Fruchtlose Fahrt übers Land
Ende Mai und Anfang Juni hatten die Ortschaftsräte von Großkuchen sowie Oggenhausen den Wunsch der Heidenheimer Stadtverwaltung zurückgewiesen, das Wahlrecht im Vorlauf der Kommunalwahlen 2024 zu ändern. Die Verwaltung begründete ihren Wunsch nach Abschaffung der unechten Teilortswahl mit einer größeren Rechtssicherheit.
Hintergrund ist ein Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofes aufgrund einer Klage gegen das Wahlergebnis in Tauberbischofsheim. Der VGH hatte dieses Ergebnis für ungültig erklärt. Begründung: Die in der Hauptsatzung der Stadt festgelegte Sitzverteilung der Wohnbezirke im Gemeinderat entspreche nicht mehr dem tatsächlichen Verhältnis der Einwohnerzahlen zueinander. Tauberbischofsheim musste die Wahlen wiederholen. Nach Angaben der Stadtverwaltung könnte eine solche Wahlwiederholung in Heidenheim mit 120.000 Euro zu Buche schlagen.
Abschaffung oder Anpassung – der Gemeinderat entscheidet
In der Sitzung des Heidenheimer Gemeinderates am Donnerstag, 20. Juli, soll nun abschließend entschieden werden: unechte Teilortswahl komplett abschaffen oder die Sitze der Teilorte reduzieren.
In zwei eilends anberaumten Ortschaftsratssitzungen in Oggenhausen und Großkuchen am Dienstagabend versuchte Oberbürgermeister Michael Salomo die Gremiumsmitglieder davon zu überzeugen, ihre ablehnende Haltung zu überdenken. Wenn man sich landesweit anschaue, wie die Großen Kreisstädte jetzt reagierten und wie die Empfehlungen des baden-württembergischen Städtetages seien, dann sei das „alles sehr eindeutig“, erläuterte Salomo. Er wies darauf hin, dass man es im Gemeinderat bisher immer geschafft habe, die Belange der Ortsteile berücksichtigen zu können.
“Es ist für eine Stadtverwaltung elementar wichtig, rechtssichere Entscheidungen zu treffen.”
Oberbürgermeister Michael Salomo
Er könne nachvollziehen, dass das Thema schwierig sei, „man soll als Ortschaftsrat eine Entscheidung treffen, die man dem Wähler gegenüber zu mindestens emotional überhaupt nicht verkaufen kann“, äußerte Salomo Verständnis für das Dilemma der Ortschaftsräte. „Aber auf der anderen Seite ist es für eine Stadtverwaltung elementar wichtig, rechtssichere Entscheidungen zu treffen“, so der Oberbürgermeister nachdrücklich. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof habe mit seinem Urteil an alle Gemeinden im Land appelliert, ihr Wahlrecht anzupassen, sagte Salomo zu dem Argument einiger Ortschaftsräte, dass der Richterspruch ja eine Einzelfallentscheidung für Tauberbischofsheim gewesen sei.
Assistiert wurde der Oberbürgermeister von Christina Abele von der Geschäftsstelle des Gemeinderates. Sie überbrachte eine juristische Einschätzung des Regierungspräsidiums. Die Aufsichtsbehörde bestätige demzufolge die Auffassung der Heidenheimer Stadtverwaltung, dass eine Beibehaltung des aktuellen Wahlrechts das große Risiko in sich berge, dass das Ergebnis der Kommunalwahl 2024 einer Klage nicht standhalte. Man müsse „ganz ganz dringend anpassen“.
Abele erklärte zudem, dass eine Vergrößerung des Gemeinderates von jetzt 32 auf mögliche 40 Sitze bei Beibehaltung der vier garantierten Sitze für die Ortsteile Oggenhausen und Großkuchen dieses krasse Missverhältnis in der Repräsentanz des Wählerwillens nicht nivellieren werden könne. Um rechtssichere Wahlen abhalten zu können, müsste man entweder die unechte Teilortswahl komplett abschaffen oder anpassen. Was bedeuten würde, dass sowohl Oggenhausen als auch Großkuchen/Kleinkuchen/Rotensohl/Nietheim statt zwei zukünftig jeweils nur noch einen Sitz im Heidenheimer Gemeinderat garantiert bekäme.
Die Ortschaftsräte lassen sich nicht umstimmen
Allerdings blieb die abendliche Fahrt des Oberbürgermeisters übers Land fruchtlos: Beide Ortschaftsräte wiesen erneut mehrheitlich die Vorschläge der Stadtverwaltung zurück. Zu groß ist die Furcht davor, mit ihren lokalen Belangen im Gemeinderat der Kernstadt nicht mehr ausreichend wahrgenommen zu werden. „Zwei Stimmen aus Oggenhausen im Gemeinderat sind eh schon sehr leise, wenn es dann nur noch die Hälfte ist, wird es um ein Vielfaches leiser“, fasste Ortschaftsrat Ralf Goisser wohl die Bedenken der Mehrheit nicht nur in Oggenhausen zusammen.
Er wäre ein „schlechter Ortschaftsrat“, wenn er nicht versuchen würde, „das Maximum“ für Großkuchen herauszuholen, sagte Ortschaftsrat Tobias Hafner. Und sein Kollege Fabian Andraschko ergänzte: „Wir sind „Dorfpatrioten“. Nach wie vor sieht man sich in den Ortsteilen nicht vom „Tauberbischofsheimer Urteil“ s betroffen, da es sich bei diesem Fall um eine Unterrepräsentanz eines Ortsteils in einem Gemeinderat handele. Und nicht – wie im Falle Oggenhausens und Großkuchens – um eine Überrepräsentanz.