Hackbrett trifft auf Didgeridoo
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Auch wenn zwei der Musiker im Donau- und Remstal wohnen, die Quelle der Inspiration des Quartetts H/E/L/H liegt unverhohlen im Bachtal. Dort, in der bayerischen Provinz, einen Hügel neben dem Brenztal, machen Armin Egenter, Jörg Lanzinger, Ralf Huber und Georg Hesse miteinander Weltmusik: mit Trompete, Gitarre, Schlagzeug, Zither, Hackbrett und auch einem Didgeridoo. Und mit ganz viel musikalischem Feingefühl.
Der Name H/E/L/H leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der Musiker ab. Nach zwei coronabedingten Absagen konnten vergangenen Freitag nun Huber, Egenter, Lanzinger und Hesse in der Alten DHBW beim,Publikum von Jazz Heidenheim ihre Zusage eines ungewöhnlichen Abends einlösen: eine musikalische Exkursion in die Melodik, Harmonik und Rhythmik des Balkans, Arabiens, Afrikas und Australiens. Nach zwei Stunden voll musikalischen Wagemuts waren die 100 Zuhörerinnen und Zuhörer jedenfalls geradezu beglückt.
Mit vielen Stilen vertraut
Alle Musiker von H/E/L/H sind erfahrende Profis und musikalisch mit vielen Stilen innig vertraut. Das könnte den Verdacht auf Routine aufkeimen lassen. Doch dieses Quartett gibt keinen Grund dazu. Es hat anderes Im Sinn: nichts weniger als die Welt des Klangs weiter auszudehnen. Bei den Proben in Landshausen wird experimentiert, wie das gelingen kann. Und wenn es auf der Bühne klappt, dann lächeln auch die Musiker einander zu. In Heidenheim wirkten diese nach der letzten Zugabe ebenso rundum beglückt.
Auch wenn Lanzinger und Egenter von der Komplexität von Tonarten in der orientalischen Musik sprachen, um das Abkupfern geht es H/E/L/H nicht. Musik wird nicht als Hehlerware weiter gereicht. Sie wird neu gemacht. Für Schlagzeuger Egenter bedeutet dies zuerst Muskelarbeit. Er muss eine Fülle von Trommeln, Becken und perkussiven Instrumenten auf die Bühne zu schleppen hat, hinter denen er am Ende fast nicht mehr sichtbar ist. Dann aber wirkt alles so einfach. Ein funky Riff am E-Bass geschlagen, das Intro eines Gute-Laune-Songs, ein orientalischer Klanghauch oder das tiefe Brummen des von Ralf Huber angestimmten Didgeridoos genügen H/E//L/H als Anstoß, um im Zusammenspiel Klangtexturen zu erzeugen, wie man sie so vielleicht noch nicht gehört hat.
Raffiniert miteinander agieren
Das hat damit zu tun, dass mit Didgeridoo und Hackbrett die Gruppe Instrumente zusammenbringt, die nur seltenst miteinander kommunizieren. Das hat aber mehr damit zu tun, wie raffiniert die Musiker miteinander agieren. Lanzinger, an Zither und am Hackbrett eine Größe für sich, hatte an diesem Abend zumeist den am E-Bass umhängen. Diesen spielte er knochentrocken und fest. Aber Lanzinger konnte auch locker mit den vier Saiten die Melodie übernehmen. Ralf Hubert, vorne auf der Bühne sitzend, wirkte mit seiner Trompete wie der Pilot der Formation. Er, der im Bundeswehrmusikkorps Ulm als Erster Trompeter musiziert hat, blieb auch im stürmischem Mix von Melodien und Rhythmen die Ruhe selbst. Jeder Ton saß, jede Höhe wurde erreicht, es gab kein Verziehen und kein Vertun, nur Klarheit. Georg Hesse, mit seinem langen Haaren und introvertierten Ausstrahlung vielleicht etwas aus der Zeit gefallen wirkend, war immer präsent und tonangebend. Sehr, sehr flink konnte die linke Hand über die Bünde turnen und mit etwas Hall vom Pedal Klangräume schaffen, die beizeiten an Pink Floyd denken ließen. Aber Hesse wusste auch mit getupften Tönen Einkehr in der Seele zu halten, etwa wenn er mit Huber im Duett „Love Gets Old“ anstimmte. Einer fühlte da besonders mit, Armin Egenter, der unermüdlich mit vielen Fäden am Klangteppich webende Schlagzeuger. Sogar ein Waterphone hatte er mitgebracht, eine patentierte Mischung aus Wassertrommel und Nagelgeige, das gestrichen wie Hitchcocks „Die Vögel“ klingen soll. Denn der Tag das Konzerts war für Egenter der 25. Hochzeitstag. Die Ehefrau saß im Publikum. Auch dies ein Anlass, glücklich zu sein.