Bundesteilhabegesetz im Landkreis

Wie der Landkreis Heidenheim in Sachen Inklusion aufgestellt ist

Menschen mit Behinderungen muss ermöglicht werden, am öffentlichen Leben und Arbeitsleben teilzunehmen. Das soll mit dem Bundesteilhabegesetz verbessert werden. Wie gelingt das im Landkreis Heidenheim?

Wie der Landkreis Heidenheim in Sachen Inklusion aufgestellt ist

Die bessere Teilhabe von Behinderten in allen Lebensbereichen klingt nach einer guten Idee. Doch die Umsetzung ist ein bürokratisches Ungetüm, kostet viel Geld und Zeit. Zuständig für die Umsetzung des Gesetzes sind die Städte und Landkreise. Der Landkreis Heidenheim hat 27 Millionen Euro im Jahr 2022 für die Teilhabe behinderter Menschen ausgegeben. Das ist ein erheblicher Teil im fast 200 Millionen Euro umfassenden Kreisetat, wobei diese Kosten weitgehend vom Land übernommen werden. Wie der Landkreis bei der Teilhabe für behinderte Menschen aufgestellt ist, dazu gab es einen Lagebericht bei der jüngsten Sitzung des Bildungs- und Sozialausschusses des Kreistags.

Wie steht der Landkreis Heidenheim im Landesvergleich da?

Weil das Thema immer komplexer wird, hat der Landkreis Helen Schneider eingeladen, eine Expertin des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS), um die Heidenheimer Daten im Landesvergleich zu präsentieren. Diese Daten seien wichtig, um die Kostenentwicklung zu beobachten, aber sie sollen auch Erkenntnisse liefern, welche Angebote es vor Ort braucht. So heißt es in der Vorlage für das Gremium. Eine der Neuerungen sind zum Beispiel sogenannte Assistenzleistungen, die eine Teilhabe überhaupt ermöglichen. Will jemand zum Einkaufen oder ins Kino, kann er oder sie das künftig mit Hilfe einer Assistenzkraft tun.

Rund 1.000 behinderte Menschen im Landkreis Heidenheim sind leistungsberechtigt

Leistungsberechtigt im Landkreis Heidenheim waren zum Stichtag Ende Dezember 2021 exakt 993 Menschen. Eine Kennzahl ermöglicht eine Einordung im Landesvergleich: Auf 1000 Menschen im Landkreis kommen rund 7,5 Leistungsberechtigte. 206 Euro wurden umgerechnet pro Einwohner ausgegeben. Laut Helen Schneider liegt das im Landesdurchschnitt. Zudem gab es innerhalb der vergangenen Jahre keine besonders hohe Steigerung, nur von 2020 auf 2021 habe es einen Ausreißer nach oben gegeben. Ob Bildung, Wohnen oder Arbeitsleben: In fast allen Bereichen bleibt der Landkreis laut der Auswertung des KVJS unauffällig. Dort, wo es Auffälligkeiten gibt, lag es laut Helen Schneider an veränderten Strukturen. Zum Beispiel gebe es eine überdurchschnittlich hohe Dichte von Leistungsberechtigten in Werkstätten für Behinderte Menschen. Knapp 400 waren es Ende 2022. Der Anstieg habe den Grund, dass zwei neue Werkstätten hinzugekommen seien.

Höherer Anteil begleiteter psychisch Kranker

In allen Bereichen der sozialen Teilhabe seien die Aufwendungen gestiegen, besonders ausgeprägt sei das bei der Tagesbetreuung, was an dem hohen Anteil der psychisch Erkrankten in diesem Bereich liege. Der Aufwand zur Teilhabe an Bildung sei ebenfalls stärker gestiegen als in Baden-Württemberg insgesamt, das heißt konkret, dass sich die Ausgaben für Schulbegleitungen sowie die integrativen Leistungen an Kitas deutlich erhöht hätten. Gleichzeitig ist die Zahl der leistungsberechtigten Schulkinder geringer als im Landesschnitt. Das liege daran, dass der Landkreis als einziger in Baden-Württemberg die Beschulung von Kindern mit Behinderung strukturell fördere. Auf Nachfrage aus dem Gremium verwies Landrat Peter Polta auf die Pistoriusschule.

Zwischen Anspruch und bürokratischen Hürden

So viele Verbesserungen das Bundesteilhabegesetz verspricht, so ist es vor Ort bei der Umsetzung derzeit ein Demokratiemonster. Wie Sozialdezernent Matthias Schauz dem Gremium berichtete, müsse aufgrund von gesetzlichen Vorgaben die Leistungs- und Vergütungsleistungen mit allen 50 Leistungserbringern neu abgeschlossen werden. Die ersten Verträge seien zwar schon unter Dach und Fach. Doch bis zum Jahresende, wie vom Land vorgeschrieben, werde man damit nicht fertig. Damit steht der Landkreis nicht allein da: Laut Schauz sind nur zehn Prozent der Vereinbarungen landesweit derzeit fertiggestellt.

„Wir sind nach wie vor überzeugt vom Sinn und Zweck des Bundesteilhabegesetzes“, sagte Schauz, „aber ich würde lieber über mehr Fortschritte berichten als über die Umstellungsarbeiten.“ Was den Landrat zu der ironisch gemeinten Bemerkung bewog: „Das ist wieder einmal ein Musterbeispiel dafür, warum der Bürokratieabbau so gut funktioniert.“