Wiederholter Einbruch in Heidenheim: Haftstrafe für einen Schluck Schnaps?
Eine Polizeistreife brachte einen 32-jährigen Angeklagten samt seiner kleinen Tochter aus dem bayerischen Höchstädt zur Schöffengerichtsverhandlung nach Heidenheim. Amtsgerichtsdirektor Rainer Feil, zwei Schöffen, Staatsanwältin, Pflichtverteidiger und Zeugen mussten sich gedulden, ehe die Verhandlung mit zwei Stunden Verspätung starten konnte. Besonders ernst schien der Mann seine Anklage wegen schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls nicht zu nehmen. Der Gerichtstermin sei ihm bekannt gewesen, aber er habe ihn verschlafen, gab er als Erklärung an. Auch einen Kontakt mit seinem Pflichtverteidiger Ulrich Carle hatte es im Vorfeld nicht gegeben.
Staatsanwältin Franziska Thanel legte dem 32-Jährigen zur Last, dass er sich im November 2021 Zutritt zum Zimmer eines Mitbewohners einer Wohnung in Heidenheim verschafft habe und dort einen Betrag von rund 3.000 Euro gestohlen habe. Außerdem habe er im Februar des folgenden Jahres ein weiteres Mal das fremde Zimmer betreten und durchsucht, diesmal mit einem nachgemachten Schlüssel.
Angeklagter: Nur an Tabak und Getränken bedient
Der Angeklagte gab unumwunden zu, dass er zweimal im Zimmer des Mitbewohners gewesen sei und sich an Tabak und Getränken bedient habe. Das Geld habe er aber nicht genommen: „Das würde ich nie machen“. Allerdings behauptete der Angeklagte auch, dass die Tür des Zimmers nicht abgeschlossen gewesen sei, als er es im Februar betreten hatte.
Pech für den Angeklagten, dass der Geschädigte den ungebetenen Besuch mit einer Kamera filmte. Auf den Aufnahmen war eindeutig ein Schlüssel zu erkennen, der von außen an der Tür steckt. Sie zeigten außerdem den Angeklagten dabei, wie er das Zimmer ausgiebig durchsucht. Was er unter dem Sofa, im Schrank und unter dem Teppich zu finden hoffte, blieb ungeklärt. An diesem Tag war die Beute nur ein Schluck Schnaps aus einer fast leeren Flasche. Der Angeklagte und der Geschädigte hatten sich zufällig als Mieter der gemeinsamen Wohnung kennengelernt, zu der noch ein drittes Zimmer, eine gemeinsame Küche und ein Bad gehörten. Man habe sich gut verstanden und auch zusammen gekocht und gechillt, berichtete der Geschädigte, der als Zeuge vernommen wurde. Doch nach einer Weile habe er das Gefühl gehabt, dass immer mal wieder kleinere Geldbeträge und Dinge aus seinem Zimmer verschwunden seien und Sachen nicht mehr an ihrem Platz standen, erklärte der 29-Jährige.
Geld war für die Familie in Syrien bestimmt
Und im November hätten dann auch die rund 3.000 Euro gefehlt, die er in seinem Zimmer versteckt gehabt habe. Das Geld habe er sich geliehen, um damit seine Familie in Syrien zu unterstützen. Er sei traurig, aber auch wütend gewesen. Aber er habe seinen Freund auch nicht zu Unrecht beschuldigen wollen, da immer auch wieder Besucher in der Wohnung gewesen seien. Video-Aufnahmen sollten deshalb den Beweis liefern. Doch erst im Februar gelang eine Aufnahme, bei der der Mitbewohner eindeutig zu erkennen ist.
Nachweisbar war am Ende deshalb auch nur, dass der Mann sich an diesem Tag unberechtigt Zugang zum fremden Zimmer verschafft hatte. Der Geschädigte konnte auch nicht mit Bestimmtheit sagen, wann genau das Geld verschwunden war. Damit sah Staatsanwältin Thanel keinen eindeutigen Beweis dafür, dass der Angeklagte das Geld gestohlen habe. Auch andere Personen hätten Gelegenheit dazu gehabt. Allerdings habe sich der Angeklagte dennoch des schweren Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig gemacht, auch wenn die Tatbeute nur gering gewesen sei. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf drei Jahre zur Bewährung sowie die Auflage von 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Verteidiger Ulrich Carle schloss sich dieser Sichtweise an. Bei diesem Tatbestand komme nur eine Freiheitsstrafe in Frage. Angesichts der Tatbeute, die nur aus „einem Schluck Alkohol“ bestanden habe, halte er die Mindeststrafe von einem Jahr für ausreichend.
Das Schöffengericht folgte mit seinem Urteil der Forderung der Staatsanwältin. Zusätzlich werde dem Angeklagten eine Bewährungshilfe zur Seite gestellt. Die gemeinnützigen Stunden müsse er innerhalb von acht Monaten ableisten. Die Zeit dafür habe der Angeklagte. Der junge Mann hatte angegeben, nach einigen Gelegenheitsjobs seit nunmehr zwei Jahren arbeitslos zu sein. Das Gericht sei überzeugt, dass der Angeklagte einen Nachschlüssel angefertigt habe. Auch als Dieb des Geldes komme er in Frage, dies sei aber nicht eindeutig zu beweisen. Auf dem Video sei zu erkennen, dass der Angeklagte „sehr energisch und zielgerichtet auf der Suche nach mehr“ sei.
Freiheitsstrafe für Wohnungseinbruch
Ein Wohnungseinbruch ist ein schwerwiegender Eingriff in den privaten Lebensbereich, der für die Opfer oftmals psychisch sehr belastend ist. Laut einer Gesetzesregelung aus dem Jahr 2017 ist der Einbruch in eine Privatwohnung mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu ahnden.