, dabei Wärme und Licht abgeben und der brennbare Stoff am Ende nicht mehr brauchbar ist.

2. Brandschutztüre

Kennen Sie auch diese schweren Brandschutztüren, die eigentlich geschlossen sein sollten, aber ständig offenstehen. Das hat praktische Gründe, um nicht ständig diese meist schweren Türen öffnen zu müssen. Doch im Ernstfall kann das fatale Folgen haben. Die Brandschutztüren sind da, um Gebäude in abgegrenzte Bereiche zu unterteilen. Dadurch kann das Feuer sich nicht so schnell ausbreiten. Also weg mit den Keilen unter der Türe, dem Blumenkübel oder dem Regenschirmständer, der das Zuschlagen der Türe verhindert.

3. Flucht und Rettungswege

Diese sind gekennzeichnet durch ein grün-weißes Schild, abgebildet ist eine rennende Person sowie ein Pfeil, der die Fluchtrichtung weist. Notausgänge müssen immer frei sein. Selbst ein nur kurz abgestelltes Paket oder ein Vorhang, der die mausgraue Türe etwas aufhübschen soll, haben hier nichts zu suchen.

Der Pfeil zeigt den Fluchtweg hier im verwinkelten Heidenheimer Pressehaus. Dennis Straub

4. Fluchtplan

Die alten Hasen im Betrieb wissen natürlich, wo es im Ernstfall am schnellsten rausgeht. Doch wie ergeht es neuen Mitarbeitenden oder gar Besuchern? Für Neulinge ist das Pressehaus mit seinen vielen Wegen nahezu ein Labyrinth. Man kann im Kreis laufen, es gibt mehrere Treppenhäuser, Aufzüge und sogar eine Wendeltreppe. Deshalb macht es Sinn, neuen Kollegen den Fluchtplan ebenso vorzustellen wie die Funktionsweise der Kaffeemaschine.

5. Gefährliches CO2 und CO

Schätzungsweise 500 Menschen sterben pro Jahr bei Feuern, mehr als 70 Prozent von ihnen werden nachts im Schlaf getötet. Dabei sind bei 9 von 10 durch Feuer getöteten Menschen nicht das Feuer selbst die Todesursache, sondern die giftigen Rauchgase. Kohlendioxid CO2 entsteht beim offenen Brand und vollständigen Verbrennen. Bei hoher Konzentration reichen schon zwei bis drei Atemzüge bis zur Bewusstlosigkeit. Noch gefährlicher ist Kohlenmonoxid CO, das beim Verschwelen oder bei unvollkommener Verbrennung entsteht. Es setzt sich anstelle des Sauerstoffs an die roten Blutkörperchen und bewirkt, dass beim Atmen die Aufnahme von Luftsauerstoff blockiert ist. Schon ein Atemzug kann tödlich sein. Verbrennt Kunststoff, Wolle, Seide entsteht zudem Blausäure und Ammoniak, beides ebenfalls Atemgifte.

6. Brandrisiken

Was kann in einem Haus wie dem Pressehaus Heidenheim schon brandgefährlich sein? Brandgefahr in einer Schweißerei ist offensichtlich, aber in Büroräumen? Falsch gedacht. Gerade Elektrogeräte sind häufig Brandherde, sei es durch Überlastung oder defekte Akkus. Gerade der Drucker ist nicht ungefährlich. Zum einen kann er durch die Emission die Gesundheit beeinträchtigen, zum anderen ist der Tonerstaub ein leicht entzündlicher Stoff. Ebenso brennt natürlich Papier lichterloh, deshalb sollte der Vorrat wohl überlegt gelagert werden.

7. Personen mit Handicap

Wie kommen Menschen aus dem Haus, die aus gesundheitlichen Gründen keine Treppen nutzen können? Im Brandfall darf nämlich der Fahrstuhl nicht genutzt werden, da die Gefahr zu groß ist, darin festzustecken. Deshalb macht es Sinn, sich vorher zu überlegen und zu trainieren, wie diesen Menschen geholfen werden kann, zum Beispiel mit Hilfe einer bereitgelegten Trage oder Rettungsdecke. Auch an Gehörlose sollte man denken, die einen Alarmton eventuell nicht hören.

8. Feuerlöscher

Wer hat schon mal einen Feuerlöscher in der Hand gehalten? Und wenn ja, wer hat ihn tatsächlich auch schon mal benutzt. Sicherlich die wenigsten Menschen. Sinnvoll ist auch zu wissen, dass es verschiedene Arten von Feuerlöschern gibt. Je nach Art des Feuers ist ein anderes Löschmittel geeignet: Schaum, Pulver, Wasser, und CO2. Es macht also Sinn, dass je nach Umgebung und Gefahrenpotenzial der passende Feuerlöscher an der Wand hängt.

9. Der Praxis-Test

Löschen will gelernt sein: Hoch schlagen die Flammen aus dem gasbetriebenen Brandsimulator auf dem Hof der Schulungsfirma. Jeder der angehenden Brandschutzhelfer muss antreten. Auf was man achten sollte: Nicht gegen den Wind löschen, Feuerlöscher entriegeln. Den Feuerlöscher erst betätigen, wenn man die Flammen erreicht. Wer vorher loslegt, steht am Ende mit leerem Feuerlöscher vor dem Brand. Hat’s geklappt? Ja, in allen Testfällen dauert es wenige Sekunden, und das Feuer ist gelöscht. Hoffentlich klappt das im Ernstfall auch so reibungslos.

Noch ein gelungener Löschversuch auf dem Übungsgelände der Heidenheimer Firma ITC Graf. Dennis Straub

10. Spraydose und brennendes Öl

Bei großer Hitze können Spraydosen explodieren. Um zu sehen, dass diese Gefahr nicht zu unterschätzen ist, hält der Übungsleiter einen Flammenwerfer auf eine Spraydose. Die Lernenden sind gewarnt, dass es laut werden könnte. Einige halte sich die Ohren zu, doch trotz der Warnung erschrecken alle im Moment der Explosion, die lauter als gedacht ist. Zweites Experiment ist der Fettbrand und der gefährliche Effekt, wenn das brennende Fett mit Wasser gelöscht wird. Das Wasser verdampft schlagartig und reißt das brennende Fett in einer großen Stichflamme in die Höhe. Deshalb: Fettbrände müssen erstickt werden.

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