Unter uns

Von der Lokalpolitik bis nach Berlin: Lieber der große Knall als Konsens

Ungewöhnlich viele Menschen haben sich diese Woche für Politik interessiert. Dies liegt vor allem daran, dass die Themen, um die es ging, spalten. Sowohl die Vorgänge in Dischingen, Heidenheim als auch in Berlin werden noch lange nachwirken, weil viel kaputtgegangen ist, meint Catrin Weykopf von der HZ-Redaktionsleitung.

Diese politische Woche war anders. Sie war aufwühlend und verstörend. Vor allem: Sie wird noch lange nachwirken. Offensichtlich ist das für alles, was in Berlin passiert ist. Aber auch bei uns.

In Dischingen und in Heidenheim waren die Säle bei den Sitzungen der Gemeinderäte gerappelt voll mit Zuschauern. Das ist für sich genommen eine gute Sache. Sie alle wollten miterleben, wie wichtige Entscheidungen gefällt (Bürgerbegehren ja oder nein in Dischingen) oder verkündet wurden (Extrablatt im Elmar-Doch-Haus).

In beiden Fällen war das Interesse aber auch deswegen so groß, weil die Lager so gespalten sind. In der Dischinger Sitzung beschrieb Bürgermeister Dirk Schabel die Situation am Ort bereits als so vergiftet, dass es Stress in Vereinen gebe und Gemeinderäte nicht mehr gegrüßt würden. In Heidenheim sind es die Anhänger für und wider die Gastro-Pläne von OB Salomo, die sich gegenüber stehen. Die halbe Stadtgesellschaft inklusive. Auch hier werden Wunden bleiben.

Natürlich: Unterschiedliche Positionen machen unsere Demokratie aus. Speziell unsere bundesrepublikanische Demokratie ist aber ein System, dessen Kern und Ziel der Kompromiss ist, nicht der Knall. Beim Kompromiss gewinnen und verzichten beide Seiten. Beim Knall gibt es nur Gewinner und Verlierer.

Beim Knall gibt es nur Gewinner und Verlierer

Leider gilt der Kompromiss aber offenbar inzwischen als zu schwach. Wie sonst ist zu erklären, dass so laut danach gerufen wird, dass sich „jetzt mal wirklich“ etwas verändern oder jemand „auf den Tisch hauen“ muss. Dieser diffuse Wunsch nach Disruption – er speist sich auch daraus, dass Konsens halt weniger knallt. Und scheinbar wollen viele gerade lieber einen Knall.

In Berlin hat es diese Woche geknallt. Dort hat Friedrich Merz mit der Faust auf den metaphorischen Tisch gehauen. Wie zu erwarten war, ist ihm dabei der Tisch um die Ohren geflogen. Der Schaden ist immens und er wirkt bis in unseren Landkreis hinein bei CDU-Anhängern und -Wählern.

Und als wäre das für eine Woche noch nicht genug, bahnt sich der nächste Knall für kommende Woche schon an: Die in Teilen gesichert rechtsextreme AfD will Alice Weidel zum Wahlkampf nach Heidenheim schicken. Das wird nicht still und leise über die Bühne gehen. Zu wünschen wäre, dass sich spätestens dann die zu Wort melden, denen hier zu viel rumgeknallt wird. Schönes Wochenende.

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