In einer langen Sitzung vor ungewöhnlich viel Publikum hat der Gemeinderat am Dienstag mehrere Beschlüsse zur Zukunft des Elmar-Doch-Hauses gefasst. Dabei folgte das Gremium mehrheitlich den Vorschlägen der Verwaltung, auch wenn zuvor noch einmal leidenschaftlich diskutiert wurde. Was genau beschlossen wurde und wie argumentiert wurde:
In nichtöffentlicher Sitzung hat der Gemeinderat beschlossen, mit der Café Extrablatt Vermietungs GmbH einen Pachtvertrag für das Elmar-Doch-Haus abzuschließen. Dem war ein europaweites Verfahren vorausgegangen.
Laut Oberbürgermeister Michael Salomo, der diesen Beschluss am Beginn der öffentlichen Sitzung bekanntgab, lagen mehrere Angebote vor. Davon hätten sich nicht alle Bieter für die zweite Stufe des Verfahrens qualifiziert. Die Voraussetzung der geforderten Mindestpacht würde vom jetzt ausgewählten Bieter erfüllt werden. Das Café Extrablatt bietet laut der Firmenhomepage „unkomplizierte Ganztages-Kneipen-Gastronomie mit Niveau.“ Es handelt sich um eine Systemgastronomie, das bedeutet, an jedem der über 100 Standorte gibt es dasselbe Angebot in ähnlichem Ambiente. Nach Aussage von Stadtrat Christoph Weichert soll die Gastronomie im Elmar-Doch-Haus 2029 eröffnet werden.
Der Gemeinderat hat dem Abbruch des Gebäudes Hauptstraße 32 (ehemals Café Sonnleitner) und der Herstellung eines Platzes neben dem Elmar-Doch-Haus zugestimmt.
Der Grundsatzbeschluss ist laut Sitzungsvorlage Voraussetzung für den Abschluss des Pachtvertrags mit dem Café Extrablatt, da dieser die Möglichkeit einer Außengastronomie beinhaltet. Trotzdem sagte OB Salomo, es sei „nicht ganz fair, die Platzherstellung dem Elmar-Doch-Haus zuzurechnen“. Dies habe nichts miteinander zu tun. Man brauche den Platz, um Veranstaltungssicherheit herzustellen, dies sei auf dem Eugen-Jaekle-Platz direkt an der Bundesstraße nicht gewährleistet. Die Argumentation für Verkehrssicherheit sei „an den Haaren herbeigezogen“, so Grünen-Stadtrat Prof. Dr. Ulrich Schrade. Da ohnehin Millionenbeträge in den Abriss des Meeboldhauses und die Grabenstraße investiert würden, sei der Eugen-Jaekle-Platz auch nicht mehr ohne Alternativen.
Was noch nicht klar ist: Ob die Stadt den ans Café Sonnleitner angebauten Gebäudeteil Wäsche Rager ebenfalls kaufen und abreißen kann. Deshalb gibt es nur eine sehr grobe Kostenschätzung für den Abriss, die zwischen 500.000 und einer Million Euro liegt. Laut OB Salomo wäre ein Komplettabriss beider Häuser zusammen „deutlich günstiger“ als der Teilabriss. Dies erklärte Stefan Bubeck, Geschäftsbereichsleiter Hochbau, damit, dass zwischen den beiden Häusern keine klare Abtrennung bestehe und man statische Maßnahmen ergreifen müsste, wenn der Gebäudeteil Wäsche Rager stehenbliebe. Allerdings würde auch der Erwerb des Gebäudes die Stadt Geld kosten. Für die Erstellung des Platzes sind 400.000 Euro veranschlagt.
Die bisher immer noch bestehende Planung für den Umbau des Elmar-Doch-Hauses zum Verwaltungsgebäude mit Trausaal und Mehrzwecksaal, die mit Beschluss des Gemeinderats vom 14. Oktober 2021 gestoppt wurde, hat der Gemeinderat jetzt aufgehoben.
Vor dieser Abstimmung wurde noch einmal sehr breit und ausführlich über die Nutzung des historischen Rathauses diskutiert, obwohl der Beschluss für den Pachtvertrag mit dem Café Extrablatt zuvor schon gefasst worden war. Für die ursprünglichen Planungen wurden von der Stadt bereits Verträge abgeschlossen (Objektplanung, Elektroplanung und Heizungs-/Sanitärplanung), diese werden jetzt gekündigt.
Der Gemeinderat hat die Verwaltung damit beauftragt, die Planungen für den Umbau des Elmar-Doch-Hauses zur gastronomischen Nutzung auszuschreiben und zu vergeben. Dies muss europaweit geschehen, da mit Planungskosten von rund 550.000 Euro gerechnet wird. Das Verfahren soll bis Mitte 2025 abgeschlossen sein. Erst wenn die neue Entwurfsplanung steht, gibt es eine Kostenberechnung. Diese wird dem Gemeinderat dann zum Baubeschluss vorgelegt.
Die Planungen hat der Gemeinderat mit 19 Ja- und elf Nein-Stimmen beauftragt. Drei Mitglieder des Gemeinderats enthielten sich. Vehement gegen die Pläne der Verwaltung argumentierte Stadtrat Michael Rieck (CDU). Er stellte gleich zu Beginn den Antrag, die Beschlüsse zum Elmar-Doch-Haus zu vertagen. „Es sollte zunächst Transparenz hergestellt werden, da diese auf nichtöffentlichen Beschlüssen beruhen“, so Rieck. OB Salomo erklärte, dass der Grundsatz der Gemeinderatsarbeit immer öffentlich sei, in diesem Fall aber nichtöffentlich beraten werden musste, weil es um Verträge ging. Riecks Antrag wurde abgelehnt.
Wie viel Geld die Stadt der Umbau des Elmar-Doch-Hauses kosten wird, steht noch nicht fest. Bislang gibt es eine Grobkostenschätzung, die laut Sitzungsvorlage von 9,6 Millionen Euro ausgeht.
Der Streit ums Geld nahm in der Diskussion um die Zukunft des Elmar-Doch-Hauses viel Raum ein. Genaue Berechnungen liegen noch nicht vor, genauso wenig wie Klarheit darüber, welche Kosten überhaupt in das Projekt einbezogen werden. „Wir haben einen Projektplan gefordert, den es nicht gibt“, so Michael Rieck (CDU). Die CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Waltraud Bretzger hatte in nichtöffentlicher Sitzung beantragt, die Entscheidungen zum Elmar-Doch-Haus auf Februar zu vertagen, weil bis dahin das Regierungspräsidium Stellung zum Haushaltsplan der Stadt für 2025 bezogen hätte. Der Antrag wurde abgelehnt. Bei 120.000 Euro Abschreibungen pro Jahr ergebe sich „ein Nullsummenspiel“, wenn man diese mit der Pacht für die Gastronomie verrechne, so Bretzger. „Wir verbrennen hier das Geld der Bürgerinnen und Bürger“, meinte sie.
Dafür gab es auch Widerspruch im Gemeinderat: „Wollen Sie auch die Kosten für die Opernfestspiele so intensiv diskutieren?“, fragte die SPD-Fraktionsvorsitzende Tanja Weiße. Sie forderte dazu auf, „mutig nach vorne zu schauen.“ Das Konzept des zukünftigen Pächters passe genau zur Stadt, meinte sie. Auch Anamari Filipovic, Fraktionsvorsitzende der Grünen, befand: „Heidenheim braucht Mut“. Sie glaube an die neue Mitte Heidenheims und den einzigen verkehrsfreien Platz in der Stadt. „Ein externer Gastronomiebetreiber sieht mehr Potenzial in der Stadt als so mancher Bürger“, stellte Ralf Willuth, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, fest. Er freut sich auf ein „attraktives Angebot für alle Altersgruppen“ und hält „2,5 Millionen Euro an Mehrkosten für Gastronomie“ für vertretbar, weil sie durch die Pachtkosten weitgehend amortisiert würden. (Kursive Ergänzung durch die Redaktion am 30. Januar 2025).
Ablehnung von AfD und DKP
Zwei Stadträte waren bei der Sitzung krankheitshalber entschuldigt, haben der HZ aber Stellungnahmen zum Thema übermittelt: DKP-Stadtrat Reinhard Püschel teilte mit, er hätte sich gegen eine Gastronomie im Elmar-Doch-Haus ausgesprochen. Er sei weiterhin dafür, wie einst beschlossen, Teile der Stadtverwaltung dort unterzubringen. Ihm wäre es lieber, die bestehenden Gastronomien in der Fußgängerzone finanziell zu unterstützen, so Püschel.
Auch AfD-Stadtrat Wolfgang Erhard Reich nahm nicht an der Abstimmung teil. Er sei absolut dafür, dass die Stadt die Grundstücke nördlich des Elmar-Doch-Hauses erwerbe und die Gebäude abreiße. Die Gastronomie lehne er aber ab. „Die veranschlagten Kosten von zehn bis 15 Millionen Euro sind völlig unangemessen und bringen keinen Mehrwert für die Stadt“, so Reich.