Weiße und rote Luftballons hängen am Eingang, ein Aufsteller trägt die Aufschrift „Herzlich willkommen.“ Obwohl die TTL Filiale in Aalen erst am Donnerstag offiziell wiedereröffnet wird, kommen bereits die ersten Kundinnen und Kunden durch die offene Ladentüre, wollen sich beraten lassen und kaufen ein, als ob nichts gewesen wäre.
Dabei liegen ungewisse Wochen hinter der Firma, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Dass dies trotz Insolvenz möglich ist, ist Kathrin Kübler zu verdanken, Tochter von Heinfred Kübler, der gemeinsam mit Partnern die Firma 1974 gegründet und das Filialnetz aufgebaut hat. Kathrin Kübler ist Geschäftsführerin der neuen TTL Heimtextilien GmbH, unter deren Namen vier der vormals 27 TTL-Standorte weitergeführt und am Donnerstag wiedereröffnet werden: Aalen, Schwäbisch Gmünd, Dillingen und Heilbronn.
Zwei langjährige Mitarbeiter sind Gesellschafter
Mit an der Rettung beteiligt sind Michael Hanke und Sven Viebrock, zwei langjährige TTL-Mitarbeiter, die Gesellschafter der neuen Firma sind und ebenso wie Kathrin Kübler in der Verwaltung sowie auch im Kundengeschäft arbeiten werden. Hanke ist seit 21 Jahren bei TTL, war Marktleiter, Gebietsleiter und seit 2016 Personalleiter. Viebrock arbeitet seit jeher im Geschäftsbereich Raumausstattung, war von 1993 bis 1999 bei TTL und kehrte Anfang 2019 wieder zurück als Filialleiter.
Zum Jahresende hatte sich angedeutet, dass es bei TTL nicht mehr rundläuft. Mitarbeitende berichteten von ausstehenden Lohnzahlungen, Kunden warteten auf Ware und Vermieter berichteten von fehlenden Mietzahlungen. Damals war die Firma nicht mehr im Familienbesitz. Miriam Plambeck, eine weitere Tochter des Firmengründers, war in der Nachfolge seit 2014 alleinige Gesellschafterin von TTL und verkaufte das Unternehmen im Sommer 2024. Im Februar stellte der neue Eigentümer Insolvenzantrag, das Amtsgericht eröffnete das Verfahren im April, das ungeachtet der abgeschlossenen Investorensuche weiterlief. „Die Aufarbeitung dauert an. Eine Prognose über den Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens ist derzeit noch nicht möglich“, hieß es zu diesem Zeitpunkt vonseiten der Pluto Rechtsanwalts GmbH und dem Insolvenzverwalter Steffen Beck.
Dass TTL neu firmiert ist, werden die Kunden an den vier Standorten so gut wie nicht bemerken. Mit Ausnahme des Insektenschutzes bleibe da Angebot gleich. Auch das TTL ist geblieben, doch statt „mein Raumausstatter“ oder „OP“ steht nun der Zusatz „Heimtextilien“ mit im Firmennamen.
Heidenheimer Firmengründer Heinfred Kübler half bei der Neugründung als Berater
Kathrin Kübler war auch während der schwierigen Wochen von der Zukunft von TTL überzeugt. „Schon bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, habe ich bei vielen Mitarbeitern nachgehakt, ob sie bei einer Fortführung dabei wären.“ Die meisten hätten ihr zugesagt. Am 8. März fand das erste Treffen mit Hanke und Viebrock statt, einen Monat später war die Auffanggesellschaft für die vier Standorte gegründet und der Weiterbetrieb gesichert. Ihr Vater Heinfred Kübler habe beratend zur Seite gestanden, auch wenn er selbst nicht mehr aktiv in das Geschäft einsteigen wird. „Aber wir waren alle drei nie selbstständig, mein Vater hat die Kontakte hergestellt zu Firmen, Lieferanten, zum Steuerberater und hat bei vertraglichen Fragen geholfen“, erzählt Kathrin Kübler.
Wie die drei neuen Firmenchefs berichten, ist der Rückhalt bei den Mitarbeitenden, aber auch bei den Lieferanten groß. Von den gut 30 Beschäftigten seien viele langjährige Mitarbeiter. „Zwei Drittel haben gewartet und uns vertraut, ein Drittel hatte bereits einen neuen Job und hat den gekündigt, um zu uns zurückzukehren“, berichtet Viebrock.
Warum der Heidenheimer Standort nicht mit übernommen wurde
Warum haben sich die Verantwortlichen für die vier Standorte entschieden? Die Filialen sollten im Umkreis sein, um den logistischen Aufwand gering zu halten, berichtet Kübler. Die Heilbronner Filiale sei zwar weiter weg, aber diese wiederum haben die Partner gut gekannt. Daher habe man gewusst, dass diese gut laufe. Anfangs habe man an insgesamt sechs Filialen gedacht, aber mehr nicht, sonst wäre die Verwaltung zu aufwändig gewesen, um sie zu dritt schultern zu können.
Auch der Heidenheimer Standort hätte von der Entfernung gut dazu gepasst. Zudem wurde die Filiale erst vor gut einem Jahr modernisiert. Doch genau das war laut Kathrin Kübler das Problem: „Wir hätten die Fassade und das neue, graue Design mit dem neuen Firmenschriftzug abbauen müssen.“ Das sei die Vorgabe des Insolvenzverwalters gewesen, der dies jedoch so nicht bestätigt, sondern auf Nachfrage schreibt: Ein Rückbau sei nicht dringend nötig gewesen.
Wie es am früheren Heidenheimer TTL-Standort weitergeht
Firmensitz der TTL Heimtextilien GmbH bleibt Heidenheim auch ohne Filialstandort. Die Wohnadresse von Geschäftsführerin Kathrin Kübler auf den Reutenen ist gleichzeitig auch die Firmenadresse.
Kathrin Kübler ist auch Eigentümerin des Ladengeschäftes und der früheren Firmenzentrale von TTL in den Tieräckern. Für die Firmenhalle habe sich bereits ein interessierter Nachmieter gemeldet. Allerdings fehle für einen Vertragsabschluss und eine Ansiedlung noch die Zustimmung der Stadt Heidenheim. Die Firmenzentrale daneben ist 2022 neu gebaut worden. Der Neubau sollte für ein neues Kapitel in der Firmengeschichte stehen. Miriam Plambeck hatte die 27 Filialen in Süddeutschland aus dem TTL-Verbund herausgelöst, um sie neu aufzustellen. Nach begonnenem Umbau der ersten Filialen verkaufte sie die Firma im Sommer 2023 überraschend. Sie und ihr Mann wollten sich eigenen Angaben zufolge auf ihre karitative Arbeit konzentrieren. In Aalen haben sie dieser Tage ein Café eröffnet, in dem soziale schwache Menschen Unterstützung erfahren sollen.